Neue Romane von Peter Handke und Monika Maron


Im Kurzformat stelle ich heute diese beiden Neuerscheinungen vor: Peter Handkes „Die Ballade des letzten Gastes“ und Monika Marons „Das Haus“


„Und nichts Bekömmlicheres, nichts Heilsameres als dann und wann ein leichtes Gift, nicht wahr?

Ein neuer Peter Handke ist für mich immer ein Muss. Ich mag seine Sprache, seine Eigenarten, sein Umkreisen immer wieder des selben Themas. Ich mag, dass er „von Homer kommt“. Ich mag seine Selbstbefragungen. Darin unterscheidet sich auch „Die Ballade des letzten Gastes“ nicht von vorherigen Texten.

Ein Reisender, Gregor Werfer, kommt aus der Ferne wie jedes Jahr für kurze Zeit in seinen Heimatort. Die Familie erwartet ihn. Sie hoffen auf Geschichten von ihm und auf Neuigkeiten von seinem jüngeren Bruder, der in der Fremdenlegion dient. Tatsächlich hat er gerade die Nachricht des Todes des Bruders erhalten, was er aber verschweigt. Dafür erfährt er vom Nachwuchs: die Schwester hat ein Baby bekommen, zu dessen Taufe er als Pate dabei sein soll.

Bereits nach der ersten Nacht im Elternhaus passiert, was immer passiert, wenn der Reisende „nach Hause“ kommt. Er erkundet die Umgebung, die Veränderungen der Stadt und der Menschen. Er geht einfach los, als der ewige Wanderer, der er ist. Er landet im Wald und wird von der Natur aufgenommen, übernachtet in einem Bombenkrater, spielt Naturführer und wird später unerwartet von ihr ausgestoßen.

So wird er zum Herumtreiber im Urbanen. Seine Elternhaus meidet er. Er verbringt die Abende und Nächte, soweit möglich in Gasthäusern. Er wird zum Gasthaussitzer. Dabei beginnt er einen geheimen Wettbewerb: Er will der letzte Gast sein, der der am längsten bleibt. Es gelingt im oft und mitunter wird im eine Schlafmöglichkeit angeboten.

„Lebe ich von dem, was sich zeigt, erst im Nachhinein?“

Im letzten Kapitel stehen aneinandergereiht Gedanken, die aus Handkes Notizbüchern eins zu eins übernommen sein könnten. Es finden sich Sätze zu Gott und der Welt mit all ihren Veränderungen im Kleinen wie im Großen. Dem Roman schadet das nicht, denn Handkes Notizensammelsurium ist meist eine Fundgrube der Verdichtung auf hohem Niveau.

Handke schreibt wie gewohnt in langen, verschachtelten Sätzen, die sich manchmal selbst nicht mehr finden. Dazwischen schimmern immer wieder brillante Gedanken, mitunter auch das bekannte Pathos und eine eigene Altertümlichkeit, die ich liebe. Handkes Schreiben ist ein innerliches, welches gleichzeitig vom Außen lebt, beides spiegelt und reflektiert sich gegenseitig. Dies wird mit Sicherheit durch die Langsamkeit des Handschriftlichen stark befördert. Empfehlung, wie immer!

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Monika Marons neuer Roman stand ebenfalls auf meinem Leseplan. Mir gefällt ihre Art, sich nicht einschüchtern zu lassen und nah an den aktuellen, auch umstrittenen gesellschaftlichen Themen entlang zu schreiben. Diesmal, und das fand ich besonders verlockend, geht es um eine Alters-WG auf dem Land. Das Haus, das die Freundin der Hauptprotagonistin geerbt hat, steht im dörflichen Brandenburg und hat viel Platz, dazu einen großen Garten und es scheint ideal für die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens im Alter.

„Ich wollte in das Haus nicht einziehen.“

Unsere Heldin allerdings zieht nur ein, weil sie gerade ihre Wohnung in Berlin verloren hat und einen Unterschlupf bis zur neuen Wohnung braucht. Dass sie dann doch immerhin ein dreiviertel Jahr dort verbringt, liegt daran, dass ihr die zunächst ungewohnte Ruhe mehr und mehr gefällt. Mit den Mitbewohnern kommt es mitunter zu Differenzen, besonders über gesellschaftlich aktuelle Themen, die meist geschlichtet werden können. Es zeigen sich Eigenheiten, Schrullen und Abhängigkeiten der einzelnen Bewohner. Man kommt sich im Verlauf des Sommers näher. Und auch der Anschluss an die Dorfbewohner, die das Haus „Das Schloss“ nennen gelingt. Die wirkliche Katastrophe bahnt sich am Silvestertag an …

Mir ist der neue Roman ein wenig zu brav, nicht so kritisch und weitsichtig, wie manchmal zuvor, etwa bei Artur Lanz. Monika Maron wirkt nicht mehr so streitbar. Es ist ein guter Roman, der mir das Thema eröffnet, ich habe ihn gern gelesen, aber es ist keine Lektüre geworden, für die ich brenne.

2 Gedanken zu “Neue Romane von Peter Handke und Monika Maron

  1. Schön, deine Besprechung, habe mich entschlossen, den Handke zu lesen – habe ich schon lange nicht mehr. Das Handschriftliche sagt mir auch sehr zu, das Langsamere, Beschaulichere. Ich bin gespannt. Maron war mir noch kein Begriff. Da schaue ich mal in die früheren Werke herein. Viele Grüße!!

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