Franziska Beyer-Lallauret: Falterfragmente / Poussière de papillon dr. ziethen verlag


Franziska Beyer-Lallauret begegnete mir als Lyrikerin mit ihren Gedichten in der Literaturzeitschrift Wortschau, wo sie in einer Ausgabe Hauptautorin war und später auch in den sozialen Medien. Der Band Falterfragmente/ Poussière de Papillon entstand in Kombination mit Bildern der Malerin und Lyrikerin Johanna Hansen, deren Tischtuchmalerei mir einst auf fixpoetry begegnete und die mich gleich ansprach. Johanna Hansens Lyrikband „zugluft der stille“ habe ich bereits hier auf dem Blog vorgestellt. Nun begegnen sich beide Frauen in einem schon äußerlich schönen kleinen Band. Johanna Hansens Tuschebilder ergänzen und bereichern die Texte, die zudem noch zweisprachig französisch/deutsch abgedruckt sind. Die Zweisprachigkeit erklärt sich aus der Lebenssituation der Dichterin. Sie stammt aus Deutschland, aus einem kleinen Ort in Sachsen, lebt aber heute als Lehrerin in Frankreich in der Stadt Angers an der Loire.

„Mich hältst du immer noch für den Garten
Und dich für den Wald
Du kennst meine Finsternis schlecht
Ich kann jetzt Hexenstich“

Da ich nicht französisch spreche, kann ich zu diesem Teil des Bandes nichts sagen. Hilfreich ist da aber das Nachwort von Patrick Wilden. Die Gedichte auf Deutsch kommen mir sehr spielerisch vor. Verschiedene Motive tauchen immer wieder auf, die sich auch in Märchen finden lassen. Der Mond, ja, sowieso, aber auch Fischschwänze kommen sehr häufig vor. Das Wasser, das Meer, der Fluss. Der Himmel, die Sterne. Teils irdisch, teils aber auch aus reiner Fantasie geboren. Die Sprache ist eine sehr sinnliche: Farben, Formen nehmen Raum ein.


Einerseits empfinde ich die Gedichte jeweils als eine kurze Geschichte. Andererseits schweben sie oft über den irdischen Geschehnissen. So wie Falter, Papillons. Zumindest lese ich einige mitunter als nicht greifbar, so, als würden sie jeden Moment davonfliegen. Irgendwie klingen sie auch lockend, verlockend. Der meisten lesen sich für mich wie Liebesgedichte. Das lyrische Ich will verführen. Alles scheint fließend; selbst die unterschiedlichsten Situationen finden sich losgelöst vom Ursprung zusammen. Ich weiß nicht recht, wie ich es ausdrücken soll, aber diese Lyrik strahlt für mich in Pastell-Farben. Farben der Liebe, die zärtlich aber auch leidenschaftlich sein können. Gedichte, die auf ein Du abzielen, auf ein Zusammensein, auf ein Uns, auf gemeinsame Gestaltung.

„Dilemma

Gegen die Kürze der Tage
Treiben wir in Lichtrechtecken
Silben aufeinander zu
Durchs Wasser dem wir vertrauen
Schicken wir ein Echoboot
Das nicht mehr ganz blickdicht ist
Als stünden wir uns bevor
Ohne Geständnisse kreisen wir
Auf zwei Meridianen
Um kaltgewordene Gegenden
Die wir weiter bewohnen werden
Eine Wellenlänge liegt
Zwischen den Umlaufbahnen“

Es gibt viele Zeilensprünge, die verschiedene Lesarten möglich machen. Sprichwörter fließen mit ein, werden aber nicht immer in ihrer eigentlichen Verwendung gebraucht oder durch andere Konstellationen verändert. Sie bereichern und täuschen aber auch, viele Zeilen sind witzig. Die Lyrikerin bereist mit ihrem lyrischen Ich auch die Heimat. Was sie dort findet, ist eine Vergangenheit, keine Zukunft. Der Ort, die Landschaft scheinbar unverändert; und doch fühlt es sich anders an. Verloren? Gewonnen hingegen das neue Dasein im anderen, im anderssprachigen Land, das die Möglichkeiten der Muttersprache ergänzt und ausdehnt. Hinter allen steckt, wie ich meine, eine sehr durchdachte Anordnung, eine genaue Komposition und sprachliches Feingefühl. Ich empfehle diesen Band besonders auch Kunstinteressierten, denn hier fügt sich eins so schön ins Andere.

Das Buch erschien im Dr. Ziethen Verlag. Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

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