Sandra Rummler: Seid Befreit Graphic Novel Avant Verlag


Immer wieder merke ich, wie beeindruckt und begeistert ich von gut gezeichneten Graphic Novels bin. Seid befreit von Sandra Rummler ist wieder so ein bemerkenswertes ausdrucksstarkes Exemplar. Die Geschichte ist autobiographisch. Es geht um das Erleben der politischen Wende- und Nachwendezeit in der DDR als Jugendliche.

„Ich bin Mo. Im Winter 76 wurde ich geboren. Unser Haus stand direkt an der Mauer.“

Mo wächst auf mit den Eltern und einer Schwester. In der Schule wird sie als Sportlerin ausgewählt und muss fortan viel trainieren. Doch dem Druck will sie nicht stand halten. Sie träumt lieber vor sich hin und schwänzt Unterricht. (Anmerk. der Rezensentin: Hier wundert es mich ein wenig, dass das ohne Konsequenzen blieb, vor allem weil die Eltern ihren Berufen nach eher regimetreu waren.)

Wir folgen den Ereignissen der Montagsdemonstrationen bis zur plötzlichen Grenzöffnung. Und auch Mos Familie flaniert bald über den Kudamm. Mo fühlt sich zunächst überfordert. Sie spürt oft die Ablehnung, weil sie aus dem Osten kommt, zudem stirbt die geliebte Großmutter.

Ein Jahr später kommt Mo in eine Schule im Westen. Auch dort ist sie dem Mobbing der Schulkameradinnen ausgesetzt. Bald jedoch lernt sie neue Freunde kennen, die ein Haus nebenan besetzt haben. Eine neue Welt tut sich auf.. Den Eltern ergeht es weniger gut. Mo jedoch macht ihre Erfahrungen mit Drogen, mit Ladendiebstählen, mit S-Bahn-Surfen. Als einer der Freunde dabei umkommt, gerät sie in eine tiefe Krise. Danach zieht sie in eine eigene Wohnung, verliebt sich, arbeitet als Sozialarbeiterin. Sie findet ihren eigenen Weg.

„Manchmal würde ich gern meine Heimat besuchen […] Nur für einen Tag und eine Nacht.“


Die Geschichte ist für mich nicht die Hauptsache. Doch die Bilder sind ganz eindrücklich und intensiv. Als Materialien verwendet Rummler viel Fineliner, oft Pastellkreide. Oft verschwimmen die Bilder, die Stadt Berlin ist eine der Hauptprotagonistinnen. Der Blick auf die Stadt, die Moloch sein kann, aber auch Idylle ist äußerst gelungen. Dunkle Farben herrschen vor, unterbrochen von Pastelltönen. Licht und Dunkel. Ihre Figuren wirken comichaft, auch durch die Sprechblasen, abgelöst durch kurze erzählte Sequenzen. Überhaupt gibt es wenig Text. Rummler lässt die Bilder sprechen. Und das tun sie. Empfehlung!

Seid befreit erschien im avant-verlag. Eine Leseprobe gibt es hier. Ich danke dem Verlag für das Rezensionsexemplar.

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