Connie Palmen: Du sagst es Diogenes Verlag

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Niemand passenderes als die niederländische Autorin Connie Palmen hätte diesen Roman schreiben können. Sie ist so eine erfahrene Schriftstellerin und kluge Frau, die selbst bereits den Verlust zweier Partner durchlebt hat, so dass sie mein vollstes Vertrauen hatte, sich sensibel mit dieser Dichterliebe auseinanderzusetzen und darüber schreiben zu können. In der Tat ist ihr das mit Bravour geglückt. „Du sagst es“ ist eines meiner Herzensbücher in diesem Jahr.

Palmen schreibt aus der Sicht von Ted Hughes über die Beziehung zu Sylvia Plath vom ersten Treffen 1956 bis zu ihrem Freitod 1963. Der Roman ist eng an den letzten Lyrikband Ted Hughes´ „Birthday Letters“ angelehnt. In diesen 88 Gedichten, die 10 Monate vor seinem Tod erschienen, verdichtet Hughes quasi die Geschichte seiner Partnerschaft mit Plath. Nimmt man noch die Tagebücher Silvia Plath´ dazu ergibt sich bereits ein großer Einblick in die Seelenwelten beider Dichter. Connie Palmen hat sicher noch diverse Biografien gelesen, um die Geschichte weiter zu beleuchten. In einem Interview sagte sie, sie wolle die Rolle Ted Hughes´ , den man nach  dem Tod Plath´ stark mitverantwortlich machte, ein wenig in ein anderes Licht bringen. Das ist gelungen und es ist beim Lesen spürbar, wie stark sie sich in die Person des Dichters einfühlen, sozusagen hineinschreiben konnte. So ist es auch sprachlich Lesegenuß.

Palmen geht tief, gibt Einblicke in die symbiotische, oft auch destruktive Beziehung der beiden. Wie sich die wilde Verliebtheit am Anfang in eine oft von Konkurrenzverhalten und Eifersucht getriebene Verbindung im Laufe der sieben Jahre des Zusammenlebens wandelte liest sich fesselnd. Obwohl von vornherein klar ist, dass es kein gutes Ende nimmt, gelingt es Palmen die Spannung zu halten.

„So glücklich sie ein paar Tage nach ihrem achtundzwanzigsten Geburtstag war, als ihr erster Gedichtband herauskam, so unglücklich wurde meine Frau in den Wochen danach. An den Tagen, da die Buchbesprechungen erschienen, kauften wir am Kiosk die wichtigsten Zeitungen und Zeitschriften, blätterten aufgeregt durch und legten sie jede Woche enttäuscht beiseite, weil The Colossus nirgendwo für Aufhebens sorgte.“

Plath und Hughes lernen sich während ihres Studiums in Cambridge auf einer Partie kennen. Hughes, der kühle, attraktive Engländer und Plath, die exaltierte Amerikanerin verlieben sich Hals über Kopf ineinander und sind bereits vier Monate später verheiratet. Plath fördert Hughes Vorankommen als Dichter und tatsächlich ist dieser zunächst erfolgreicher als sie. Ihr wohnen tiefe Selbstzweifel inne, sie hat bereits einen Suizidversuch hinter sich, versucht Kindheitstraumata zu verarbeiten und wird von depressiven Schüben geplagt. Ehrgeizig und perfektionistisch versucht sie dichterischen Ruhm zu erlangen und gesehen zu werden. Hughes hingegen sucht eher den Rückzug. So kommt es oft zu eifersüchtigem (Wett)streit mit vielen Differenzen und Kompromissen. Auf Dauer wird aus der symbiotischen Liebe eine gegenseitige ungesunde Abhängigkeit, die Jahre später, die beiden haben bereits zwei Kinder, durch die „Untreue“ Hughes durchbrochen wird. Nach dem Freitod Plath´ wird er selbst von Freunden als Hauptschuldiger an der Tat seiner Frau hingestellt. Sein weiteres Leben wurde immer davon überschattet. Er antwortete darauf erst viele Jahre später, kurz vor seinem Tod mit den Gedichten in „Birthday Letters“.

„Auf Hunderten von eng beschriebenen Seiten, deren Handschrift mir mit den jeweiligen Schnörkeln verrät, wie sie sich in dem Moment fühlte, fand ich mich manchmal bis zur Unkenntlichkeit entstellt wieder, in einer verzerrten Perspektive gefangen, unverstanden, meine Taten falsch gedeutet, und lernte sie neu kennen, ohne Tarnfassade, traurig, rachsüchtig, misstrauisch und streitbar.“

Hughes veröffentlichte posthum weitere Gedichte und die Tagebücher und bereitete damit auch den Weg für die große Bekanntheit Sylvia Plaths, die später auch als Symbolfigur der Frauenbewegung vereinnahmt wurde.

Die parallele Lektüre der Tagebücher Sylvia Plaths und des Gedichtbandes „Birthday Letters“ von Ted Hughs war bereichernd.

„Du sagst es“ erschien im Diogenes Verlag, wo auch alle anderen empfehlenswerten Romane von Connie Palmen erschienen. Aus dem Niederländischen übersetzte Hanni Ehlers. Eine Leseprobe gibt es hier.

Weitere Blogbesprechungen finden sich unter anderem bei ausgelesen und Zeichen & Zeiten.

3 Gedanken zu “Connie Palmen: Du sagst es Diogenes Verlag

  1. Das Buch hat mir außerordentlich gut gefallen, so dass ich sicher bald wieder etwas von Palmen lesen werde. Vor allem die psychologische Komponente und die Gedanken zum Thema Literatur und Poesie sind faszinierend. Ich hoffe, das Buch hat viele Leser. Deine Besprechung ist ganz wunderbar. Viele Grüße

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    • Danke Constanze! Ich verlinke dich noch, hatte nicht mehr den Überblick, wer das Buch schon besprochen hat.
      Mich hat das Buch sehr berührt, weil es eben auch die Höhen und Tiefen im Dichterleben so genau aufzeigt, was ich als Lyrikschreibende so gut nachvollziehen kann.

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