Ich liebe Friedhöfe. Ich halte mich gern dort auf, weil es still ist. Ich kann dort weitab vom Berliner Lärm schreiben, lesen und meditieren. Und so war ich durchaus erfreut, als ich bei den Neuerscheinungen zwei „Friedhofsromane“ vorfand: Seethalers Das Feld und George Saunders Lincoln im Bardo. Enttäuscht haben mich beide.
Robert Seethaler habe ich schon gelesen, bevor er zum „Geheimtipp“ wurde. Seine Romane „Der Trafikant“ und „Ein ganzes Leben“ fand ich ganz wunderbar und kann sie nur empfehlen. Der neue Roman, der auf Episoden basiert, die Verstorbene im Rückblick auf die Essenz ihres Lebens erzählen, hat längst nicht die Kraft der beiden Vorgänger. An was es liegt? Mein Gefühl sagt mir, es sind zu viele Personen, die da „vorgestellt“ werden. Mancher erhält nur eine halbe Seite. Durch diese Vielzahl erreicht jeder einzelne nicht die Tiefe, die man von Seethalers Figuren kennt und liebt. Und mich stört auch diese Verknüpfung der Lebensgeschichten um jeden Preis. Das hört sich manchmal schon weit hergeholt an, dass sich alle Toten kannten in dieser Kleinstadt. Das soll den Roman sicher komplexer machen. Mich überzeugt es nicht.
Ich habe das Buch bis zur Hälfte gelesen, angestrichen habe ich mir nichts (!). Seethaler erreicht mich diesmal nicht, doch zähle ich einfach auf den nächsten Roman. Aufgeben mag ich diesen Autor nicht. Denn er sagt so schöne Sätze wie:
„Der Reichtum eines Lebens hängt ja nicht von Erlebnissen ab, sondern vom Erleben, das ist es, was mich interessiert.“
Außerdem: ein belletristisches Buch, dass kein Krimi und keine Schmonzette ist, auf Platz 1 der Spiegel-„Bestsellerliste“ ist nicht das Schlechteste …
„Das Feld“ erschien im Hanser Verlag. Eine Leseprobe gibt es hier.
Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.
Liebe Martina,
das ging mir ähnlich – mir fehlte der Tiefgang, aber vor allem vermisste ich die funkelnden Sätze, die ich bei anderen Büchern Seethalers gefunden habe (würde ich anstreichen, so hätte ich diesmal auch nichts anstreichen können…). Vielleicht ist er als Autor doch geeigneter für die „lange“ Form, für die Konzentration auf wenige Figuren. Wer weiß. Aber wie Du freue ich mich auch auf seinen nächsten Roman, nicht alles kann immer so gelungen sein.
Liebe Grüße, Birgit
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Das sehe ich auch so. Man kann auch mal für ein Buch „aussetzen“. Es war eh eine steile „Karriere“.
Liebe Grüße zu dir!
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Ich kenne bisher nur „Das Feld“ und mir hat es gefallen, aber offenbar muss ich unbedingt noch die Vorgänger lesen…
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Ja!!! Vor allem „Ein einziges Leben“!
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🙂 ich merke es mir!
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Mir hat schon “Der Trafikant” überhaupt nicht gefallen, zu konstruiert, zu platt der Auftritt von Sigmund Freud, zu moralisierend. Keine wirklich erzählendes Werk.
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Mir damals schon. Aber „Ein ganzes Leben“ ist noch einen Versuch wert …
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Obwohl ich Seethaler sehr schätze, haben mich die Stimmen zu diesem Buch davon abgehalten. Ich denke, es war die richtige Entscheidung. Viele Grüße!
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Ja. Ich denke man kann beim nächsten wieder einsteigen …
Viele Grüße!
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War gestern bei den o-Tönen https://literaturgefluester.wordpress.com/2018/07/12/o-toene-start/, bin gespannt, ob es auf die Longlist des deutschen oder österreichischen Buchpreises kommt!
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[…] Besprechungen gibt es auf den Blogs „Peter liest“, „literaturleuchtet“, „letteratura“ und „Leckere […]
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