Elisa Macellari: Kusama Graphic Novel Laurence King Verlag

20210521_1309266499127906140159705.jpg

Einen Tag nach der Eröffnung, musste die Ausstellung von Yayoi Kusama im Gropius Bau Berlin aufgrund der Corona-Massnahmen schon wieder schließen. Sobald es wieder möglich war, mehr als einen Monat später, buchte ich mir sofort ein Ticket und die Ausstellung übertraf deutlich meine Erwartungen. Denn es ist eben nicht dasselbe eine Ausstellung online zu sehen oder den realen Kunstwerken gegenüberzustehen, mit denen man gerade in dieser Ausstellung direkt in Kontakt treten kann.  Die Ausstellung läuft noch bis zum 15.8.

Als ich bei Fräulein Julias Kulturjournal sah, dass es eine Graphic Novel über Kusama gibt, war ich erfreut. Wie meine Blogleser*innen ja wissen, bespreche ich hier auch immer wieder Graphic Novels, auch aus persönlichem Interesse als selbst Malende (so entstand gleich nach dem Besuch der Ausstellung auch unten stehendes Bild mit Tusche und Aquarellkreide). Außerdem gibt es ein 1000-Teile-Puzzle, welches ich bisher noch nicht in Angriff genommen habe.

Eingangs finden sich einige Seiten Text zur Einführung in die Lebens- und Künstlerinnenwelt von Kusama. Interessant scheint mir hierbei die Prägung durch östliche und westliche kulturelle Traditionen. Dann tauchen wir in die Bilder ein. Dass die rote Farbe am dominantesten ist, ergibt sich aus den künstlerischen Arbeiten. Am bekanntesten sind wohl die Polka-Dots. Eine Art Türkis, ein beinahe fliederfarbenes Violett und Schwarz ergänzen das Rot. Die Aufteilung der Bilder und Textanteile scheint mir gelungen über Kusamas Lebenszeit verteilt und ein stimmiges biographisches Abbild zu zeichnen. Es beginnt 1939 in Matsumoto, Japan, wo Kusama mit den Eltern lebt. In der Natur hat sie bereits als Kind Erlebnisse, die auf besondere Bewusstseinszustände hinweisen: Pflanzen und Tiere sprechen mit ihr. Ihre Verarbeitung des Erlebten ist das Malen.

1958 lebt Kusama in New York. Sie arbeitet dort als Künstlerin. In Kyoto hatte sie Kunst studiert. Als sie einen Kunstband von Georgie O`Keeffe entdeckte, empfand sie eine tiefe Verbindung. Sie schrieb der Künstlerin und diese will ihr in New York helfen.  Es dauerte dann noch lange bis sie ihre Eltern überzeugte, aufbrechen zu dürfen. Dort hat sie immer wieder Halluzinationen, Angstattacken, psychosomatische Körperbeschwerden, erhält schließlich die Diagnose Depersonalisation. Dennoch geht sie mit großer Kraft an ihre Kunstwerke, hat erste Ausstellungen, organisiert Happenings und Performances, hat einige wenige Erfolge in den 60er und 70er Jahren, begegnet Warhol und Dali. Ihre Kunst passt perfekt in diese wilde Zeit, sie erschüttert und rüttelt auf und bricht verkrustete Konventionen auf, bewirkt Veränderungen der Wahrnehmung auf Kunst, gerade auch zum Thema Gleichberechtigung und Sexualität. Umso erstaunlicher, da sie selbst keine Sexualität lebt, (vielleicht deshalb in ihrer Kunst ausdrückt: immer wieder auftretendes Motiv ist der Phallus) und eine platonische Beziehung zu einem viel älteren Mann führt.

1975 ist sie wieder in Japan und in Tokio in psychiatrischer Behandlung. 1977 entschließt sie sich ganz in einer psychiatrischen Klinik zu leben, ist aber auch dort künstlerisch enorm produktiv. Für sie scheint Kunst eine wichtige Ausdrucksform, ja ein Ventil zu sein, sie findet darin Stabilisierung ihrer Seele. Erst 1987 hat sie ihre erste Retrospektive in Japan. 1989 entdeckt man sie in den USA neu und sie stellt 1993 auf der Biennale in Venedig aus. 2017 eröffnete sie ihr eigenes Museum in Tokio. Sie malte bis heute großformatige bunte Bilder, die jedes für sich, ganze Welten darstellen. Selten hat mich in letzter Zeit eine Künstlerin so enorm beeindrucken können. Ein Leuchten für Kunst und Buch!

Die Graphic Novel und das Puzzle erschienen im Laurence King Verlag. Aus dem Englischen übersetzt hat es Juliane Lochner. Die italienische Originalausgabe gestaltete Elisa Macellari ganz wunderbar und vollkommen stimmig zu Kusamas Kunst. Illustrationen und Text überzeugen. Eine Leseprobe gibt es hier. Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

Spreepartie die Dritte: Ein Debütroman aus dem Literaturverlag Droschl, Vermischtes aus dem Laurence King Verlag und eine kulinarische Reise nach Georgien mit Literatur aus dem Weidle Verlag und der Edition Fototapeta

20180826_165243 (800x450)

Am vergangenen Samstag fand eine Fortsetzung der wunderbaren Reihe „Spreepartie“, organisiert von den famosen Damen von Kirchner Kommunikation statt. Eingeladen waren wieder verschiedene Buchblogger. Diesmal gab es drei Programmpunkte. Wer dann noch nicht zufrieden war, konnte sich noch am Wannsee beim Sommerfest von Kiwi tummeln.

 

Während des Frühstücks erzählte uns Ally Klein, die mit einem Auszug ihres Debütromans „Carter“ beim Bachmannwettbewerb las, wie sie sich sozusagen dazu überreden/überzeugen ließ, daran teilzunehmen und wie hart sie sich darauf vorbereitete. Nun meinte sie, seitdem könne sie nichts mehr erschüttern. Spannend, dass sie sich beim Schreiben immer wieder auf Bloch bezieht und vielleicht noch auf Dostojewski und dass sie zwei Varianten ihres Romans geschrieben hat. Eine, die sch rein auf die Geschichte, die Handlung bezieht, und die zweite, an der dann sprachlich gefeilt wird. Mit dem wunderbaren österreichischen Literaturverlag Droschl und dem dortigen Lektor hat sie einen Glücksgriff getan.

 

20180825_122103 (800x450)

Kurz darauf traf schon Max Erbe ein, der uns vom Entstehen der deutschen Dependance des Laurence King Verlags erzählte, der in England ein gut eingeführter, sehr bekannter Verlag ist. Seit Frühjahr 2018 werden Teile des Programms in Deutschland vertrieben. Hier finden sich fein illustrierte Sach- und Kinderbücher, zudem allerlei Karten- und Wissensspiele, teils mit Bezügen zu Kunst und Design.

 

Anschließend machten wir uns auf den Weg zum Mittagsmahl, das im georgischen Restaurant Madloba aufgetischt war. Es bestand nicht nur aus leckeren georgischen Spezialitäten, sondern auch aus geistiger Nahrung: Iunona Guruli, die Übersetzerin ist, aus Tbilisi stammt und in Berlin lebt und arbeitet, erzählte über die Besonderheiten der georgischen Sprache, die zudem eine ganz eigene Schrift besitzt, die nur aus Kleinschreibung und vielen Rundungen besteht und fast wie kaligraphiert wirkt. Zwei Romane, die sie übersetzte, stammen aus den kleinen wunderbaren unabhängigen Verlagen Edition Fototapeta und Weidle Verlag und erscheinen im Herbst, rechtzeitig zur Frankfurter Buchmesse, bei der diesmal das Schwerpunktland Georgien ist.


Ich danke dem tollen Kirchner-Team für die Einladung zur nun schon zur Tradition gewordenen Spreepartie und für die interessanten literarischen Einblicke. Ausführliche Besprechungen folgen nach Lektüre, zudem auch zur Buchmessezeit ein Beitrag über meine Leseerlebnisse mit georgischer Literatur.