Gertraud Klemm: Erbsenzählen Literaturverlag Droschl

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Gertraud Klemms neuen Roman habe ich mit Freude erwartet, bin ich doch bereits länger schon Klemm-Fan. Leider ist die Story diesmal nicht so ganz überzeugend, zu beliebig scheint mir diese Beziehungsgeschichte einer 30-Jährigen. Die letzten drei Bücher der Österreicherin habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Ein wenig geht es mir aber hier nun wie bei Doris Knechts neuesten Roman „Alles über Beziehungen“. Knechts vorherige Romane fand ich ebenso toll, nur beim letzten war ich enttäuscht. „Erbsenzählen“ habe ich aber aufgrund von Klemms gewohnt flapsiger, erfindungsreicher Sprache dann doch ganz gern zu Ende gelesen …  („Alles über Beziehungen“ nicht)

Irgendetwas scheint sich da bei beiden Autorinnen totgelaufen zu haben. Die Themen wiederholen sich, wenn auch in kleinen Variationen, aber immer umkreisen sie die üblichen Mann-Frau-Themen, ohne dass eine Weiterentwicklung zu erkennen wäre.

Bei Klemm ist es diesmal die  30-jährige Annika, die mit einem doppelt so alten Mann, Alfred, einem bekannten Radiomoderator mit pubertierendem Sohn, liiert ist. Eine Frau, die ihren Beruf, Physiotherapeutin, hingeschmissen hat, die kellnert, statt das begonnene Kunststudium zu beenden, die sich so scheinbar vor sich hin treiben lässt ohne Klarheit über das, was sie wirklich will, die aber irgendwie auch nichts mit Alfred anfangen kann. Sie schwankt permanent zwischen Freiheitswunsch und Verbindlickeit: “ Diese wunderbare Freiheit, die immer Hand in Hand daherkommt mit ihrer anhänglichen Schwester, der Einsamkeit.“
Die Eltern messen sie an den Geschwistern, wo sie nicht besonders gut abschneidet.

„Nur über die mittlere Tochter werden sie seufzen, die mittlere Tochter verweigert die biografischen Sollbruchstellen, die berufliche Klimax, sie will partout nicht zusammengefaltet werden zu einer handlichen Biederkeit.“

Sie leidet unter den Erwartungen anderer. Ihre Befindlichkeiten werden mitunter so dargelegt, dass ich mich mehrmals im Verlaufe der Geschichte fragen musste, warum diese Frau überhaupt mit Alfred zusammen ist. Das tut Annika dann später immerhin auch noch …

Ganz ähnlich liegt hier der Fall wie bei Knecht: Eigentlich tolle Frauen, die sich aber durch ihre Beziehungen auf das Leben einer Frau von berühmtem Regisseur oder Geliebten von erfolgreichem Radiomoderator reduzieren lassen. Dazu kommt noch das übliche „Mann in den „besten“ Jahren mit wesentlich jüngerer Frau“ – Schema. Ist das wirklich immer noch das Thema, dass relevant ist in unserer Zeit?

„Leonie ist sieben und hat schon mehr Allüren als Stofftiere und Barbiepuppen. Aber ich darf nichts sagen, denn ich habe erstens keine Kinder und zweitens sind das keine Allüren, sondern persönlichkeitsbildende Grundbedürfnisse.“

Zugegeben, die Gedanken übers Kinderkriegen und den Umgang mit selbigen mag ich schon, das ist ein Thema, dass Klemm schon immer gut konnte, besonders in ihrer sprachlichen Unverfrorenheit (siehe „Muttergehäuse“). Vielleicht ist und bleibt Klemm auch immer bei diesen Themen und umkreist sie von allen erdenklichen Seiten. Ob mich das dann auf Dauer noch fesselt, wird sich zeigen … „Erbsenzählen“ hat es noch mal geschafft, vor allem weil ja trotz allem ihr trockener Humor begeistert und weil sie eine unglaublich scharfe Beobachterin ist. Weil da solche Sätze stehen wie:

„Wenn man wütend ist, sagt die Vortragende gerade, soll man einen Wutkübel ins Eck stellen und in ihn heineinschreien, denn Gefühle unterdrücken, sagt sie jetzt ganz feierlich, ist vor allem bei Buben ein Thema, und sie wird uns das jetzt mithilfe der Seelensuppe veranschaulichen.“

Gertraud Klemms Roman „Erbsenzählen“ erschien im Literaturverlag Droschl. Mehr darüber hier. Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

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