Anne von Canal: Whiteout Mare Verlag

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Schade … Anne von Canals Debütroman „Der Grund“ war richtig gut. Im Prinzip ist zwar gegen den nun vorliegenden neuen Roman „Whiteout“ nichts zu sagen. Er ist solide gemacht, recht gut konstruiert, aber er haut mich eben nicht um, weder inhaltlich noch sprachlich. Er fesselt mich bei weitem nicht so, wie „Der Grund“ es in seiner Vielschichtigkeit tat.

Von Canals „Whiteout“ ist eine Freundschaftsgeschichte, die in Rückblenden erzählt wird, ausgehend und erzählt von der Hauptperson Hanna, einer Glaziologin. Sehr schade finde ich, dass das Thema Gletscherforschung imgrunde nur als Ausganspunkt für die Geschichte gewählt wurde, die sich dann größtenteils aus den Erinnerungen Hannas speist. Viel erfährt man leider über diese Wissenschaft und über die Forschung im Eis nicht. In der Tat hatte ich gerade diese Ausgangssituation für äußerst spannend gehalten. Natürlich bieten sich die Bohrungen im Eis als Metapher für „Bohrungen“ in der Vergangenheit an …

Der Inhalt ist kurz erzählt: Hanna und ihr Bruder Jan lernen als Kinder die Pfarrerstochter Friederike, genannt Fido kennen und die drei werden unzertrennlich. Sie planen nach der Schulzeit ein gemeinsames Studium in Hamburg. Doch bevor es dazu kommt verschwindet Fido ohne Erklärung auf Nimmerwiedersehen.
Ausgerechnet während der wichtigen Forschungsarbeit in der Antarktis erhält Hanna eine Nachricht ihres Bruder Jan, mit dem sie kaum mehr Kontakt hat. In seiner Mail schreibt er, Fido sei tot. Diese Nachricht verwirrt Hanna so, dass sie zunehmend unkonzentrierter in ihrer Arbeit wird, da sie ständig in Erinnerungen an die Zeit mit Fido gestürzt wird.

Ein „Whiteout“ ist ein meteorologisches Phänomen, dass auf eine besondere Sonnenreflexion in Polargebieten zurückzuführen ist. Sie kann bei Beobachtern psychisch zu Beklemmungen und physisch zu Desorientierungen führen. Insofern ist der Titel stimmig gewählt, denn Hannas Zustand verstärkt sich durch das Whiteout noch. Ein aufkommender Schneesturm tut sein Seiniges …

Anne von Kanals Roman erschien im Mare Verlag, ebenso wie ihr voriger Roman „Der Grund“, den ich deutlich besser fand. Eine Leseprobe gibt es hier . Eine weitere Blog-Besprechung gibt es bei Zeichen & Zeiten

8 Gedanken zu “Anne von Canal: Whiteout Mare Verlag

  1. Der Plot klingt eigentlich recht spannend: Eine nicht eingelöste Zukunft (Studium).
    Was wäre gewesen, wenn? Wer war Fido eigentlich? And so on.
    Die Gletscher entgleiten uns langsam und zäh, so wie die Erinnerungen an das, was war.

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  2. Ich habe den Roman jetzt auch gelesen und bin auch etwas enttäuscht, daher war ich gespannt auf weitere Meinungen. Meine Besprechung kommt bald, aber ich glaube, wir sind uns hier recht einig. Die sprachlichen Bilder haben mich oft nicht überzeugt und ich bin ja ein großer Freund von mitdenken und seine eigenen Antworten finden, aber hier … ich weiß nicht, ich empfand die Geschichte als ziemlich ziellos? Ich muss die richtigen Worte wohl noch finden, aber auch ich habe Der Grund geliebt und mit Whiteout konnte ich deutlich weniger anfangen. Viele Grüße!

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  3. Ich habe „Der Grund“ nicht gelesen. „Whiteout“ hat mir aber ziemlich gut gefallen und ich finde es sehr spannend, andere Meinungen dazu zu lesen. Die Verwebung von Vergangenheit und Gegenwart, die Einsamkeit im Eis und die immer präsente Freundschaft der drei fand ich doch überzeugend. Aber, wie gesagt, ich habe auch keine Vergleiche zu ihrem anderen Roman. Vielleicht waren meine Erwartungen da auch einfach niedriger (ich fand nämlich das Cover nicht besonders ansprechend und war dann vom Inhalt positiv überrascht).

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    • Liebe Elisabeth, ich finde die unterschiedlichen Wahrnehmungen auch sehr interessant. Irgendwie bilde ich mir ein, „Der Grund“ wäre komplexer. Ich habe mir gerade von der Ausgangssituation im Eis mehr erwartet. Viele Grüße!

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