Dana Grigorcea: Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit Dörlemann Verlag

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Dana Grigorcea hat beim Bachmann-Wettlesen dieses Jahr mit einem Auszug des gerade erschienenen Romans den 3sat-Preis gewonnen. Der Begeisterung der Jury konnte ich damals nicht so ganz folgen. Jetzt habe ich mir selbst ein Bild gemacht und den ganzen Roman gelesen.

Fazit: Anfangs fand ich schwierig hinein, gilt es doch schon sich auf eine andere Welt und den eigenen Erzählstil Grigorceas einzulassen, mit wachsender Freude las ich weiter und am Ende war ich vollkommen eingetaucht und traurig, dass es schon vorbei war.
Grigorcea springt vom Heute in die Vergangenheit und zurück und erzeugt voller Fabulierfreude starke Stimmungsbilder. Ein wenig erinnert hat mich die Geschichte an Peter Nadas Parallelgeschichten (die natürlich in Budapest spielen, nicht in Bukarest: Im Roman verwechselt Michael Jackson die beiden Städtenamen, zur großen Enttäuschung seiner Fans!).

Hauptfigur Victoria kehrt als Erwachsene in ihre Heimatstadt Bukarest zurück und an jeder Ecke lauern die Erinnerungen. Begleitet wird sie von ihrem Verlobten Flavian, der ihr gegen Ende des Buches einen Heiratsantrag machen wird. Zwischendrin erleben wir das heutige Bukarest und wie Victoria in die Zeit ihrer Kindheit während der Diktatur Ceausescus zurück versetzt wird. Sie begegnet Verwandten, Nachbarn, Geliebten, Freunden und Feinden von früher und mit allen sind Geschichten verbunden, witzige oder dramatische, von denen uns rasant berichtet wird:

„…und dann besaß Rapineau eben auch einen der ersten Farbfernseher im Viertel, keinen solchen im eigentlichen Sinne, einen Fernseher immerhin, dessen Bildschirm mit einer dreifarbigen Folie beklebt war. Aber wen kümmerte es damals, was echt war und was nicht?“

Grigorceas Roman trägt autobiografische Züge. Sie hat die politische Wende als Kind erlebt, wie ihre Protagonistin und doch wirkt die Sicht des Kindes erstaunlich abgeklärt.

Mich persönlich würde interessieren, was Herta Müller zu diesem Roman zu sagen hätte …

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