Friedrich Kröhnke: Wie Dauthendey starb Literaturverlag Droschl

Koehnke-Dauthendey

„Schon jetzt haben Sie profitiert. Hundert Jahre ist der Todestag Dauthendeys her demnächst, noch dazu 150. Geburtstag, dafür gibt’s Zeilengeld. Der eine oder die andere von Ihnen könnte aus seinen, aus ihren Notizen etwas zusammenstellen,
hier ein wenig gestrichen, da ein paar Formulierungen umgestellt, dort ein bisschen ausgeschmückt, für ein »Kulturradio«, für eine Zeitung: wie Dauthendey starb. Er war ja mal berühmt, für ein kleines Feuilleton reicht’s vielleicht auch heute noch.“

Ziemlich ungewöhnlich gestaltet der Autor Fiedrich Kröhnke seinen neuen Roman um den Dichter Max Dauthendey, der bis heute relativ unbekannt geblieben ist, im Gegensatz zu manch anderen Zeitgenossen. Glücklicherweise gibt es da einen Gastdozenten an einer kleinen Uni, der die Studenten in seinen eigenwilligen Poetikvorlesungen mit Dauthendey konfrontiert. Und mit sich selbst. Friedrich Kröck heißt der Dozent, unschwer zu erkennen als Alter Ego des Autors. Kröck hält seinen Vortrag und der Autor schreibt mit: Zum Glück recht unterhaltsam.

„War Dauthendey ein guter, etwa ein großer Dichter? Wenn ich in seinen Gedichtbänden blättere, stört mich auf fast jeder Seite so eine Inversion, dieses unbeholfene Verkehrtherumstellen von Subjekt und Prädikat, des Verses und des Reimes wegen … Seltsam selbstbewusst spricht er von seiner Tätigkeit des Dichtens, etwa so: Als ich heute Vormittag gerade dichtete … ich setzte mich hin zum Dichten … Das sagt heut keiner mehr.“

In der Tat kann ich persönlich Dauthendeys Lyrik nicht so viel abgewinnen, siehe oben, da spricht mir Kröck aus der Seele. Doch sein Farbenspiel in Texten ist durchaus bemerkenswert. Besser man versuche es mit seiner Prosa. Dauthendey war unglaublich viel auf Reisen, erfährt man weiter von Kröck, was seine Texte auch widerspiegeln, auch in den Kolonien, in entlegensten Gebieten, die seiner Gesundheit nicht unbedingt zuträglich waren. Doch:

„Seine Aufzeichnungen aus Neu-Guinea und Java sind voller Beobachtungen von Ungerechtigkeit und Ausbeutung. An den Klassen- und Rassenkämpfen seiner Zeit nahm er jedoch, wie wir es auch beurteilen mögen, nicht teil.

Dauthendey lebte con 1867 bis 1918, wurde also nur 51 Jahre alt. Er galt als Exotist und Weltreisender. Er starb in den Tropen, auf Java, an einem Ort, an dem er nicht sein wollte. Doch der Krieg in Europa hatte ihn aufgehalten, die Rückreise unmöglich gemacht, so dass er auch seiner schwedischen Frau ungewollt drei Jahre fernblieb, sie dann nie wieder sah. Als Glücksfall für die Literatur bezeichnet das Kröck.
Es hätte zufällige Begegnungen geben können mit Karl May, der endlich doch noch reiste, und mit Emil Nolde, der ebenfalls zu dieser Zeit in den Tropen unterwegs war. Kröck erzählt, dass Dauthendey in Würzburg geboren wurde, wenn er nicht gerade wieder darauf verfällt, aus seinem eigenen verbrauchten Leben zu berichten, wie etwa einem Aufenthalt in Kladow in der Klinik Havelhöhe aufgrund eines Alkoholentzugs oder dem Wunsch im Berliner Westen beigesetzt zu werden. Was dann unwillkürlich dazu führt, dass eine immer geringere Anzahl von Studenten den Kurs frequentiert – immerhin habe ich mich als Leserin nicht vorzeitig abschrecken lassen …

Witzige Idee, schräger kurzweiliger Roman von Friedrich Kröhnke über einen doch eher braven deutschen Dichter, mal wieder aus dem wunderbaren Literaturverlag Droschl (Danke, Frau Knoch!) Leseprobe hier.

Für alle die es genauer wissen wollen: Auf fixpoetry hat ein Dauthendey-Fan sich kürzlich ausführlich über Autor und Werk geäußert.

4 Gedanken zu “Friedrich Kröhnke: Wie Dauthendey starb Literaturverlag Droschl

  1. Inzwischen ist es soweit, dass die Dauthendey-Gesellschaft in Würzburg mangels Mitgliedern und Interesse vor der Auflösung steht – was ich wiederum schade fände. Nun gut, einer der herausragendsten Lyriker war er nicht, dennoch finde ich bei ihm immer wieder Zeilen und Sätze, die wirklich schön, treffend und anrührend sind. Als „brav“ würde ich ihn jedenfalls nicht bezeichnen. Der Roman ist mir entgangen, vielen Dank für den Tipp – so ein schönes schräges Buch merke ich mir gern mal vor.

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  2. Das ist ein Tipp für mich; und danke auch für den Link zu fixpoetry! Die dort gelisteten Gedichte sind zwar allesamt nicht so meins, aber ich stimme dem Artikel deutlich zu und habe seit einiger Zeit damit begonnen, bei mir Dauthendey-Gedichte zu versammeln.
    Ich bin aufgrunde deiner Besprechung und der Leseprobe nicht ganz sicher, ob da nicht ein Ich-Erzähler auf Dauthendeys Kosten Schaum schlägt, sich lächerlich macht und den Dichter noch dazu. Ich werde es wohl lesen müssen 😉
    Danke und liebe Grüße
    Christiane

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    • Ich glaube, der Autor mag Dauthendey wirklich und nimmt eher sich selbst auf den Arm. Er versucht auf eine etwas andere Art etwas über ihn zu sagen. Ich würde mich über eine Rückmeldung freuen, wenn du es gelesen hast.
      Viele Grüße!

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