Leipziger Buchmesse 2023 – Gastland Österreich Teil 1 – Lyrik

Zum ersten Mal findet die Buchmesse in Leipzig im April statt; vom 27. -30.4.23. Dieses Jahr gibt es hier auf dem Blog wieder einen Buchmesse-Special-Beitrag. Das liegt daran, dass das Gastland 2023 Österreich ist und ich die österreichische Literatur wirklich sehr schätze und bereits viele Bücher hier besprochen habe. Den Anfang macht die Lyrik, die erstaunlicherweise quantitativ tatsächlich einen sehr kleinen Teil auf meinem Blog ausmacht. Es folgt Teil 2 mit Prosa. Viel Freude beim Entdecken! Mit Klick auf das Foto kommt man zu meiner Besprechung:

Logo: Rechte: https://gastland-leipzig23.at/meaoiswiamia/

Werbung

Andreas Altmann: Von beiden Seiten der Tür Poetenladen


Augen Zäune Schnee Fenster Glas Haus Wald Schatten Lieder Bäume Grün
Licht Gänse Schwäne Kraniche Stille Eichen Winter Tiere Worte Himmel Blut

Das ist die Wortlandschaft, die ich in Andreas Altmanns Gedichten im neuen Band Von beiden Seiten der Tür immer wieder aufs Neue finde. Sie weisen auf das Thema hin, dass der Dichter ver/bearbeitet und dessen er sich annimmt. Die Gedichte haben mich oft an Daniela Danz`Gedichtband Wildniß erinnert, aber sie sind ruhiger, sie halten mehr zusammen, als dass sie aufbrechen. Mitunter muss ich an Rilke denken (z. Bsp. bei unten abgebildetem Gedicht). Dass Altmann aus obigen Worten immer wieder neue Verse kreiert, die mich fassen und tragen, mich ankommen lassen, ist ein großes Glück. Ich habe den Band zur Hand genommen, als mal wieder kein (noch so guter) Roman mich erreichte und bin versunken und sofort getröstet worden. Immer wieder schön für mich, zu erleben, was Lyrik vermag.

„… ich denke ans sterben,
und sehe das leben, wie es luftschlingen legt und mich
näher an sich heranzieht, bis wir uns weit in die
augen schauen und gleiches mit gleichem versehen.“

Altmann schreibt alle Gedichte durchgehend klein. Das fiel mir nur am Rande auf, denn die Form scheint mir hier eine eher kleine Rolle zu spielen. Hier wird nichts plakativ konstruiert oder zugespitzt. Das braucht es gar nicht, weil die Verse mit so viel Sprachgeschick und Rhythmusgefühl wie selbstverständlich ganz allein für sich wirken. Es braucht hier gar kein exaltiertes Gebaren, keine fremdsprachigen Einschübe und was sonst heute noch so gefordert wird. Hier passiert scheinbar wenig im Gedicht, äußerlich mag das stimmen. Doch die Zeilensprünge führen oft zu einer ganz neuen Wahrnehmung. Kurze Sequenzen in fast jedem Gedicht, die mich mitschwingen ließen, die mich beeindruckten: So möchte ich schreiben können! Und: Warum sind Altmanns Gedichte nicht bekannter in der sogenannten Lyrikszene? Zudem sie ja auch „Nature Writing“ vom Feinsten sind.

„kraniche rufen ihre echos zurück. wind färbt sich
an den blättern. fenster sind versponnen. die nächte
schlafen auf dem rücken.“

Schon am Cover zeigt sich die Richtung, die die Gedichte einnehmen. Sind es Glasscherben oder Eisschollen? Beides kommt in den Gedichten mehrfach vor. Umgeben vom Grün. Von Gewuchertem. Alteingesessenem. Es geht um die Natur. Und um die Zivilisation. Die Verbindung von beidem. Natur – Kultur. Es geht um alle Sinne. Es geht um Betrachtung, Beobachtung, Wahrnehmung. Es geht um die Verwandlung der Wahrnehmung der Natur in Verse. Einer Verzauberung. Die Verwandlung des Menschen durch die Natur und umgekehrt. Es geht um die Rückeroberung der Natur. Beispielweise eines Hauses, im Wald, am See, im Dorf. Es geht um Wachstum und Niedergang. Um Zuwachs und Verlust. Wie Türen und Fenster plötzlich Worte treiben, wie der Wald langsam aber stetig das Haus übernimmt. Es finden sich Wege durch die Natur, die direkt an den Vorgängerband „Weg zwischen wechselnden Feldern“ anschließen und diesen erweitern. Von den Feldern in die Wälder. Und es wird etwas persönlicher, wie ich finde, besonders im letzten Kapitel namens „Was bin ich für ein Mensch“, denn wir lesen von Kinderspuren, von Erinnerungen an die Kindheit, die Eltern, die Herkunft, das Erbe. Die Liebe. Und es geht ums „Stirb und werde“. Den ewigen Kreislauf.

„ich will die toten nicht mehr über brücken
tragen. ihr eignes leben haben sie. ich bin zu müde
für die lichter, die in ihnen brennen. ich werde wach
und es ist tag. so einfach kann es sein.“

Und der Lyriker teilt seine weitere Kunst mit uns. Es gibt einen Bildteil im Band, in dem wir die selbst konstruierten „Fabelhäuser“ – Häuser der schlafenden Gedichte entdecken können, die in der Prignitz in einer kleinen Werkstatt entstehen. In der Einleitung wird dazu gesagt, dass sie zunächst in Phasen von Schreibpausen entstanden und dann ganz einfach als ergänzende „Handarbeit“ zum Schreiben weiter geführt wurden. Zwei Bilder habe ich hier eingefügt. Es ist leicht erkennbar, dass das Material unter anderem aus diversen Fundstücken besteht, ein Upcycling sozusagen.

Immer wieder ist die Sprache selbst Thema in den Gedichten. Wie sie sich gestaltet oder gestalten lässt. Wie sie sich in die Natur einfügt oder ausschert. Wie sie überhaupt entsteht. Wie sie aus Worten Bilder zaubert. Wie sie die Eindrücke verstärkt, sie verlebendigt, sie aufsteigen lässt. Ein Be-haust sein in der Sprache. Und auch, wie sich durch Worte schweigen lässt. Wie sie eine Melodie erfinden, wie sie singen.

„… dinge
häuten sich mit den sätzen, die über sie gesprochen werden.
und erkennen sich nicht wieder. aber das ist nur
eine optische täuschung, über die ich hinwegsehe,
egal, was noch kommt, oder gegangen ist.“

Einige Gedichte lese ich als Liebeserklärungen: an die Natur, an einen Menschen, ans Dasein, ans Leben. Und wer genau liest, dem Dichter zu-hört, dem öffnen sich Türen, vielleicht von beiden Seiten, vielleicht auf mehreren Ebenen.

Andreas Altmann, 1963 in Hainichen geboren, hat mehrere Lyrikbände veröffentlicht, alle im poetenladen. Erwähnenswert finde ich auch die schöne Ausstattung des Buches. Der Verlag nimmt feines wertiges Papier und Fadenheftung. Der Verlagstext zum Autor, dem ich vollkommen zustimme lautet:

„Wer, wie Andreas Altmann, mehr als ein halbes Leben lang gedichtet hat, muss sich und der Welt keine Kunstfertigkeit mehr beweisen. Vielleicht resultiert daraus die beindruckende Fähigkeit des unverstellten Sprechens. Dabei trifft mancher Satz den Leser wie ein Schlag. Andere Zeilen scheinen frappierend einfach und doch schwebt ein poetischer Zauber über ihnen.“

Mehr über den Autor und eine Leseprobe gibt es hier. Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

Zum Welttag der Poesie – Lyrik aus unabhängigen Verlagen: Favoriten aus allen Blogjahren

Zum Welttag der Poesie am 21.3. gibt es Lyrik, die ich in den letzten Jahren auf dem Blog besprochen habe. Da auch der Indiebookday vor der Tür steht, habe ich unabhängige Verlage ausgewählt. Diese Indie-Verlage, bieten eine bunte Buchvielfalt: Es lohnt sich sie zu entdecken. Man erkennt sie meist schon an der außergewöhnlichen Aufmachung und an der liebevollen Gestaltung. Sie überraschen mit noch unbekannten neuen Autoren oder haben sich den Wiederentdeckungen verschrieben oder füllen bestimmte Nischen. Viel Vergnügen!

Hier meine Empfehlungen/Lyrik aus jedem der sieben Jahre, die mein Blog Literatur leuchtet bereits besteht. Mit Klick aufs Bild gehts zur Besprechung:

Volha Hapeyeva: Trapezherz Literaturverlag Droschl


„jemand verbrennt blätter mit gedichten
auf dem dachboden des universums“

Nach „Mutantengarten“ folgt nun Volha Hapeyevas neuer Gedichtband „Trapezherz“. Die belarusische Autorin wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. In dem mehrseitigen Gedicht „Schwierige Arithmetik“ schreibt Hapeyeva über den Zustand ihres Landes Belarus, über die Einflussname der Regierung, über Zensur, über Russland, im Nacken sitzend. Geschickt schildert sie darin die unruhige Entwicklung des Landes, die die Menschen von alt bis jung miterlebten und erleben.

„denn der staat sorgt sich ja richtig um einen
also
hört er nicht auf, zeitungen und bücher zu überprüfen
er löscht die liste der schädlichen berufe nicht
er schafft die todesstrafe nicht ab
und behandelt andersdenkende
indem er sie zu einem spaziergang mit in den wald nimmt“

Mit ihren Gedichten ist es oft so eine Sache: Sie beginnen ganz einfach und harmlos und ich denke anfangs: „Hm, was wird das?“ und dann im Verlauf und vor allem gegen Ende, meist erst in den letzten Zeilen kommt dann der Knall oder zumindest der Grund, warum das Gedicht geschrieben wurde bzw. warum es eben nicht banal ist, wie man eingangs meinen konnte. So eine Form findet sich selten. Solch ein Schreiben öffnet womöglich die Lyrik auch für Menschen, die denken, sie mögen keine Gedichte oder können damit nichts anfangen. Und dann wieder sind es Gedichte, die sofort treffen, komplex und mit Tiefe.

„immer seltener
möchte ich sprechen

es ist sicherer
briefe an verstorbene zu schreiben

auf geschenke zu warten
nur von mir selbst“

Da kommt ein Gedicht über eine Ente, die einen kalten Schnabel hat und einen kalten Fuß. (Ja, na und?) Und nach all der scheinbaren Harmlosigkeit kommt zuletzt der Hinweis, wie gefährlich es für Enten im Winter ist, weil der Mensch so gerne Daunenjacken trägt, um nicht zu frieren. Da geht es um Schuhkartons, die nach ihrem ersten eigentlichen ganz neue Leben führen, etwa als Aufbewahrungsort für Briefe oder Spielzeug. Da gibt es den typischen Geruch der Umkleidekabine im Schwimmbad. Da gibt es einen weichen Wollteppich, der sich nie erträumt hätte in einem Gedicht vorzukommen und tatsächlich dient er letztlich nur als Metapher. Ein weggeworfener Mantel wird mitgenommen, um ihm das Gnadenbrot zu geben. Doch der Mantel ist Realist und glaubt nicht an ein weiteres Gebrauchtwerden.

Tatsächlich kommen viele Herzformen in ihren Gedichten vor, wie man aufgrund des Titels ahnen konnte: da wird die Herzklappe überprüft oder das Herz macht Sprünge, wird auf der Zunge getragen und stürzt ab wie ein Trapezkünstler, ist aber selbst als Organspende noch wichtig. Auch als Metapher für die Liebe. Es geht um Beziehungen, oft nicht funktionierend und um die daraus resultierende Einsamkeit. Es geht um das Dichterdasein im Allgemeinen wie im Besonderen. Die Sprache wird betrachtet, durchleuchtet und auf links gedreht.

„jede sprache – eine erzwungene reise
niemand sagt wo sie anfing
jede sprache ist übersetzung
jede sprache ist angst
alleine zu bleiben

wo beginnt die einsamkeit
ist sie schon ewig in unseren körper eingeschrieben
die von geburt an versuchen, sie zu vergessen
die seele ist nie allein
aber was soll er tun – der arme körper“

Es gibt viele Liebesgedichte, aber kaum eines, in dem die Liebe gelingt. Es sind sinnliche Gedichte mit viel Körperlichkeit. Mit viel Weiblichkeit. Mit Sehnsucht nach Berührung. Wenn kein Mensch zur Verfügung steht, wird einfach der Wind benutzt, der die Kleidung den Körper berühren und streicheln lässt. Das zeugt auch von einer Unabhängigkeit, die stärkt, von einer Selbstermächtigung als Frau. Ich erlese eine Weichheit und dann wieder eine besondere Härte. Schon als Kind geht es darum geformt zu werden, möglichst einheitlich, ohne Eigenheiten.

„krankenschwestern und passanten
nachbarn, lehrer, verwandte
sie alle sagten etwas über meinen körper
mein verhalten und meine gewohnheiten
brachen mich in stücke, damit ich in ihre schubladen passe
sodass ich bald nicht mehr wusste
wer ich war“

Hapeyeva schreibt alle Gedichte in Kleinbuchstaben. Es sind kritische, mitunter politische Gedichte, sehr klar und direkt in der Botschaft. Aber sie sind auch dem Alltag nah, den kleinen Dingen. Sie sind wenig experimentell, kaum abstrakt, wenngleich manchmal spielerisch. Immer jedoch sind sie menschlich, nah und zugewandt.

Trapezherz erschien im Literaturverlag Droschl. Übersetzt aus dem Belarusischen hat es Matthias Göritz, ebenfalls Lyriker. Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar. Eine Leseprobe gibt es hier hier.

Eine kurze Leseprobe der Dichterin:

Franziska Beyer-Lallauret: Falterfragmente / Poussière de papillon dr. ziethen verlag


Franziska Beyer-Lallauret begegnete mir als Lyrikerin mit ihren Gedichten in der Literaturzeitschrift Wortschau, wo sie in einer Ausgabe Hauptautorin war und später auch in den sozialen Medien. Der Band Falterfragmente/ Poussière de Papillon entstand in Kombination mit Bildern der Malerin und Lyrikerin Johanna Hansen, deren Tischtuchmalerei mir einst auf fixpoetry begegnete und die mich gleich ansprach. Johanna Hansens Lyrikband „zugluft der stille“ habe ich bereits hier auf dem Blog vorgestellt. Nun begegnen sich beide Frauen in einem schon äußerlich schönen kleinen Band. Johanna Hansens Tuschebilder ergänzen und bereichern die Texte, die zudem noch zweisprachig französisch/deutsch abgedruckt sind. Die Zweisprachigkeit erklärt sich aus der Lebenssituation der Dichterin. Sie stammt aus Deutschland, aus einem kleinen Ort in Sachsen, lebt aber heute als Lehrerin in Frankreich in der Stadt Angers an der Loire.

„Mich hältst du immer noch für den Garten
Und dich für den Wald
Du kennst meine Finsternis schlecht
Ich kann jetzt Hexenstich“

Da ich nicht französisch spreche, kann ich zu diesem Teil des Bandes nichts sagen. Hilfreich ist da aber das Nachwort von Patrick Wilden. Die Gedichte auf Deutsch kommen mir sehr spielerisch vor. Verschiedene Motive tauchen immer wieder auf, die sich auch in Märchen finden lassen. Der Mond, ja, sowieso, aber auch Fischschwänze kommen sehr häufig vor. Das Wasser, das Meer, der Fluss. Der Himmel, die Sterne. Teils irdisch, teils aber auch aus reiner Fantasie geboren. Die Sprache ist eine sehr sinnliche: Farben, Formen nehmen Raum ein.


Einerseits empfinde ich die Gedichte jeweils als eine kurze Geschichte. Andererseits schweben sie oft über den irdischen Geschehnissen. So wie Falter, Papillons. Zumindest lese ich einige mitunter als nicht greifbar, so, als würden sie jeden Moment davonfliegen. Irgendwie klingen sie auch lockend, verlockend. Der meisten lesen sich für mich wie Liebesgedichte. Das lyrische Ich will verführen. Alles scheint fließend; selbst die unterschiedlichsten Situationen finden sich losgelöst vom Ursprung zusammen. Ich weiß nicht recht, wie ich es ausdrücken soll, aber diese Lyrik strahlt für mich in Pastell-Farben. Farben der Liebe, die zärtlich aber auch leidenschaftlich sein können. Gedichte, die auf ein Du abzielen, auf ein Zusammensein, auf ein Uns, auf gemeinsame Gestaltung.

„Dilemma

Gegen die Kürze der Tage
Treiben wir in Lichtrechtecken
Silben aufeinander zu
Durchs Wasser dem wir vertrauen
Schicken wir ein Echoboot
Das nicht mehr ganz blickdicht ist
Als stünden wir uns bevor
Ohne Geständnisse kreisen wir
Auf zwei Meridianen
Um kaltgewordene Gegenden
Die wir weiter bewohnen werden
Eine Wellenlänge liegt
Zwischen den Umlaufbahnen“

Es gibt viele Zeilensprünge, die verschiedene Lesarten möglich machen. Sprichwörter fließen mit ein, werden aber nicht immer in ihrer eigentlichen Verwendung gebraucht oder durch andere Konstellationen verändert. Sie bereichern und täuschen aber auch, viele Zeilen sind witzig. Die Lyrikerin bereist mit ihrem lyrischen Ich auch die Heimat. Was sie dort findet, ist eine Vergangenheit, keine Zukunft. Der Ort, die Landschaft scheinbar unverändert; und doch fühlt es sich anders an. Verloren? Gewonnen hingegen das neue Dasein im anderen, im anderssprachigen Land, das die Möglichkeiten der Muttersprache ergänzt und ausdehnt. Hinter allen steckt, wie ich meine, eine sehr durchdachte Anordnung, eine genaue Komposition und sprachliches Feingefühl. Ich empfehle diesen Band besonders auch Kunstinteressierten, denn hier fügt sich eins so schön ins Andere.

Das Buch erschien im Dr. Ziethen Verlag. Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

Gratulation! Peter-Huchel-Preis 2023 für Judith Zander

Foto mit freundlicher Genehmigung des dtv: Copyright: © Grafik: dtv / Foto: Sven Gatter

„…so gibt er mir nach
und nach seinen vom andren ende zurecht
gelegten schlaf drin liege ich falsch und wach“

Judith Zander wurde 1980 in Anklam geboren. Sie schreibt sowohl Lyrik als auch Prosa. Nun erhält sie für ihren neuesten Lyrikband „im ländchen sommer im winter zur see“ den Peter-Huchel-Preis 2023. Am 3.4.23 wird er verliehen. Auszug aus der Begründung der Jury:

„Judith Zanders Gedichtband „im ländchen sommer im winter zur see“ faltet in einem weiten literarischen Hallraum eine elegische Sprachlandschaft aus. In äußerst nuancierter Wortarbeit und mit hoher Musikalität schafft sie einen Raum für Erfahrungen des Ostens und übersetzt sie in eine allgemeine, kritische Reflexion von Erfüllung und Verlust. Ihr Band versammelt Liebes- und Naturgedichte, die immer auch in einem politischen Zusammenhang stehen. Sie spielt mit Sprachbildern, bricht verhärtete Redewendungen und stellt die damit einhergehenden Ordnungen infrage.“

Ich habe den Band gleich nach Erscheinen in die Hand genommen, brauchte jedoch mehrere Anläufe, bis sich mir die Gedichte erschlossen. Immer braucht es den richtigen Zeitpunkt für eine bestimmte Lektüre. Es ist ein Band, den man nicht mit ein mal lesen erfassen kann. Dazu ist er zu ausgeklügelt und sprachlich zu bewusst konstruiert. Hier ist nichts zufällig, alles gehört an seinen Platz. Dennoch wirken die Gedichte, vor allem auch wegen der vielen schrägen Zeilenumbrüche, mitunter sperrig. Ein Hin- und Herdenken wird beim Lesen gefordert. Oder aber man verlässt sich voll auf den Klang und gibt sich nur dem Rhythmus hin. Das funktioniert auch; vor allem, wenn man laut liest. Letztlich habe ich Zanders Lyrik lieb gewonnen. Und freue mich über die Vielfalt, die mir bei Lyrik fast größer erscheint als bei Prosa. Judith Zanders Lyrikband landete auch auf meiner persönlichen Bestenliste im Jahr 2022. Hier gehts zu meiner ausführlichen Besprechung:


Sehr gefallen hat mir auch ihr letzter Roman „Johnny Ohneland„: Welch ein Sprachfunkeln!
Es war der erste Roman, den ich von ihr las. Ihre Sprache ist wunderbar. Es ist wieder einmal so ein Buch, bei dem für mich die Sprache vor der Geschichte selbst steht. Die Geschichte ist eine Familiengeschichte, eine Entwicklungsgeschichte, eine Coming-of-Age-Geschichte. Die Sprache spielt die Hauptrolle und wird zelebriert in jeder Hinsicht. Wir erleben die Heldin Joana Wolkenzin in ihrer kleinen Heimatstadt im nördlichen Ostdeutschland. Beginnend mit dem Kindergarten, noch vor dem Mauerfall, bei dem sie 10 Jahre alt ist, begleiten wir sie, ihren ein Jahr jüngeren Bruder Charlie und ihre Eltern durch die Zeit bis in ihr Erwachsenenalter. Die eigentlich spektakulären Dinge passieren in Zanders Roman weniger im Außen, als im Inneren der Heldin. Denn sie reflektiert und seziert fast pausenlos ihr Dasein und versucht sich ihr Alleinsein und ihr Anderssein zu erklären und zu akzeptieren. Für mich als Leserin ist das hochinteressant, denn die Sprache, die die Autorin dabei verwendet sprüht vor Wortspielereien und Metaphern (die bis auf sehr wenige Ausnahmen stimmig sind). Dabei entstehen oft extrem lange Satzschlangen, die mitunter mehrfaches Lesen nahelegen. Eine weitere Besonderheit ist die Du-Perspektive, in der das Buch geschrieben ist. Hier geht es zu meiner ausführlichen Besprechung:


Gerade habe ich noch einmal ins „manual numerale“, erschienen 2014, hineingeschaut. Gelesen habe ich es bereits vor meiner Bloggerzeit. Zwei passende Gedichte habe ich gefunden. Eins, was mich an aktuelle politische Zukunftsszenarien erinnert:

„Ach, was muß man oft von bösen zukünften hören oder lesen
wo am wenigsten passiert was am meisten interessiert
dieses nähret den verdacht zukunft sei nicht selbstgemacht
sag in welchen massenküchen wird sie eingeweckt mit flüchen
wer kauft sie bei Netto ein die geschmacksvereitlungspein
und flößt ein sie seinen kindern um sich nicht allein zu hindern?

oder dieses Einsatzgedicht, welches ich mir beim Dichten in Zukunft immer vor Augen führe:

„heute schrieb ich dir ein langes mir gefallendes gedicht“

Alle Bücher von Judith Zander erscheinen beim dtv.

Aus dem Archiv: Nancy Hünger: Ein wenig Musik zum Abschied wäre trotzdem nett Edition Azur

Nancy Hünger: Ein wenig Musik zum Abschied wäre trotzdem nett

Schöne tiefe Abgründe liegen zwischen den Zeilen von Nancy Hüngers neuem Lyrikband. In acht unterschiedlichsten Kapiteln schickt sie ihre Leser*innen beispielsweise durch „Liederliche Lieben“, lässt sie „Rupfen in fremden Gärten“ und erzählt „Aus der Werkstatt betretenen Schweigens“. Wie im Titel schon angedeutet, dreht sich in der Tat in diesem Buch vieles um Musik, Rhythmus  und Klang. Musikalität scheint in Hüngers Schreiben notwendig, auch in den Kapiteln, die nicht ausschließlich diesem Thema gewidmet sind. Der Rhythmus der Sprache sucht sich seinen Weg zwischen Worten, Zeilen, Versen. So entsteht eine Verbindung, ja, eine Verschmelzung, ein Gesang.

„ …Wir hören mit den Lakenohren, leicht

verklebt, die Häuser rufen, Welpen schreien mit Kinder-
stimmen oder welpenhafte Kinder, die aus Fenstern trieften,
Welpen warfen, zu den kreischenden Hornissen ….“

Aber auch der zweite Teil aus der Titelzeile ist gewichtig und legt sich fast durchgängig auf jedes Kapitel: der Abschied, die Einsamkeit. Überhaupt scheint mir Unberührbarkeit ein Merkmal von Hüngers Spracharbeit: Was eben noch auf der Zunge zergeht, ist im nächsten Moment schon wieder gefroren. Ein ständiges oft unruhiges Hin und Her zwischen Zweisamkeit und dem Erlebnis Einsamkeit zeigt sich und macht sich breit. Ein Kampf tobt zwischen diesen Aggregatzuständen – welcher ist leichter aushaltbar?

„ … üb dich mein Bürschlein im GEH ODER BLEIB
aber üb dich am Alphabet sind manche schon verzweifelt
zwei Finger kurz vor knapp daneben wie auch immer …“

Nancy Hünger macht es ihren Leser*innen nicht immer leicht. Mit einmal lesen ist es nicht getan. Auch mit zweimal nicht. Ihre Lyrik beansprucht äußerste Konzentration und starke Zuwendung. Das Schöne: Je öfter man liest, desto mehr lassen sich die Gedichte durchdringen, sie öffnen sich. Hünger spielt ihr lyrisches Ich und oft das lyrische Wir gegen alles aus. Ich und Wir treten niemals zurück in den Versen, sie sind in großer Dichte präsent, stehen im Vordergrund: das Orchester stimmt sich ein. Dahinter die Bühne der Worte, die Schauspieler: bis sie ihren Platz einnehmen, passend ankommen im Kopf der Leser*innen, darf Zeit vergehen.

„ … ich erkenne niemanden
wieder die Gesichter drehen zum Mond

und Sicheln fahren darüber. Die Zeit
weiß nicht weiter, geht unter in uns
drehen die Gestirne. Ist jeder allein.“

Durch das ganze Buch zieht sich stetig der Strom der Zeilensprünge, fast jede Zeile, kaum ein Vers ohne Bruch. Das bremst immer wieder den Lesefluss, zwingt langsamer zu werden. Es ergeben sich immer wieder neue Lesarten.

„… wer weiß schon wie es sich ausnimmt
in meinem Zimmer werden die Bücher verpackt
ist was du hattest gar nicht mehr so viel was du brauchtest
waren zwei drei kleine Gedichte und ein wenig Musik …“

Was ebenfalls auffällt sind Hüngers besonders schöne Versenden, immer hat sie den Dreh genau heraus, wie sie ihr Gedicht beenden will. Hier setzt sie starke Akzente. Zufall scheint es dabei nicht zu geben, alles entspricht der beabsichtigten Komposition. Manchmal entsteht dadurch aber auch eine seltsame Abstraktheit mit wenig Raum für Emotionen. Einige Gedichte stehen mir sehr verkopft gegenüber, was besonders bei den erotischen und Liebesgedichten im Kapitel „volvere“ verwundert. Die Überschrift dieses Kapitels zeigt sich jedoch stimmig, wenn man nachliest, wie viele Bedeutungen dieses Wort hat.

„Dieses Gefühl klang nirgendwie irgendwie profan nach
Gefühl war uns wenig durchtrieben wir also Wörter
und hießen es Schnee sagten ICH SCHNEIE DICH
aus meinen Wimpernkränzen umschnei ich dich …“

In diesem, aber auch in einigen anderen Kapiteln benutzt Hünger eine immense Vielfalt kreativer Worterfindungen: So geht es durchs „Knickicht“und zwei „jochandeln einander“. Dergleichen eingeflochtene Neuworte regen die Phantasie an. Stellenweise wird es auch fast zu viel, wenn Hünger den Bogen überspannt. Dann wieder folgen solch außergewöhnlich schöne Sequenzen wie hier:

„… nur lass mir die kleinen Partien kann ich nicht hergeben den
Mund verwahre ich für die Männer die ich wollte habe ich
WUND UND WUNDER geküsst die Männer die ich wollte
sind alle zwischen meinen Lippen gefährlich schön erstickt.“

Hier, wie im Kapitel „Ach diese herrlichen Schwendtage, diese“ stehen die Gedichte alle im Blocksatz, wirken vom Satzbild her unzugänglich, verschlossen. Andere Kapitel enthalten luftigere Formen. So ist das Kapitel „Leb wohl, gute Reise“ in Dreizeilern angelegt. Diese Form erinnert an eine volkstümliche italienische Liedform (Stornello). Passend dazu befindet sich Hünger hier auf den Spuren Goethes in Italien. Dieses Kapitel scheint mir eines der stärksten des Bandes zu sein. Eine Reise nach Sizilien wird hier zum verdichteten Thema.

„ … Wir wechselten vier Löhne gegen Land und
eine Sprache aus den Fernwehkatalogen
schnitten wir den Süden Goethes aus …“

Doch was aus diesen Versen herauszulesen ist, lässt sich schwerlich mit Goethes Italien vergleichen. Die Zeit hat Wunden geschlagen, viel mehr der Mensch. Hünger findet hier einen besonderen Rhythmus, einen eigenen Klang, alles fließt. Ihre Gedichte durchleuchten die vermeintliche Idylle, werden zu Klagen, zu Anklagen, zu kritischen Fragen.

„ … und lasen aus den Stichwortkatalogen:
Europa, Menschheit, Wiege, Strandverbot,
das schöne schöne Abendland war abgebrannt

und glühte rauch- und rußgeschwärzt auf den Wangen
der Atom-U-Boote, Schauerbojen, die im Stahlbad
schweigsam Kriegsschlaf hielten …“

oder

„ … Unsre Füße
stießen immerzu ans Meer und selbst die Sterne

waren schmutzig in jenen Nächten, als sich die Stadt
an Straßen strangulierte. Wir hörten Achsen brechen
und dieses leise Stöhnen. Die Palazzi röchelten. …“

Im Kapitel „Familiarium“ findet sich ein sehr starkes längeres Gedicht namens „Meine fünf ungeborenen Töchter“ – ein wirklicher Höhepunkt. Es ist das vielschichtigste, bemerkenswerteste, bedeutungsvollste, selbstkritischste Gedicht dieses Bandes, bestehend aus acht Sechszeilern. Es ist eine Klageschrift, eine Mahnung, ein Aufruf an das Selbst und an die Welt. Gleichzeitig enthält es die ewige Frage: Kann Lyrik im großen Weltgeschehen überhaupt etwas ausrichten, gar verändern?

„… meine fünf ungeborenen Töchter rufen mich zweimal
die Woche über Satellit fragen sie nach der Lage
und der prozentualen Niederschlagsdichte meiner Tränen
sie fragen nach den Adressen von Diktatoren
dem Generalschlüssel für Gefängnisse und den neuesten
statistischen Erhebungen zur menschlichen Dummheit …“

Das letzte Gedicht im Band namens „Angesichts der entfesselten Publikationsverhältnisse“ ist wieder außergewöhnlich, auch in der Form, und bildet einen treffenden Abschluss. Es ist ein fortlaufender Fließtext, der jedoch durch Querstriche fortwährend unterbrochen wird und so die Zeilenumbrüche andeutet. Auf zweieinhalb Seiten wird hier stakkatohaft aus einem Dichterleben erzählt: die Themen der zeitgenössischen Dichtung werden aufgezählt, die prekäre Situation angesichts des Standes der Lyrik im Literaturbetrieb wird angedeutet, alles nur rein hypothetisch. Das Gedicht endet so:

„… was wäre / wenn wir alle nur noch so täten / als ob
/ dann müssten wir / rein theoretisch / versteht sich / unsere
Preisgelder / ehrlicherweis / rückerstatten / stell dir das /  rein
hypothetisch / versteht sich / mal vor“

Ich empfehle Nancy Hüngers Lyrikband nachdrücklich.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf fixpoetry.

Lyrik im Frühjahr – Eine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Frühjahr 2023


Viele Blogger gestalten derzeit Beiträge zu den Frühjahrsvorschauen 2023 der Verlage. Was dabei aber fast immer fehlt ist die Lyrik. Diese Lücke will ich nun schließen. Das ist inzwischen ein schönes halbjährliches Ritual geworden. Aber: Es ist ein sehr subjektiver Blick, es ist eine winzige Auswahl, es sind die, die mich am stärksten ansprechen. Dabei sind außerdem ganz wunderschön gestaltete Buchcover. Mit Klick auf das Coverfoto geht es zu ausführlichen Verlagsinformationen.
Im darauf folgenden Blogbeitrag stelle ich zum ersten Mal dann auch Roman-Neuerscheinungen vor, die mich besonders interessieren.
Viel Vergnügen beim Entdecken!

2 Anthologien:


Der Schuber mit den Monatsgedichten von Reclam ist bald wieder lieferbar. Ich besitze ihn schon seit Jahren und greife immer wieder darauf zurück. „Jeder Monat hat sein Gesicht: Und dieses klar-kalte, grau-stürmische, farbenprächtig-leuchtende, satt-gleißende oder ruhig-regnerische Charakterbild eines jeden Monats zeichnen die zwölf Gedichtbände in dieser Kassette. Ein lyrischer Gang durchs Jahr, eine kleine Feier wichtiger Lebensmonate, eine Meditation des Werdens und Vergehens unseres Jahreslaufes.“ (Verlagstext) erscheint Mitte Februar 23.

Ein neues Jahrbuch der Lyrik: „Die Anthologie will die Bandbreite dessen präsentieren, was in der Dichtung möglich ist. Wie wird heute geschrieben, welche unterschiedlichen Ansätze gibt es? Das Jahrbuch präsentiert den großen Reichtum der deutschsprachigen Gegenwartslyrik.“ (Verlagstext) Erscheint am 23.3.23 im Schöffling Verlag.


3 x SlowenienBuchmesse Frankfurt Gastland 2023:


Die Gedichte der »Atemprotokolle« sind Zeugnis einer Reise ins Innere, auf die sich Aleš Šteger im Sommer 2018 begab. Ohne die Absicht, etwas Literarisches zu schreiben, entstehen dabei innerhalb von drei Tagen und Nächten Gedichte, die um das Sein und das Vergehen kreisen und der Frage nachgehen, warum letzten Endes alles zerfällt in den Prozessen des Alltäglichen und Oberflächlichen. Die Gedichte erzählen kleine, intime Geschichten oder stellen drängende Fragen unserer Zeit, in der Hoffnung, dass sie uns in unserer Verletzlichkeit berühren. (Verlagstext) Erscheint am 20.2.23 im Wallstein Verlag.

„Weggehen für Anfänger“ ist auch für den Fortgeschrittenen zu empfehlen, gibt der Band doch als eine Art Handbuch anschauliche Anleitungen, wie wir all den Abschieden und Abschiednahmen begegnen können. n einem dichten Geflecht heterogener Beobachtungen spürt Cvetka Lipuš in den urbanen Alltag des modernen westlichen Menschen hinein, in die uns umgebenden und auf uns einströmenden Realitäten, dargeboten in überraschenden Perspektiven, ironischen Zuspitzungen und melancholisch-resignativen Stimmungsbildern. (Verlagstext) Erscheint am 23.2.23 im Otto Müller Verlag.

Tomaž Šalamun ist eine Legende. Ein Dichter, der nicht nur die slowenische Lyrik revolutioniert hat, sondern auch international höchstes Ansehen genoss. Als »Steine aus dem Himmel« bezeichnete Tomaž Šalamun seine Gedichte und die Weise, wie sie ihm zufielen. Der Band versammelt eine repräsentative Auswahl aus Šalamuns lyrischem Spätwerk erstmals in deutscher Sprache, brillant übertragen und mit einem Nachwort versehen von Monika Rinck und Matthias Göritz. (Verlagstext) Erscheint am 17.4.23 im Suhrkamp Verlag.


Nach dem wunderschönen Band „Mutantengarten“ nun neue Gedichtevon Volha Hapeyeva. „Sie durchstreift in „Trapezherz“ Sprachen und Länder, Zeiten und Planeten. In diesem Band vereint sie Wehmut und Liebe, Verspieltes und Ironisches, Momentaufnahmen und Philosophisches, Körperlichkeit und Sinneseindrücke sowie Einsamkeit, Heimat und Nomadentum. Zweifellos zählt Volha Hapeyeva zu den wichtigsten zeitgenössischen belarusischen Stimmen. Ihre Texte sind aktuell und zeitlos, poetisch und politisch.“ (Verlagstext) Erscheint am 10.2.23 im Literaturverlag Droschl.

Ingrid Mylos Schreiben ist der fortwährende Versuch, in Schrift zu fassen, was immer schwerer zu fassen ist: das Substantielle, das Wesentliche. Als 2021 Ingrid Mylos Lyrikband »Überall, wo wir Schatten warfen« erschien, war das für viele eine Entdeckung. »Die Entfernung der Sterne« enthält neben neuen Texten auch Bleibendes, Verstreutes und Überarbeitetes aus mehr als 30 Jahren. Das denkbar beste Gegengift für eine Welt, die so grell ist, dass wir nicht mal mehr die Sterne sehen.“ (Verlagstext) Erscheint am 20.2.23 bei Edition Azur/Voland & Quist.

„Was wäre, wenn die kleinsten Teilchen der Welt, die unsichtbaren Bausteine des Lebens zu uns sprechen könnten? Was hört man, wenn man ihr Wachsen zu körnigen Konstellationen und ihren Zerfall bis hin zur atomaren Spaltung literarisch umkreist? Dieser Frage geht Carolin Callies in ihrem Poem nach.“ (Verlagstext) „teilchenzoo“ erscheint am 23.3.23 im Schöffling Verlag.


Romina Nikolić erzählt in so weitschwingenden wie fein ziselierten Versen von Verwurzelung der Menschen mit einer Landschaft, vom sprichwörtlichen „Unterholz“ ihrer Herkunft aus dem südlichsten Zipfel Thüringens. Einfühlung und Aufbegehren finden sich in dieser Kunst, gepaart mit Witz und Abgründigkeit.“(Verlagstext) Erscheint am 21.3.23 im Wartburg Verlag.

„Wo die Verhältnisse prekär werden, sortiert Barbara Hundegger die Sorgen um. Wo es still wird, hört sie zu, überhört nicht: Wer den falschen Ton angibt, wer nicht gesehen wird, wer ein ums andere Mal nicht gemeint ist, wer nicht sein darf, wer die Falschen schützt. Barbara Hundeggers Lyrik schürft tief, verwandelt Worte in schiere Gedicht-Gebilde, die beides können: treffen und betören. Das Intime in Hundeggers Lyrik verhandelt mit der Komplexität unserer Gesellschaft, unseres Alltags. Die Beschau der Verhältnisse ist immer auch eine Hinterfragung des Gängigen.“ (Verlagstext) [in jeder zelle des körpers wohnt ein gedächtnis] erscheint am 16.5.23 im Haymon Verlag.

„Ob es um Aufbruch geht, um Unterwegs-Sein, um Abschied, Ankommen, um Rückblicke oder aber um einen satirischen Blick auf das Zeitgeschehen, die Texte der Lyrik-Sammlung sind aus dem Blickwinkel eines immer wieder Ankommenden geschrieben. Eines Ankömmlings, der ein Niemandsland durchquert hat. Der Band umfasst Gedichte, die Kristiane Kondrat in den Jahren 2015 bis 2021 geschrieben hat.“ (Verlagstext) Wer tanzt im Niemandsland erscheint im März 23 im Verlag danube books.


Nach „Zu brechen bleibt die See“: „Das Meer ist Kulisse, Schauplatz, Protagonist, Schicksalsgewalt in Michael StavaričDie Suche nach dem Ende der Dunkelheit. Mit Stavaričs überschäumender Fantasie und seiner grenzenlosen Sprachmagie entfaltet der Gedichtzyklus im Lauf der vergehenden Jahreszeiten Szenen der Vergänglichkeit, stille Momente des Todes, helle Freude und Sinnlichkeit, aberwitzig Skurriles direkt aus wildesten Traumwelten, Medien- und Zivilisationskritik bis zum Ekel, setzt Gewisses selbstverständlich neben allerhöchstens Mögliches und löst am Ende alles in einem Nebel aus Halifax auf.“ (Verlagstext) Erscheint am 15.3.23 im Limbus Verlag.

Einer der stillen Lyriker: Von ihm habe ich bereits „Weg zwischen wechselnden Feldern“ besprochen. „In Andreas Altmanns Gedichten tritt die Natur nicht als Gegenwelt in Erscheinung, sondern wird als unmittelbar Erfahrenes ins Erleben geholt. Es findet eine dichterische Anverwandlung statt. Wer, wie Andreas Altmann, mehr als ein halbes Leben lang gedichtet hat, muss sich und der Welt keine Kunstfertigkeit mehr beweisen. Vielleicht resultiert daraus die beindruckende Fähigkeit des unverstellten Sprechens. Dabei trifft mancher Satz den Leser wie ein Schlag. Andere Zeilen scheinen frappierend einfach und doch schwebt ein poetischer Zauber über ihnen.“ (Verlagstext) Von beiden Seiten der Tür erschien am 2.1.23 im Poetenladen.

Einige Gedichte Kerstin Fischers kenne ich bereits aus den sozialen Medien: „Kerstin Fischers Sprache zieht einen sofort in ihren Bann – Satzfragmente, Bilder, Wortschöpfungen gehen ungeahnte Verbindungen ein und bilden expressive, gefühlvolle Klanggemälde, die manchmal fast schwerelos, manchmal mit Wucht mitten ins Herz treffen. Dabei erschließen sich die Gedichte nicht immer gleich auf Anhieb, sondern laden zum Innehalten und Nachspüren ein. Aber gerade das macht die Auseinandersetzung so spannend … Das ist lebendige Poesie im besten Sinne.“ (Verlagstext) Spiegelglut erscheint am 10.2.23 im Athena Verlag.


„Verse über das Anfangen, über Sprache vor der Sprache und über das Verhältnis von Erinnerung und Präsenz. Die Zeit dehnt sich oder schießt im Spiel der Laute zusammen: „dies nagen, ineinanderdrehen / von wolken, beginn: nicht eine / silbe zum stehen, stauchen / alles drin“. Mit großem sprachlichen Gespür geht Nico Bleutge den Lücken in der Wahrnehmung nach und zeigt uns die Kraft der Wörter, klangstark, lustvoll, ebenso konkret wie imaginär.“ (Verlagstext) schlafbaum-variationen erscheint am 16.2.23 im C. H. Beck Verlag.

Die Romane von Hendrik Otremba mag ich, auf die Gedichte bin ich gespannt. „Zwischen Otrembas Büchern, seiner Musik und seinem künstlerischen Werk lassen sich dabei Leitmotive, Linien und alte Bekannte finden, die vielleicht in einem Songtext beginnen mögen, dann aber in der Prosa ihre Fortsetzung erfahren – oder die in Romanen entstanden sind, um sich schließlich im Gedicht zu transformieren.“ (Verlagstext) Wüstungen, Nebel erscheint am 28.3.23 im März Verlag.

„Die Dauer scheint ungewiss. Empfindungen allenthalben. Die Sonette von Stefan Heyer wollen dem Meer Ebenen abringen, Risse und Sprünge bannen, dem großen Schweigen nachhorchen. In vier Zyklen, die je mit 15 Sonetten bestückt sind, geht er Mythen nach, bereist den schwarzen Ozean und sucht das Glück. Zwischen kahlen Bäumen und gähnenden Nachteulen spannt Stefan Heyer in seinen Gedichten seine Fäden, zieht Planken und baut Brücken.“ (Verlagstext) Form und Struktur erscheint am 13.3.23 im Passagen Verlag.