Romane im Herbst – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Herbst 2023 Teil 1 – Unabhängige Verlage


Ergänzend zum Lyrikherbstbeitrag gibt es nun neue Romane, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Heute: Unabhängige Verlage. Auch hier gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Viel Freude beim Entdecken! Im Beitrag danach folgen die Großverlage. Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen.

Gefangen in einer Zeitschleife erlebt Tara Selter immer denselben Tag, während es für alle anderen Menschen, denen sie begegnet, ein immer neuer Anfang ist. Es ist ständig Herbst, sie sehnt sich nach Frühlingssonne und warmen Sommerabenden, nach Schnee und Weihnachten. Um die Jahreszeiten zu rekonstruieren, begibt sie sich in der stillstehenden Zeit auf Reisen durch den Raum. Über die Berechnung des Rauminhalts II sprengt den Rahmen des kleinen Universums, in dem sich der erste Band dieses groß angelegten Romanprojekts abspielt. Raffiniert erweitert Solvej Balle ihren Erkundungsraum, um die Bedingungen unserer Existenz umso tiefer zu erforschen. (Verlagstext) Das Buch erscheint am 21.9.23 im Matthes & Seitz Verlag. Ich bin schon so gespannt, denn der erste Band war grandios: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/03/01/solvej-balle-uber-die-berechnung-des-rauminhalts-i-matthes-seitz-verlag/

Wie freue ich mich auf eine neue Übersetzung von Voskuil. Ich bin riesiger Fan von „Das Büro“ und liebe Maarten und Nicolien. „Die Auseinandersetzungen zwischen Maarten und Nicolien über die Nachbarn im Speziellen und Außenseiter im Allgemeinen werden immer fundamentaler. In fulminanten Streitszenen schafft J.J. Voskuil das bewegende und vor allem urkomische Porträt einer Ehe im Zeichen einer unlösbaren Frage. Dieses Puzzlestück aus Voskuils literarischem Universum, wie immer kongenial übersetzt von Gerd Busse, durfte erst nach dem Tod des Autors veröffentlicht werden. Zu groß war die Sorge, das Porträt der misslingenden Freundschaft könnte die realen Vorbilder verdrießen.“ (Verlagstext) „Die Nachbarn“ erscheint am 17.8.23 im Wagenbach Verlag. Zum „Büro“: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2018/01/30/j-j-voskuil-abgang-der-tod-des-maarten-koning-das-buero-6-7-verbrecher-verlag/

In ihrem neuen preisgekrönten autobiographischen Roman erzählt Brigitte Giraud eine berührende Liebesgeschichte. Schnell leben ist ein überwältigendes Buch über Schuld ohne Schuldige, über die schmerzhafte Erfahrung von Verlust und Trauer, über Trost und das Weiterleben. Lange habe es gedauert, bis sie dieses autobiographische Buch habe schreiben können, sagt die Autorin. Erst jetzt kann sie die Kausalkette rekonstruieren, die zur Katastrophe geführt hat, und umkreist uns alle betreffende universelle Fragen: »Was im Leben löst Katastrophen aus? Existiert Schicksal?« (Verlagstext) Von ihr habe ich vor langer Zeit einige Romane gelesen. Auch die Vorgeschichte zu diesem hier. Außerdem besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/06/23/brigitte-giraud-einen-koerper-haben-s-fischer-verlag/ Erscheint am 31.8.23 in der Frankfurter Verlagsanstalt.

Kein Roman, aber trotzdem dabei: In diesen Gesprächen, die Laure Adler mit Etel Adnan wenige Monate vor deren Tod im Herbst 2021 geführt hat, zeichnet die Künstlerin tiefgründig und emotional die Erfahrungen nach, die ihr poetisches und malerisches Schaffen begründen. Sie erzählt von ihrer Kindheit im Libanon, ihrem Studium an der Sorbonne, den Jahren in New York und vor allem in Kalifornien, bis zu ihrer späten (und »anstrengenden«) Anerkennung auf der documenta in Kassel im Jahr 2012. Das Gespräch zwischen Laure Adler und Etel Adnan wird schnell komplizinnenhaft, denn es ist auch das manchmal schwierige Schicksal von Frauen, das betrachtet und hinterfragt wird. (Verlagstext) Ich liebe Etel Adnans Arbeiten: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2022/10/26/etel-adnan-die-stille-verschieben-edition-nautilus/
„Die Schönheit des Lichts“ erscheint am 21.9.23 im Aki Verlag.

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»Ich muss zu überleben beginnen.« Nüchtern, ruhig und gefasst beobachtet die Frau, deren Stimme wir in Laura Freudenthalers Buch hören, wie die Dinge außer Kontrolle geraten. Die Frau, die hier erzählt, registriert es mit kalter Verzweiflung und wachsender Besessenheit. Sie sucht Zuflucht, wechselt, von Träumen getrieben, ständig ihren Wohnort, tauscht die Zudringlichkeiten der Stadt gegen die Isolation am Land und entfernt sich zunehmend von der Welt, in der man bei Abendeinladungen und Festen über Beziehungen und Psychotherapien spricht. (Verlagstext) Auch hier bin ich sehr gespannt. Die beiden vorigen Romane habe ich sehr geliebt: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2019/02/17/laura-freudenthaler-geistergeschichte-literaturverlag-droschl/Arson“ erscheint am 28.8.23 im Jung und Jung Verlag.

Helen entstammt einer New Yorker Familie, deren einst märchenhafter Wohlstand und liebevolle Verbundenheit miteinander ferne Erinnerung sind. Sie wächst in prekären Verhältnissen auf, der Vater spielt früh keine Rolle, mit der lebensunfähigen Mutter verbindet sie eine heillos verstrickte Beziehung. Schonungslos und wortgewaltig erzählt Janet Hobhouse in ihrem Roman von den Konflikten mit der Mutter und der lebenslangen Suche nach dem eigenen Weg. (Verlagstext) „Die Furien“ erscheint am 16.8.23 im Dörlemann Verlag.

Nehmen wir einmal an, es war so: María beginnt als junge Frau für die beste Kunstgutachterin des Landes zu arbeiten. Enriqueta Macedo, die ausschließlich in druckreifen Sentenzen spricht, lehrt María, wie sich Kunstfälschungen durch genaues Sehen enttarnen lassen. Und sie weiht ihren Schützling in ein wohlgehütetes Geheimnis ein: Als Teil einer Bande erklärt Enriqueta seit Jahren Fakes zu Originalen. Mit sprühendem Witz entführt die Argentinierin María Gainza in ein Spiegelkabinett voller spleenig-nebulöser Figuren, authentischer Fakes und unwahrscheinlich schöner Geschichten: Denn was ist origineller als eine echt gute Fälschung? (Verlagstext) „Schwarzlicht“ erscheint am 17.8.23 im Wagenbach Verlag.

Der Regen trommelt auf den schottischen See, schluckt das Licht des langen Sommertages und lässt die Pfützen brodeln. Hinter den Fenstern der wenigen Ferienhütten bleibt kaum etwas zu tun, als die Nachbarn zu beobachten. Während die Stunden fast unmerklich vergehen, formen die Urlaubsgäste aus flüchtigen Eindrücken ihr Urteil. Mit Witz und Einfühlungsvermögen erzählt Sarah Moss von der menschlichen Fähigkeit zu Grausamkeit und Güte. (Verlagstext) „Sommerwasser“ erscheint am 10.7.23 im Unionsverlag.

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Rote Augen ist ein Roman, der einen nicht mehr loslässt: Mit dem Kunstgriff einer Erzählerin, die durchgehend in indirekter Rede berichtet und somit nur darüber charakterisiert wird, was andere über sie sagen, macht Myriam Leroy die Machtlosigkeit und Isolation spürbar, der Opfer digitaler Gewalt ausgesetzt sind und die sie selbst erlebt hat. Sie zeigt: Der Frauenhass, der sich in den sozialen Netzwerken Bahn bricht, ist kein Online-Phänomen – sondern ein höchst realer Albtraum. (Verlagstext) Erscheint am 4.9.23 in der Edition Nautilus.

Musik ist Simons Beruf und seine Berufung. Doch eines Tages auf einer Sommertournee durch Finnland, als er in einer Kirche Bartóks Solosonate für Violine spielt, passiert es: Zwei Finger der linken Hand verweigern ihren Dienst, Simon muss das Konzert abbrechen. Ganz allein macht Simon sich mit der Natur der kleinen Insel vertraut, dem Meer, den Bäumen, den Möwen, lernt Bootfahren und Holzhacken. Und sucht nach einer Antwort auf die Frage, was er ohne seine Geige sein kann. (Verlagstext) Stefan Mosters „Bin das noch ich“ erscheint am 8.8.23 im Mare Verlag.

Seyoum legt zur letzten Überfahrt des Jahres ab. Seine Geschäfte als Schleuser laufen glänzend. Die Not der Menschen, die zu ihm ins Boot klettern, übersteigt ihre Angst vor dem Mittelmeer. Er sieht in ihren Augen unauslöschliche Hoffnung und die Verachtung seiner Jugendliebe Madiha, die plötzlich leibhaftig vor ihm steht. Was hat damals ihre gemeinsamen Fluchtpläne durchkreuzt? Erwartet sie noch eine gemeinsame Zukunft? (Verlagstext) „Der Schleusser“ von Stephanie Coste erschien im Austernbank Verlag am 1.7.23.

Wie in ihren Theaterstücken gibt Lot Vekemans auch in ihrem zweiten Roman Einblick in die dunklen Räume der menschlichen Seele, indem sie nach den verborgenen Beweggründen für unser tägliches Tun sucht. Der Bestseller aus den Niederlanden: melancholisch, spannend und hochemotional! Der Verschwundene erscheint am 26.7.23 im Wallstein Verlag.

2 Gedanken zu “Romane im Herbst – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Herbst 2023 Teil 1 – Unabhängige Verlage

  1. Im Moment fehlt mir leider die Zeit, mich den Vorschauen ausführlich zu widmen. Deshalb bin ich sehr froh, dass es die Post der Verlage, aber auch solche schönen Vorausblicke wie Deinen Bericht gibt. Danke dafür! Bin auf Teil zwei gespannt. Viele Grüße

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    • Sehr gerne. Mich lenkt die Blogarbeit gerade gut von meiner Wohnsituation ab. Sicher haben bei Dir in der Redaktion gerade aufgrund der Ferien viele Kollegen Urlaub. Aber danach bist Du dran.
      Viele Grüße!

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