Trude Teige: Als Großmutter im Regen tanzte Fischer Verlag

Gleich nach Ulrike Draesners Roman über Gewalt gegen Frauen im Krieg folgt nun das Buch der Norwegerin Trude Teige, die eine Geschichte aus Sicht einer Norwegerin erzählt, die während der Besatzung einen deutschen Soldaten kennenlernt. Der Roman ist sprachlich viel leichter als Draesners, lässt sich trotz der Schwere des Themas schnell lesen. Die Geschichte ist nicht minder tragisch. Schon vor einiger Zeit gab es einen Roman, in dem sich eine junge Autorin mit dem Schicksal der kleinen mecklenburgischen Stadt Demmin befasste (Die Gespenster von Demmin). Auch Teiges Hauptfigur verschlägt es nach Demmin.

Tekla lernt den in Norwegen stationierten Deutschen Otto als „Pferdeflüsterer“ kennen und die beiden verlieben sich. Tekla folgt ihm ohne Wissen der Eltern nach Deutschland. Sie heiraten und Tekla verliert ihren norwegischen Pass. Ottos Familie besitzt ein Landgut in Demmin und dort wollen die beiden leben. Doch die leuchtenden Farben, mit denen Otto ihr Leben ausmalt, ergrauen. Die Deutschen haben kapituliert und die Russen sind durch Ostdeutschland gezogen und besetzen auch Demmin. Ottos Familie ist tot, das Gutshaus von Russen bewohnt. Nach und nach erfahren die beiden, welch schlimmer Massenselbstmord aus Angst vor den Gräueltaten russischer Soldaten in Demmin geschehen ist.

Als Otto und Tekla sich schließlich entscheiden ins westliche Deutschland zu fliehen, werden sie schnell von patrouillierenden Russen entdeckt. Sie erschießen Otto und vergewaltigen Tekla. Wie sich die schwangere Tekla alleine durchschlägt und wieder nach Norwegen zurück findet wird in oft unfassbar traurigen Rückblenden erzählt.

Juni, die ebenfalls schwangere Enkeltochter Teklas kommt nach dem Tod der Großmutter auf die kleine Insel, auf der diese zuletzt als Malerin lebte. Sie ist auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Mann und deckt hier nach und nach mithilfe eines Nachbarn große Teile der Geschichte auf. Die Geheimnisse, die die Großmutter hütete betreffen auch Juni und ihre Mutter. Sie wirken nach. Sie wirken auf alle folgenden Generationen nach, wenn sie nicht gesehen, ausgesprochen und aufgearbeitet werden. Juni hat in dieser Geschichte einen bedeutenden Schritt in Richtung Heilung der Traumata gemacht.

Die Journalistin Trude Teige hat die Geschichte anhand von wahren Geschehnissen angelegt. Sie recherchierte, hörte sich Lebensgeschichten an, besuchte die genannten Schauplätze in Deutschland. Ein wichtiges Zeitdokument ist das. Geschichte in Romanform erzählt wird leichter für alle zugänglich.

Als Großmutter tanzte“ erschien im Fischer Verlag. Übersetzt hat es Günther Frauenlob. Eine Leseprobe gibt es hier. Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

Eine weitere tolle weitreichende Besprechung gibt es auf dem Blog Zeichen & Zeiten.

3 Gedanken zu “Trude Teige: Als Großmutter im Regen tanzte Fischer Verlag

  1. Ich finde, gerade dieser sprachlich leichte Zugang des Romans bringt den Leserinnen und Leser das ganze Ausmaß dieser Geschichte direkt vor Augen. Gerade die weniger bekannte Tragödie um Demmin. Der Roman hat mich sehr berührt. Vielen Dank für die Verlinkung, und schön, dass Du den Roman ebenfalls vorstellst. Viele Grüße PS: Draesner möchte ich auch noch lesen. Ich hatte ihr Buch schon einmal begonnen, fand aber irgendwie keinen Zugang. Aber ein Buch braucht manchmal den richtigen Zeitpunkt.

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