Christian Kracht: Eurotrash Kiepenheuer & Witsch

„Faserland“ habe ich nie gelesen. Hätte ich es getan, hätte ich mir vielleicht die Lektüre des neuen Romans von Christian Kracht erspart. „Imperium“ und „Die Toten“ gefielen mir gut. Doch was Kracht in „Eurotrash“ zu erzählen hat, interessiert mich überhaupt nicht (ich spiele jetzt Marcel Reich-Ranicki). Es interessiert mich nicht wie der Sohn seiner durch Heirat superreichen, aber alkoholsüchtigen und kranken Mutter mit dieser im Taxi durch die Schweiz fährt, tausende von Geldscheinen in einer Plastiktüte, den Rollator immer dabei. Damit sie durchhält, muss er ihr durchweg Geschichten erzählen (oder den Stomabeutel wechseln). Dabei geraten sie immer wieder aneinander, streiten ziellos. Weshalb sie alles tun, was sie tun, bleibt unklar, scheint sinnlos. Ist aber auch egal, wenn man Geld hat und es im wahrsten Sinne des Wortes zum Fenster rauswerfen will.

Bis auf einzelne Sequenzen, wie etwa die, in denen Kracht von der Nazi-Vergangenheit seines Großvaters erzählt, von der fragwürdigen Karriere seines Vaters und vom Missbrauch seiner Mutter, kann ich mit diesem Roman nichts anfangen, ja ich merke, dass ich sogar in Widerstand dazu gehe. Er spielt in einer Welt der Geldmenschen, in die ich mich nicht mal annähernd zu versetzen weiß. Und in die ich mich auch nicht versetzen will. Mich interessiert nicht, ob der Onkel wie ein Landstreicher gekleidet als Multimillionär durch die Stadt streift oder wer von welchem Millionär sein Chalet oder seine Villa gemietet hat oder wie viele Gucci-Klamotten oder Prada-Taschen die Mutter in ihrem Haus aufbewahrt.

Deshalb bleibt dieser Beitrag auch sehr kurz und sehr subjektiv. Ich zitiere hier nur noch einen Textauszug, der sehr gut für den Inhalt steht und den Umgang von Mutter mit Sohn, und an dem man sieht, dass der Roman auch sprachlich kein Highlight ist. Mehr will ich nicht über dieses aus meiner Sicht überflüssige Buch sagen:

„Weißt Du, was das ist? Ein Armutszeugnis ist das. Und zwar ist das Dein Armutszeugnis. Ich hab das mal gelesen bei Marcel Beyer. Das blindgeweinte Jahrhundert. Das trifft es ganz gut, eigentlich sogar sehr genau. Das ist mein blind- und leer- und totgeweintes Jahrhundert. Solche Sachen solltest Du mal schreiben, wie Marcel Beyer. Das ist ein guter Schriftsteller. Nicht so einen belanglosen Unsinn, wie Du ihn schreibst, den ohnehin keiner lesen will.“

„Eurotrash“ erschien im Kiepenheuer & Witsch Verlag. Eine Leseprobe gibt es hier. Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

Hinweis: Der Umstand, dass es sich um ein Rezensionsexemplar handelt, hat keinerlei Auswirkung auf meine Wahrnehmung und Rezension des Buches.

9 Gedanken zu “Christian Kracht: Eurotrash Kiepenheuer & Witsch

  1. Die einzige Szene, die mir wirklich im Gedächtnis geblieben ist, handelte von dem Fisch-Essen der Eltern, die an einem Tisch sitzen und Aal auspacken. Diese Stelle hat etwas Bernhard’sches, Interessantes, da Intensives. Ansonsten habe ich mich um eine ausführlichere Rezension bemüht, bin aber absolut zum selben Ergebnis gekommen – ich fand sie sehr auf den Punkt. Eigentlich reicht ein Wort: „Warum“ …

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    • Hut ab für die Rezension. Ich hatte einfach keine Energie mehr darüber zu schreiben. Ich denke, es hat auch persönliche Gründe, obwohl dass natürlich für eine Kritik keine Rolle spielen dürfte. Aber als Buchbloggerin kann ich mir das leisten …

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  2. Ich muss gestehen, ich bin ja fast froh, dass ich nicht die Einzige auf weiter Flur bin, die das Buch nicht begeistert hat… Meine Rezension habe ich gerade fertig getippt und war lange unschlüssig, ob es bei mir in die Rubrik „Nicht ganz überzeugt“ oder „Fehlgriff“ fällt. Habe mich aber doch für ersteres entschieden, denn für letzteres muss ich unter einem Buch schon unsäglich gelitten haben.

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