Literatur im Herbst – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Herbst 2024 Teil 1 – Großverlage


Schon zu einer schönen Gewohnheit geworden: Neue Romane, Erzählungen und Lyrik aus den Herbstvorschauen, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Heute: Große Verlage auch Publikumsverlage genannt. Es gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Rein zufällig sind hier die Autorinnen in der Mehrzahl. Im nächsten Beitrag folgen die Unabhängigen Verlage. Die Texte im Beitrag stammen aus den Verlagsvorschauen. Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen. Viel Freude beim Entdecken!

Deutschsprachige Autor*innen


Nora Bossong zeichnet in ihrem neuen Roman das intensive Porträt der Frau, die Magda Goebbels wurde, und das ihres jungen Liebhabers. Zwei Menschen in der Maschinerie der historischen Ereignisse, unterschiedlich verstrickt, unterschiedlich schuldig geworden. Auch an sich selbst. Als Hans die junge und schöne Stiefmutter seines Schulfreunds Hellmut Quandt kennenlernt, ahnt er noch nicht, welche Rolle Magda in seinem Leben spielen wird, für ihn persönlich, aber auch Jahre später als fanatische Nationalsozialistin und Vorzeigemutter des »Dritten Reichs«. Reichskanzlerplatz und erscheint am 12.8.24 im Suhrkamp Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2019/09/20/nora-bossong-schutzzone-suhrkamp-verlag/

Die Fabrikarbeiterin Anna wird als Medium verehrt, Johanna Schellmann ist Schriftstellerin. In den Heilstätten Beelitz entsteht eine Verbindung zwischen den ungleichen Frauen, von der beide profitieren – bis der Kampf um Anerkennung und Aufstieg sie zu Rivalinnen macht. Ulla Lenze hat in ihrer unvergleichlich kristallinen Prosa einen großen Roman über die Verführungskraft der Selbsterlösung geschrieben. Versteckt in den Kiefernwäldern vor den Toren Berlins liegen die Arbeiter-Lungenheilstätten Beelitz. Als sich die Fabrikarbeiterin Anna Brenner und die Schriftstellerin Johanna Schellmann hier im Jahr 1907 begegnen, hat das für beide Frauen existenzielle Folgen. „Das Wohlbefinden“ erscheint am 17.8.24 im Klett Cotta Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/02/22/ulla-lenze-der-empfaenger-klett-cotta-verlag/

Von der Bankerin in Zürich zur weltweit operierenden Buchhalterin der kalabrischen Mafia – ein Roman über eine unauffällige Frau. Eine junge Frau zieht in den 1990er Jahren aus der niedersächsischen Provinz nach Zürich, um als Investmentbankerin Karriere zu machen. Dort lernt sie die Welt der Bad Banks kennen, in der weder Grenzen noch Gesetze zu gelten scheinen. Als ihre Karriere jedoch stagniert, erkennt sie, wie viel Freiraum es ihr gewährt, eine Frau zu sein, die übersehen wird: Abseits der Legalität investiert sie bald Millionen. Vor Gericht schließlich schweigt sie. Ihre Geschichte erzählen andere. Isabelle Lehns neuer Roman „Die Spielerin“ erscheint am 14.8.24 im S. Fischer Verlag.

Mit einer sprachlichen Dichte, die berührt, erzählt Judith Kuckart entlang ihrer Biografie und beleuchtet damit eine ganze, ihre, Generation. 1989 stand ich zum letzten Mal als Tänzerin auf der Bühne. Eine wichtige und schüchterne Verlegerin saß im Publikum und meinte: Sie könnten auch mal einen Roman schreiben, Judith. Am 17. Juni 2023 weiß ich noch keinen Titel für meinen neuen Roman. Aber ich weiß, ab jetzt habe ich noch zwanzig grandiose Sommer vor mir – oder?« „Die Welt zwischen den Nachrichten“ erscheint am 13.8.24 im Dumont Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2022/04/12/judith-kuckart-cafe-der-unsichtbaren-dumont-verlag/

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Drei Frauen, die von ihren Müttern nicht geliebt wurden, ein kognitiv beeinträchtigter Junge, der sie verbindet, und ein unerwarteter Tod. Katja Lange-Müller gelingt mit diesem Kammerspiel ein literarisches Wunderwerk. Katja Lange-Müller ist einzigartig in der literarischen Kraft und Präzision, mit der sie Figuren vom Rande der Gesellschaft unterschiedliche Stimmen gibt. Dieser Roman schärft aufs Feinste unser Denken und Empfinden. Er erzählt von ablehnenden Müttern, von den Widersprüchen, aus denen sich eine Persönlichkeit zusammensetzt, von der heimlichen Sehnsucht nach Zuneigung und all den Lebenslügen, die so gelogen manchmal gar nicht sind. „Unser Ole“ erscheint am 5.9.24 im Kiepenheuer & Witsch Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2021/07/02/katja-lange-mueller-drehtuer-kiepenheuer-witsch-verlag/

Sie hat alles gehabt und alles verloren: Sekunden der Unachtsamkeit kosten ihre einzige Tochter das Leben. Tief sieht Linda in den Abgrund und wäre beinahe gefallen, doch da sind hauchfeine Fäden, die sie halten – die Hündin Kaja, die steten Handgriffe im Garten, das Mitgefühl für andere. Wie viel Kraft in ihr steckt, ahnt sie erst, als sie zurückfindet in einen Alltag und zu sich selbst. Daniela Kriens neuer Roman „Mein drittes Leben“ erscheint am 21.8.24 im Diogenes Verlag.

Katja Oskamp erzählt zärtlich und rückhaltlos von den Verwandlungen, die das Dasein bereithält, von brüchigen Lebensläufen, von den Rollen einer Frau und den Körpern in ihrer ganzen Herrlichkeit und Hässlichkeit. Vor allem aber erzählt sie die Geschichte einer großen Liebe. „Die vorletzte Frau“ erscheint am 29.8.24 im Ullstein Verlag park x.

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Ein Dorf im Taunus. Eine Familie aus Dalmatien. Eine zerrissene Kindheit und eine rebellische Jugend. Die vielfach preisgekrönte Autorin Marica Bodrožić erzählt von einer jungen Frau und ihrem Weg in die Freiheit. „Das Herzflorett“ erscheint am 11.9.24 im Luchterhand Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/11/16/marica-bodrozic-mystische-fauna-matthes-seitz-verlag-und-lin-may-saeeds-tierwesen-im-georg-kolbe-museum/

Literarischer Schauder: Sieben Geschichten über das Unheimliche, das Fremde im Bekannten und den alltäglichen Grusel. In sieben Gothic Short Stories lässt sie den Kipppunkt zum Unheimlichen direkt unter unserem Alltag lauern. Denn die Welt wartet nicht, sie dreht sich weiter. Und das Unbegreifliche ist immer schon online und vor Ort. Christiane Neudecker holt die Tradition der dunklen Erzählkunst in unsere digital überstrahlte, postpandemische Wirklichkeit. „Die Welt wartet“ erscheint am 16.10.24 im Luchterhand Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2019/09/01/christiane-neudecker-der-gott-der-stadt-luchterhand-verlag/

Angesichts unserer Gegenwart, in der nichts mehr sicher scheint, schildert Anna Katharina Hahn einen Stuttgarter Chor als Spiegel einer ganzen Stadtgesellschaft. Einfühlsam und unerbittlich porträtiert sie in ihrem neuen Roman Frauen aus drei Generationen – in ihren Stärken und Schwächen, ihren Gefühlen, ihrer Sensibilität und ihrer Gnadenlosigkeit. Anna Katharina Hahns neuer Roman „Der Chor“ erscheint am 9.9.24 im Suhrkamp Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/04/27/anna-katharina-hahn-das-kleid-meiner-mutter-suhrkamp-verlag/

Die junge, verträumte Agathe wächst in einem großbürgerlichen Haushalt auf und möchte eigentlich alles richtig machen. Doch immer wieder eckt sie in der konservativen Gesellschaft des jungen Kaiserreichs an, weder ihre jugendliche Sehnsucht nach Freiheit und Selbstentfaltung noch ihr Wunsch nach Liebe erfüllen sich. Als ihr Bruder ihre Mitgift verspielt, steht ihr nicht einmal mehr eine Vernunftehe offen. Agathe verzweifelt und wird in eine Heilanstalt eingewiesen. Gabriele Reuter (1859–1941) wurde mit dem Roman schlagartig berühmt und dieser zu einem Bestseller. „Aus guter Familie“ erscheint Mitte Juli im Reclam Verlag.

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Als absoluter Fan bin ich voller Vorfreude: Spannend und wendungsreich erzählt Reinhard Kaiser-Mühlecker in »Brennende Felder« von einer Frau, deren Unruhe mit dem Leben zusammenstößt. Lassen sich die Schatten und die Lasten der Vergangenheit ablegen? Und ist es möglich, sich selbst in jeder neuen Lebensphase neu zu erfinden? Wer sind wir, wenn wir uns von unserer Vorgeschichte lossagen? Luisas Antwort auf all diese Fragen ist der Entschluss, Schriftstellerin zu werden, und sie beginnt ihre eigene Geschichte zu erzählen. Der Roman erscheint am 14.8.24 im S. Fischer Verlag.
Zuletzt besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2022/06/01/reinhard-kaiser-muhlecker-wilderer-s-fischer-verlag/

Von Leipzig bis Belgrad, von der DDR bis zur Volksrepublik Jugoslawien, vom Leinwandspektakel bis zum Abenteuerroman. Schonungslos und rasant erzählt »Die Projektoren« von unserer an der Vergangenheit zerschellenden Gegenwart – und von unvergleichlichen Figuren: Im Velebit-Gebirge erlebt ein ehemaliger Partisan die abenteuerlichen Dreharbeiten der Winnetou-Filme. Jahrzehnte später finden an genau diesen Orten die brutalen Kämpfe der Jugoslawienkriege statt – mittendrin eine Gruppe junger Rechtsradikaler aus Dortmund, die die Sinnlosigkeit ihrer Ideologie erleben muss. Und in Leipzig werden bei einer Konferenz in einer psychiatrischen Klinik die Texte eines ehemaligen Patienten diskutiert: Wie gelang es ihm, spurlos zu verschwinden? Konnte er die Zukunft voraussagen? Und was verbindet ihn mit dem Weltreisenden Dr. May, der einst ebenfalls Patient der Klinik war? Clemens Meyers Roman erscheint am 28.8.24 im S. Fischer Verlag.

Als über den Jahreswechsel 1965 vier Menschen an einem altehrwürdigen englischen College spurlos verschwinden, stehen nicht nur die anwesenden Lehrer und Schüler vor einem Rätsel – auch die polizeilichen Ermittlungen laufen ins Leere. Allein Anthony Brewer, ehemals Zögling des Knabeninternats und mittlerweile pensionierter Rechtsanwalt, lässt das damals Geschehene nicht los. Er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den Cold Case aufzuwärmen und das Raven-Hall-Mystery mit den Mitteln der Gegenwart zu lösen. Ein meisterhaft komponierter Roman mit originellen Twists und nachbebender Spannung. Helmut Kraussers neuer Roman „Freundschaft und Vergeltung“ erscheint am 27.6.24 im Berlin Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2015/08/31/helmut-krausser-alles-ist-gut-berlin-verlag/

Im Ruhrgebiet der Siebziger wachsen sie auf wie Brüder. Doch anders als den Ich-Erzähler zieht es Frank früh hinaus in die Welt: Er will als Künstler leben, geht nach New York, malt wie besessen, jedoch ohne Erfolg. Erst als er unheilbar krank ist, kehrt er zurück. Nach langer Zeit begegnen sich die Freunde am Sterbebett zum letzten Mal. So unterschiedlich ihre Lebensläufe, so tief ist die in der Kindheit geknüpfte Verbindung. Und so landen die Bilder aus Franks Nachlass von nun an gut verpackt in der Remise des Erzählers – dem nicht nur Franks Homosexualität stets fremd geblieben ist, sondern auch dessen Kunst. Entlang der gemeinsamen Lebensgeschichte zweier grundverschiedener Männer ergründet Alain Claude Sulzer existenzielle Fragen über Freundschaft und Abschied, (Homo-)Sexualität, Kunst und Ruhm. Fast wie ein Bruder erscheint am 15.8.24 im Galiani Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2019/08/27/alain-claude-sulzer-unhaltbare-zustaende-galiani-verlag/

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Letzter Band der „Trilogie des gegenwärtigen Scheiterns“. Ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzung dieses gesellschaftskritischen Romanzyklus: Es ist der 9. November 2022. Der russische Angriff auf die Ukraine überschattet das private wie das öffentliche Leben. Am Abend wird die erste Einzelausstellung des aufstrebenden Künstlers Fabian Kolb in der berühmten Berliner Galerie Konrad Raspe eröffnet. Je näher die Ausstellung rückt, desto stärker werden Fabians Zweifel, ob er tatsächlich bereit ist, sich auf all die Kompromisse einzulassen, die eine internationale Karriere als Künstler mit sich bringt, zumal sein Galerist sich plötzlich mit schweren Vorwürfen ehemaliger Mitarbeiterinnen konfrontiert sieht. „Innerstädtischer Tod“ von Christoph Peters erscheint am 11.9.24 im Luchterhand Verlag
Zuletzt besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/09/21/christoph-peters-krahen-im-park-luchterhand-verlag/

Wer ist diese Frau? Ihre Stasi-Akten beschreiben Uta als „groß“, „schlank“, „sehr intelligent, z. T. auch sehr raffiniert“. Über vierzig Jahre war Uta Sexarbeiterin. Seit 1971 von der Stasi auf Männer angesetzt, war sie dabei Täterin und Opfer zugleich. In Clemens Böckmanns die Geschichte aufwühlendem Roman erzählen er, sie und die Akten gemeinsam ein Leben. Dabei gibt es keine Wahrheit über die DDR oder die Ausbeutung als Frau – aber Aufmerksamkeit für einen von allen vergessenen Menschen. „Was du kriegen kannst“ erscheint am 21.10.24 im Hanser Verlag.

In seinem mitreißenden Roman „Vaterländer“ erzählt Bestseller-Autor und Filmstar Sabin Tambrea die bewegende Lebensgeschichte seiner rumänisch-ungarischen Familie. Durch die Augen dreier Generationen – des jungen Sabin, seines Vaters Bela und seines Großvater Horea – erleben wir eine emotionale Zeit voller Entbehrungen, Hoffnungen und Entscheidungen, die das Schicksal einer Familie für immer verändern. Der Roman erscheint am 29.8.24 im Gutkind Verlag

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Nordische Autor*innen


Besonders die Erzählungen der Autorin gefielen mir: »Vilhelms Zimmer« ist Tove Ditlevsens literarisches Vermächtnis, der letzte Roman, den sie 1975 veröffentlichte. Er gilt neben der »Kopenhagen-Trilogie« als ihr Meisterwerk, wird als ihr kunstvollster und modernster Roman bezeichnet. Darin tauchen alle Themen auf, für die Ditlevsen steht: Sie erzählt die Geschichte einer Beziehung, die an Wildheit und Intensität kaum zu übertreffen ist, und vom hinreißenden Lebenswerk einer Frau und Künstlerin. Der Roman erscheint am 11.11.24 im Aufbau Verlag.
Zuletzt besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/07/11/tove-ditlevsen-boses-gluck-aufbau-verlag/

Bereits die beiden vorherigen Romane von Pirkko Saisio haben mir gefallen: »Das kleinste gemeinsame Vielfache« ist ein Meisterwerk der Erzählkunst und eine berückend schöne Geschichte über ein unangepasstes Mädchen, das unbeirrt seinen Weg geht. »Das kleinste gemeinsame Vielfache« ist die Geschichte einer Verwandlung und die erste Selbstermächtigung eines kleinen Mädchens, einer zukünftigen Schriftstellerin. Erzählt von der bedeutendsten Ikone Finnlands, deren Werk nun endlich auch auf Deutsch zu entdecken ist.  Der Roman erscheint am 7.9.24 im Klett Cotta Verlag.
Zuletzt besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/11/24/pirkko-saisio-das-rote-buch-der-abschiede-klett-cotta-verlag/

Drei Jahrhunderte, ein mächtiges, friedliebendes Geschöpf und die Lebenswege der Menschen, die von ihm angezogen sind. Iida Turpeinen erzählt in »Das Wesen des Lebens« ausgehend von der ausgestorbenen Stellerschen Seekuh von obsessiven Sammlern und rastlosen Wissenschaftlern, von begeisterten Naturschützern und den Frauen, die an Naturerforschungen immer schon beteiligt waren. Turpeinen lässt uns mit ihrer berührenden Erzählkunst unsere Welt und das Wunder des Lebens mit neuen Augen sehen und verstehen, wie alles mit allem verbunden ist.  Der Roman erscheint am 28.8.24 im S. Fischer Verlag.

Die Lungenschwimmprobe ist ein packender historischer Roman über das Zusammenprallen zweier Welten: die Ausläufer des Mittelalters treffen auf die ersten Ansätze der frühen Aufklärung, dies alles vor dem dramatischen Hintergrund einer barocken Lebenswelt – basierend auf wahren Begebenheiten, die der Autor akribisch recherchiert hat, die Lungenschwimmprobe selbst gilt als Beginn der modernen Rechtsmedizin. Leipzig/Sachsen, im Jahre 1681: die fünfzehnjährige Anna Voigt steht vor Gericht, sie soll ihr neugeborenes Baby getötet haben. Die Obrigkeit will sie verurteilt sehen, es droht ihr der Tod – wie vielen anderen Mädchen und Frauen in dieser Zeit, die des gleichen Verbrechens bezichtigt werden. Der Roman von Tore Renberg erscheint am 23.10.24 im Luchterhand Verlag.

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Internationale Autor*innen


Die vor vielen Jahren erschienenen Romane „Fluchtstücke“ und „Wintergewölbe“ von Anne Michaels habe ich geliebt: »Wir wissen, dass das Leben endlich ist. Warum also sollten wir glauben, dass der Tod ewig währt?« Weil selbst kleinste Schaltpunkte nachwirken, reiben und entzünden sich Zusammenhänge im Laufe der Jahre immer wieder aneinander – es entsteht ein dicht gewobener Roman über Beziehungen und Erinnerung. Zeitpfade erscheint am 26.9.24 im Berlin Verlag.

Bereits “ Das Verschwinden der Erde“ gefiel mir sehr: Auf einer Insel im Nordwesten der USA lebt Sam mit ihrer Schwester Elena und der schwerkranken Mutter in ärmlichen Verhältnissen. Sie beide träumen von einem besseren Leben, davon, woanders neu anzufangen. Dann, eines Nachts, erblickt Sam einen Bären, der durch die dunklen Gewässer vor der Küste schwimmt. Noch kann sie nicht ahnen, dass das wilde Tier die Welt der beiden Schwestern aus den Angeln heben und ihren lang gehegten Traum in Gefahr bringen wird. Cascadia von Julia Phillips erscheint am 22.7.24 im Hanser Blau Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2021/03/13/julia-phillips-das-verschwinden-der-erde-dtv-verlag/

Cusks Romane habe ich alle gelesen: Parade erzählt von einem Leben, das viele andere Leben enthält – von Weiblichkeit, Kunst und Macht, Familie und Freiheit, und davon, woraus wir uns immer wieder aufs Neue erfinden. Rachel Cusk stellt Sprache und Denken auf den Kopf und zeigt uns die Welt, wie sie wirklich ist. Rachel Cusk setzt ein erzählerisches Karussell in Gang und erzählt uns frappierende Episoden, die sich an den entscheidenden Punkten kreuzen und überlagern. Der neue Roman erscheint am 15.7.24 im Suhrkamp Verlag.
Zuletzt besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2022/02/15/rachel-cusk-der-andere-ort-suhrkamp-verlag/

Die Schwestern Ezra und Cinthy Kindred wachsen wohlbehütet in Salt Point an der Ostküste der USA auf. Sie verbringen die Tage mit ihrer gemeinsamen besten Freundin Ruby, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass jemals etwas zwischen ihnen stehen könnte. Mit einer Sprache, die so gewaltig ist und dabei von einer einzigartig klaren Zärtlichkeit, lässt uns Rachel Eliza Griffiths ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte nachspüren. Eine Geschichte aus der Vergangenheit, die aktueller jedoch kaum sein könnte. „Was ihr uns versprochen habt“ erscheint am 18.9.24 im Penguin Verlag.

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Helen Hansford ist alles andere als eine konventionelle Frau – erst recht für die Sechzigerjahre. Unter der Woche arbeitet sie als Kunsttherapeutin in einer psychiatrischen Klinik, an den Wochenenden versucht sie, eine Beziehung zu retten, die sie nicht wirklich glücklich macht. Dann begegnet Helen dem stummen William Tapping, der das Haus seiner verwirrten alten Tante seit Jahren nicht verlassen hat. Während die meisten in dem neuen Patienten nicht mehr als eine Randfigur sehen, bemerkt Helen seine künstlerische Begabung und setzt alles daran, sein Geheimnis zu lüften. Der Roman „Scheue Wesen“ erscheint am 1.8.24 im Eisele/Ullstein Verlag.

Orvil Red Feather kommt nicht los von den Schmerzmitteln. Er weiß, er ist ein Klischee: verletzt ins Krankenhaus rein, geheilt und abhängig wieder raus – eine zeitgenössische Tragödie. Doch die Sucht zieht sich schon lange durch seine Familie. 1864 kämpft Jude Star, ein Vorfahre Orvils, als Kind gegen die brutale Austreibung seiner indigenen Sprache und Kultur. Am Ende ist es der Alkohol, der ihn kurzzeitig in seiner Trauer auffängt und schließlich niederstreckt. Meisterhaft verknüpft Tommy Orange die Schicksale zweier Jungen, zwischen denen 150 Jahre Kolonialgeschichte liegen, und zeigt uns Amerika in neuem Licht: als ein Kontinuum von Vertreibung und Gewalt, das nur hin und wieder von lichten Momenten des Widerstands unterbrochen wird. „Verlorene Sterne“ erscheint am 19.8.24 im Hanser Berlin Verlag.

1934: Moskau ist ein Labyrinth aus Angst und Verrat. Jeder kann jederzeit verhaftet werden. Auch Ossip Mandelstam, dessen gegen Stalin gerichtetes Gedicht keiner lesen darf, das aber alle kennen. Da ruft Stalin selbst Pasternak an. Drei Minuten dauert das legendäre Telefonat zwischen Diktator und Dichter. Stalin fragt, ob Pasternak Mandelstams giftige Verse kenne. Ja oder nein, jede Antwort führt in eine Falle und entscheidet über Mandelstams Leben oder Tod.  Bis heute ist es ein Rätsel, was Pasternak in diesen drei Minuten sagte: Warum konnte er Mandelstam nicht retten? Ismail Kadares „Der Anruf“ erscheint am 29.1.25 im S. Fischer Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2017/08/25/ismail-kadare-die-verbannte-s-fischer-verlag/

Booker Prize 2023: An einem regennassen Abend in Dublin öffnet die Wissenschaftlerin und vierfache Mutter Eilish Stack ihre Haustür und steht zwei Beamten der neu gegründeten irischen Geheimpolizei gegenüber. Sie sind gekommen, um ihren Mann Larry, einen bekannten Gewerkschafter, zu verhören. Kurz nach dieser Begegnung verschwindet Larry, und sehr schnell beginnen die Dinge in Eilishs Welt aus dem Ruder zu laufen. Irland befindet sich in der Gewalt einer Regierung, die auf dem Weg in die Tyrannei ist. »Das Lied des Propheten« ist ein atemloses Porträt einer Familie am Rande der Katastrophe, das stilistisch und emotional seinesgleichen sucht. Paul Lynchs meisterhafter Roman ist das Buch der Stunde – und ein Appell, die entstehenden autoritären Regime der Gegenwart zu bekämpfen. Erscheint am 13.7.24 im Klett Cotta Verlag.

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Buchmesse Gastland Italien: Marina Jarre erzählt von der Kindheit im multikulturellen Riga der 1930er Jahre. Vom jähen Bruch, als sie nach der Trennung der Eltern zu ihren Großeltern ins faschistische Italien kommt. Von der Aneignung einer neuen Sprache, in der sie zu ihrer Stimme und ihrer Wut findet, in der sie mit ihren Kindern spricht und sich von der Tochterrolle befreit, von der Wandlung der kleinen Lügnerin zur großen, wahrhaftigen Schriftstellerin.“ „Weit entfernte Väter“ erscheint am 23.9.24 im Hanser Berlin Verlag.

Buchmesse Gastland Italien: „Eines Morgens verschwindet die Lehrerin im Wald. Während das Klassenzimmer leer bleibt und ihre Verwandten Straßen und Bäche absuchen, scheint sie immer mehr mit der sie umgebenden Natur zu verschmelzen. Hinter den geschlossenen Fensterläden und in den Straßen des piemontesischen Ortes Biella ist man unterdessen ratlos: Was ist mit Silvia geschehen? Und wer ist sie wirklich? Die gutmütige Lehrerin, für die sie alle halten, oder doch eine Außenseiterin, die etwas zu verbergen hat? Als ein Junge aus der Schule bei einem Streifzug durch den Wald auf die Lehrerin stößt, scheint die Suche ein Ende zu nehmen. Aber was macht man mit einer vermissten Frau, die nicht gefunden werden will?“ „In den Wald“ von Maddalena Vaglio Tanet erscheint am 9.9.24 im Suhrkamp Verlag.

Maryam ist 13 Jahre alt. Die Teenagerjahre durchlebt sie in Wut, Wut auf die Langeweile im Pariser Vorort Drancy, wo sich ihre aus dem Iran stammenden Eltern mit ihr niedergelassen haben. Maryam steht als Figur stellvertretend für eine Grenzgängerin. Für ihr Bemühen, sich zu verändern und sich dabei gleichzeitig die Treue zu halten, hat die Autorin eine bezaubernde Sprache gefunden, die Witz und Ironie nicht entbehrt, aber dabei keine Krise auf die leichte Schulter nimmt. Maryam Madjidis Roman „Eine feine Linie“ erscheint am 22.10.24 im Nagel & Kimche Verlag.

Lyrik aus Israel: Agi Mishol ist die populärste Dichterin Israels, ihre Gedichte sind melancholisch, selbstironisch und berühren durch die Lebendigkeit ihrer erstaunlichen Bilder. Als Tochter von Holocaustüberlebenden geht die Lyrikerin auch den Spuren des heutigen Leids nach, ob sie über einen umgepflanzten Olivenbaum schreibt, der für die Entwurzelung der Palästinenser steht, oder von einer zwanzigjährigen Schahidin, die „unterm weiten Kleid schwanger mit Sprengstoff“ geht. Trotz aller Konflikte überwiegen in Mishols Gedichten die Lichtblicke, denn auch wenn es „unter der Sonne nichts Neues gibt / über ihr vielleicht schon“. „Gedicht für den unvollkommenen Menschen“ erscheint am 22.7.24 im Hanser Verlag.

Lyrik im Frühjahr 2024 – Eine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Teil 3


Nach Romanen und Erzählungen nun: Mein Blick auf die Lyrik in den Frühjahrsvorschauen 2024 der Verlage. Aber: Es ist ein sehr subjektiver Blick, es ist eine sehr kleine Auswahl diesmal, es sind die, die mir für mich am vielversprechendsten erscheinen. Womöglich habe ich das eine oder andere übersehen. Vielleicht wird der Beitrag später auch noch ergänzt, da manche Verlage ihre Neuerscheinungen noch nicht öffentlich gestellt haben. Viel Vergnügen beim Entdecken!

Was ein Gedicht sein kann? Alles. Frieda Paris‘ Debüt »Nachwasser« ist durchlässig, tiefschichtig, auffächernd. Hier schreibt eine Schreibende, die den Einflüsterungen ihrer Wortmütter ebenso lauscht wie denen eines Vogels, der auf ihrer Schreibschulter ein Nest gebaut hat. Der Text lässt seine Leserinnen und Leser an der Entstehung eines langen Gedichts teilhaben, nimmt sie mit an den SCHNEIDETISCH, wo alles zusammenfindet: gestrandetes Poesiegut, Tränensalz, Wörter der Kindheit (Text Verlagsvorschau) Erscheint im Frühjahr 24 bei Edition Azur/Voland & Quist.

Politsprache sei immer darauf aus, einen Konsens zu suggerieren, Mehrheiten zu behaupten, Gegenmeinungen, anders Denkende und Sprechende zu vereinzeln, sagte die Dichterin Barbara Köhler einmal im Interview und dichtete: »Ich harre aus im Land und geh ihm fremd.« In der DDR geboren und aufgewachsen, begann sie früh, durch und über die Sprache Machtverhältnisse aufzulösen, das Feststehende aufzukündigen, die Bedeutungen aufzubrechen. (Verlagstext) Schriftstellen erscheint am 11.03.24 im Suhrkamp Verlag.

Elke Laznia fokussiert in „Fischgrätentage“ das, was die Zeit mit unseren Körpern macht, mit unserem Geist, was Bindungen sind, was von ihnen bleibt. Und immer geht es um den Verlust. Der Verlust als die Quelle, an die jede/r angeschlossen ist. Der Verlust, der teilbar und mitteilbar ist. Es ist ein poetisches Schreiben entlang der letzten Dinge, wider das Nützlichkeitsdenken und die marktgängige Optimierung unseres Bewusstseins. Damit der menschliche Geist nicht restlos von der Maschine ersetzt wird, darf er nicht selbst maschinenhaft werden. Lyrik ist dabei ein wirksames Antidot. (Verlagstext) Der Band erscheint am 01.03.24 im Müry Salzmann Verlag.

Von Klängen des Stundenholzes getragene Erzählgedichte, sprachanalytische Gedichte oder solche, die lakonisch etwas behaupten, werden in Fußnoten, Kommentaren und Kurzessays fortgeführt und geben Einblick in den literarischen Schaffensprozess. Die sinnliche und zugleich metaphysische Poesie wechselt zwischen Lebensbejahung und -überdruss, zwischen erlittenem Mangel und Glücksempfinden. (Verlagstext) Stundenholz von Alexandru Bulucz erscheint am 20.3.24 im Schöffling Verlag.

Der Schriftsteller Wolfgang Borchert (1921-1947) zählt zu den bekanntesten Vertreter*innen der Trümmerliteratur. Sein lyrisches Werk erzählt von seiner Heimatstadt Hamburg, dunklen Abenden und Nächten, von Liebe, Rausch und Abschied. Die Gedichte lesen sich wie ein Streifzug durchs Laternenlicht der Stadt, hin- und hergerissen zwischen Melancholie und Lebenshunger. Wolfang Borcherts Texte begleiten die Illustratorin Roberta Bergmann schon seit ihrer Jugend. Um sein lyrisches Werk zu ehren, hat sie frei und experimentell Illustrationen geschaffen, die Borcherts Gedichte visuell ergänzen, weitererzählen und so näher ins fahle Laternenlicht rücken. (Verlagstext) Laternenträume erscheint am 26.02.24 im Kunstanstifter Verlag.

Ich gehe zurück, zum Anfang / des Endes. Egal wie düster die Bilanz ausfällt, der Mensch und die Welt verlangen nach Verteidigung. Und nichts eignet sich dazu besser als Gedichte, als diese Gedichte, so umstandslos und klar. (Verlagstext) Fedor Pellmanns „Nur noch den Abend erreichen“ erscheint am 22.02.24 im Jung und Jung Verlag.

Wo das Land aufhört, das Land beginnt, wie lang die Küste wirklich ist, weiß niemand, verändert doch das Meer die Linie, Länge, Lage, verwischt es die Grenzen zwischen dem, was fest, und dem, was flüssig ist. Zwischen düsterem Märchen, mythischer Schöpfungserzählung und irrwitziger urban legend bewegen sich die Gedichte, aus ihnen erhebt sich ein vielstimmiger Chor, changierend wie das Licht, das sich an den Wellen bricht, um von all den Wechselwirkungen und Vorkommnissen am Meeresrand zu künden (Verlagstext) Sue Goyettes „Ozean“ erscheint am 07.03.24 im Matthes & Seitz Verlag.

Mit „Blaudunkel“ legt Juliane Blech erstmals einen Lyrikband vor, der sich prononciert an ein erwachsenes Publikum richtet. Darin versammelt sie 75 Texte, Liebes- und Dinggedichte, Verse aus dem Alltag, zur Welt-Befragung, im Fokus der Natur, vom Wandel der Zeit berichtend. Die Gedichte ziehen ihre Stärke oft aus der Stille, dem gefestigten Staunen, immer wieder aus dem elementaren Erlebnis der Liebe. Reime und Assonanzen treten auf, auch Reihen und Serien, klare Linien wie Metaphern-Knoten. (Verlagstext) Der Band erscheint im Februar 24 bei Mitteldeutscher Verlag.


Gedichte sind Flaschenpost, das wissen wir seit Mandelstam und Celan. Diese Post ist Gesang und Gebet, Protokoll und Analyse. Im Idealfall spricht sie aus, was sonst ungesagt und ausgegrenzt bleibt. Olga Martynova arbeitet als Lyrikerin im Bewusstsein des reichen Erbes, das die avantgardistische Kunst des 20. Jahrhunderts hinterlassen hat. Olga Martynovas Gedichte lassen Raum für Trauer und Krieg, für Befragung und Wut, aber auch für das Alltägliche und die Bewunderung der Welt. (Verlagstext) Such nach dem Namen des Windes erscheint am 27.03.24 im S. Fischer Verlag.

Langgedichte, Kurzgedichte, Tanka und natürlich Sonette, diese Antriebsraketen für alle anderen Gedichtformen, umfasst Thomas Kunsts neuer Gedichtband. Und am Ende eines jeden Kapitels steht das Meistersonett, ein Brief an seine Katze . Voller Anmut und feinem Humor sind diese Verse, befremdend schön, und eine Art Schutzzauber gegen alles, was uns Angst macht, gegen eine gewaltbereite Welt. (Verlagstext) Der Band erscheint am 18.03.24 im Suhrkamp Verlag.

Marianne Jungmaier sind Bilder von großer Kraft und Intensität gelungen. Sie entstehen weniger aus Beobachtung und Nacherzählung, sondern aus dem magischen Austausch mit der Natur, aus dem Reflektieren über Prozesse des Werdens, Wachsens und Vergehens, aus gegenseitigem Miteinander und Umkreisen. (Verlagstext) Gesang eines womöglich ausgestorbenen Wesens erscheint im März 24 im Otto Müller Verlag.

Romane und Erzählungen im Frühjahr – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Frühjahr 2024 – Teil 2: Unabhängige Verlage


Heute gibt es nun den zweiten Teil mit Neuerscheinungen aus den Unabhängigen Verlagen: Neue Romane und Erzählungen, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auch hier gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Rein zufällig überwiegen wie so oft bei mir die Autorinnen. Viel Freude beim Entdecken! Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen. Im nächsten Blogbeitrag folgt dann noch die Lyrik.

In Über die Berechnung des Rauminhalts III schlägt Solvej Balle hoffnungsvollere Töne an und entwirft als Gegengewicht zu Taras bisheriger Angst, die Welt aufzubrauchen, die Idee eines positiven Fußabdrucks: Die lähmende Einsamkeit weicht der Dynamik eines Kollektivs, das entschlossen ist, der Zeitschleife zu entkommen – und bis dahin das Beste daraus zu machen. Ein origineller, radikal unideologischer Kommentar zum Verbrauch der Ressourcen und der Verantwortung des Einzelnen gegenüber der Menschheit. (Verlagstext) Der Band erscheint am 31.05.24 im Matthes & Seitz Verlag. Die ersten Bände habe ich hier besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/10/31/solvej-balle-uber-die-berechnung-des-rauminhalts-ii-matthes-seitz/

Die beiden hochsensiblen Protagonist*innen stehen dem Bösen in unterschiedlicher Gestalt gegenüber, kämpfen um das eigene Überleben, das von Tieren und das von Werten. Im Zentrum von Samota steht die Empathie und die Frage, warum sie so vielen Menschen fehlt oder abhandengekommen ist. Ein geheimnisvolles Buch mit Noir-Elementen und magischem Realismus, das für nicht weniger einsteht als eine bessere Welt und ein glückliches, friedvolles Miteinander (Verlagstext). Der Roman von Volha Hapeyeva erscheint am 29.2.24 im Literaturverlag Droschl. Ihren Lyrikband habe ich bereits hier besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/03/17/volha-hapeyeva-trapezherz-literaturverlag-droschl/

Nach ihrer sehr persönlichen Erzählung An das Wilde glauben führt auch Nastassja Martins neues Buch wieder nach Kamtschatka, wo die Lesenden auf alte Bekannte stoßen: die Even. Doch in Im Osten der Träume reflektiert die Anthropologin nun die ganze Geschichte ihrer Zeit mit den Even. Nastassja Martin begleitet sie und beschreibt, wie das Kollektiv den Dialog mit den Tieren und den Elementen wieder aufnimmt, wobei Träume eine essenzielle Rolle spielen. (Verlagstext) Das Buch erscheint am 28.3.24 im Matthes & Seitz Verlag. Ihr letztes Buch habe ich hier besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2021/05/19/nastassja-martin-an-das-wilde-glauben-matthes-seitz/

Mit großer Fabulierlust entwickelt Kerstin Hensel eine Geschichte, in der Traumsequenzen, Zeitsprünge und (Ab)brüche die Grenzen zwischen Realität und Imagination auflösen. Reale historische Ereignisse mischen sich mit Anklängen an die Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen, Bergmannssagen und fantastischen Begebenheiten, die an E.T.A. Hoffmann erinnern. (Verlagstext) Die Glückshaut erscheint am 14.02.24 im Quintus Verlag.

Im Mittelpunkt von Meri Valkamas von Beginn an fesselnder Erzählung steht die Suche einer jungen Frau nach drängenden Antworten. In ihrer prall erzählten Geschichte gelingt der Autorin ein sehr menschliches Buch, das nach und nach die zerbrechlichen Fragmente der Erinnerungen ihrer Protagonistin und damit die Geschichte der Familie Siltanen zusammensetzt. Und sie erzählt von einer untergegangenen Epoche, denn die selbst in Ostberlin aufgewachsene Valkama zeichnet gleichzeitig ein lebendiges Bild
vom Untergang einer Ideologie und der bis ins Private reichenden Kollateralschäden. (Verlagstext) „Deine Margot“ erscheint am 16.02.24 in der Frankfurter Verlagsanstalt.

Ein sinnliches und poetisches Romangemälde, das von unsicheren Zeiten und vom Licht der Liebe erzählt, ein Roman im Stillleben. Katrin Schumacher verwebt literarische Fantastik, Schauerroman und Naturbeobachtung zu einer poetischen Liebesgeschichte, die von der existenziellen Verunsicherung unserer Zeit erzählt. Weder in der Kultur noch in der Natur finden die Figuren Halt. Was geht und was bleibt? Vielleicht nur eine Liste, die Liste der gebliebenen Dinge. (Verlagstext) Der Roman erscheint am 19.02.24 im Leykam Verlag.

Die Protagonisten von Michela Murgias Geschichten erleben alle auf ihre Weise einen radikalen Umbruch: Sie verlieren sämtliche Gewissheiten – und finden die unterschiedlichsten Antworten auf das, was ihnen geschieht. Sie treffen ungewöhnliche Entscheidungen, kämpfen ums Überleben, erfinden sich neue Rituale oder wählen die kontrollierbare Katastrophe, um der unkontrollierbaren zu entgehen.Ein Mut machendes Buch über Krisen und Neuanfänge, wahrhaftig und hell. (Verlagstext) Drei Schalen erscheint am 01.02.24 im Wagenbach Verlag.

Wie schon in ihrem Debütroman Blauschmuck geht es Katharina Winkler auch in Siebenmeilenherz darum, das Schweigen zu brechen, mit dem Gewalterfahrungen von Frauen in Familien und in der Liebe belegt sind. Aus tiefer Überzeugung, dass Literatur Empathie ermöglichen und Veränderungen auslösen kann, findet die preisgekrönte Autorin eine beeindruckende Sprache, einen adäquaten ästhetischen Ausdruck für das, worüber keiner spricht. (Verlagstext). Der Roman erscheint am 7.3.24 im Matthes & Seitz Verlag. Ihr Debüt habe ich hier besprochen:
https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/04/30/katharina-winkler-blauschmuck-suhrkamp-verlag/

Jo & Gina: Zwei Frauen, zwei Epochen – ein rauschhafter Roman über die Liebe und die Kunst.
Frankreich und Holland um 1900. Die junge Jo van Gogh-Bonger verliert ihren geliebten Mann Theo an die Syphilis. Kurz zuvor hat sich Theos Bruder Vincent van Gogh erschossen. Jo bleibt nichts als ein Baby und Hunderte Bilder des noch unbekannten Malers. Sie beschließt, Vincent weltberühmt zu machen, und setzt damit eine gigantische Erfolgsstory in Gang. (Verlagstext) Die Entflammten von Simone Meier erscheint am 29.02.24 im Kein & Aber Verlag.

Ende des 19. Jahrhunderts: Die 16jährige Hélène, Tochter aus gutem Haus, wird mit einem höheren k&k-Beamten verheiratet. In der Ehe mit dem auf der Karriereleiter immer höher steigenden Diplomaten vereinsamt Hélène und wird »gemütskrank«. Eine Scheidung kommt nicht in Betracht. Schließlich wird das Irrenhaus für sie zum Zufluchtsort, den sie erst nach dem Tod ihres Mannes verlässt. (Verlagstext) Hélène – Befreiung ins Irrenhaus von Eva Geber erscheint im März 24 im marsyas Verlag.

Paris um 1890, eine junge Cabaret-Tänzerin wird in die Nervenheilanstalt Salpêtrière eingeliefert. Um die Existenz der rätselhaften Krankheit «Hysterie» zu beweisen, veranstaltet der leitende Nervenarzt in der Klinik Vorführungen vor internationalem Publikum. Dabei scheint nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen: Die jungen Patientinnen bewegen sich unkontrolliert, verdrehen die Augen, brechen vor der Zuschauerschaft zusammen. (Verlagstext) Nachtblaue Blumen von Alexander Kamber erscheint im März 24 im Limmat Verlag.

Walpurga Hausmännin ist im 16. Jahrhundert Hebamme und grausam zugerichtetes Opfer eines Hexenprozesses. Charlotte-Rose de Caumont de la Force ist adelige Schriftstellerin im Frankreich des 17. Jahrhundert und schreibt „Persinette“ auf, die Vorläufergeschichte zu „Rapunzel“. Susanne Wenger, geboren 1915 in Graz, geht nach dem Zweiten Weltkrieg nach Nigeria, arbeitet dort als Künstlerin und wird Yoruba-Priesterin. (Verlagstext) Hexensommer von Sophie Reyer erscheint am 04.03.24 in der Edition Keiper.

Der Fall Miriam Behrmann ist mehr als ein intelligent und spannend geschriebenes Universitätsdrama, es ist ein hochaktueller, moderner, temporeicher Text, der kollidierende Selbstverständnisse der Generationen vorführt und dabei existenzielle Fragen berührt. Der Konflikt zwischen Miriam Behrmann und Selina Aksoy beschreibt einen Clash of Cultures, einen aktuellen Generationenkonflikt, bei dem über den gesamten Verlauf des Romans hinweg in der Schwebe gehalten wird, wer im Recht und wer im Unrecht ist: die junge, charismatische, auf politische Aktivitäten und Privatleben bedachte Selina Aksoy oder die ambitionierte Professorin mit ihrem eigenen unerbittlichen Arbeitsethos. (Verlagstext) Lydia Lewitschs Roman erscheint am 08.03.24 in der Frankfurter Verlagsanstalt.

1839 verspricht die gerade einmal 19-jährige Léonie d’Aunet bei einem Salongespräch in Paris, ihren nicht anwesenden Verlobten, den Maler François-Auguste Biard, von der Teilnahme an einer Forschungsreise in die Arktis zu überzeugen. Ihre Bedingung: Sie kommt mit, als einzige Frau unter der sonst männlichen Besatzung. Die Reise führt sie auf dem Land- und Seeweg von Paris an die norwegische Küste und weiter nach Spitzbergen, wo sie sich bitterster Kälte und größter Gefahr aussetzt, um Zauber und Schrecken des ewigen Eises zu erleben. (Verlagstext) Reise einer Frau in die Arktis erscheint am 12.03.24 im mare Verlag.

Rebecca Cohen genießt als Tochter eines sephardischen Unternehmers die Privilegien der Istanbuler Oberschicht. Doch als sich in den 1920er-Jahren die Stimmung in Europa verdüstert, beginnt für sie eine jahrelange Odyssee, die sie über Barcelona und Havanna bis nach New York führt. Kantika (»Lied«) ist eine eindringliche, lyrische Erzählung über Identität und Exil und eine inspirierende Geschichte weiblicher Resilienz, mit der Elizabeth Graver ihrer Großmutter Rebecca Cohen ein Denkmal setzt. (Verlagstext) Erscheint am 20.02.24 im Mare Verlag.

Als ihr verwitweter Adoptivvater kurz vor ihrem 43. Geburtstag stirbt, nimmt Sally Diamond ihn beim Wort: Sie versucht, ihn mit dem Müll zu verbrennen. So wie er es ihr gesagt hat. Ein Fehler, denn nun interessieren sich plötzlich alle für die seltsame Frau, die sich gerne taub stellt, wenn sie unter Menschen geht und am liebsten für sich bleibt. Seltsame Sally Diamond ist ein Psychothriller vom Feinsten, ein Buch das unter die Haut geht, düster, hochspannend und ergreifend. Vor allem aber mit einer Hauptfigur, die so entwaffnend ehrlich, liebenswert und einzigartig ist, dass man sie nicht vergisst. (Verlagstext) Liz Nugents Roman erscheint am 28.03.24 im Steidl Verlag.

In seinem neuen Roman über Sehnsucht und Schuld beleuchtet Otto de Kat ein dunkles Kapitel der Kolonialgeschichte und stellt die Frage, ob man dem Gewicht der Vergangenheit jemals entkommen kann. (Verlagstext) Die Stunde des Elefanten erscheint am 22.02.24 im Schöffling Verlag.

Wien im Kriegswinter 1917/18: Sigmund Freud plant, sein analytisches Erbe an seine jüngste Tochter weiterzugeben. Doch Anna kämpft ihren eigenen Kampf. – Ein suggestiver Roman von Bestsellerautor und Tiefenpsychologe Tom Saller. Virtuos erzählt Tom Saller die Geschichte einer therapeutischen Dreiecksbeziehung, der Entdeckung des Todestriebes und der Selbstbehauptung von Anna Freud (Verlagstext). Ich bin Anna erscheint am 21.02.24 im Kanon Verlag.

Im London der Neunzigerjahre war Jay einer der vielversprechendsten jungen Künstler. Heute hat er keinen festen Wohnsitz, er schläft in seinem Auto und liefert Lebensmittel in Upstate New York aus. Mit »Blue Ruin« schafft Hari Kunzru ein groteskes Porträt der Kunstwelt und zugleich ein hochaktuelles Gesellschaftspanorama, das unter die Haut geht. (Verlagstext) Erscheint am 14.05.24 im Liebeskind Verlag. Sein letztes Buch habe ich begeistert gelesen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2021/10/20/hari-kunzru-red-pill-liebeskind-verlag/

Jon Fosse ist der Mystiker unter den Schriftstellern. Was liegt hinter den Dingen? Was macht den Menschen im Grunde aus? Solche Fragen treiben den Norweger um, der 1959 im Küstenstädtchen Haugesund geboren wurde. Seine Theaterstücke und Romane entwickeln einen hypnotischen Sog – dies auch, weil die Stille, das Unausgesprochene bei ihm stets ebenso präsent sind wie die Worte. Mit dem Nobelpreis ist Fosse im Literaturolymp angekommen. Heute sagt Fosse: »Alles, was ich schreibe, ist eine Art Gebet.« (Verlagstext) Mystik und Whisky erscheint am 23.05.24 im Kampa Verlag.

Romane und Erzählungen im Frühjahr – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Frühjahr 2024 – Teil 1: Große Verlage


Schon zu einer schönen Gewohnheit geworden: Neue Romane und Erzählungen aus den Frühjahrsvorschauen, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Heute: Große Verlage auch Publikumsverlage genannt. Es gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Rein zufällig (wie schön) sind hier die Autorinnen in der Mehrzahl. Viel Freude beim Entdecken! Im nächsten Beitrag folgen die Unabhängigen Verlage, darauf die Lyrik. Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen.

Lieblingsautorinnen:

Ich bin großer Fan von Valerie Fritsch und freue mich sehr auf den neuen Roman. „Sprachgewaltig, in packenden Bildern und Episoden erzählt Valerie Fritsch in ihrem neuen Roman von der Ungeheuerlichkeit einer Liebe, die hilflos und schwach macht, die den anderen in mentaler und körperlicher Abhängigkeit hält. Ein Entkommen ist nicht vorgesehen, es sei denn um den Preis, selbst schuldig zu werden.“ (Verlagstext) Zitronen erscheint am 12.02.24 im Suhrkamp Verlag. Von ihr zuletzt auf dem Blog besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/03/22/valerie-fritsch-herzklappen-von-johnson-johnson-suhrkamp-verlag/

Kaiserin ist, wer sich selbst für eine hält. Irene Diwiaks Roman sprüht vor Witz, Biss und Fantasie. Mit liebevoller Ironie und immerwährendem Augenzwinkern schenkt sie ihrer Protagonistin einen letzten großen Auftritt, der es in sich hat. (Verlagstext) Die allerletzte Kaiserin erscheint am 24.04.24 im C. Bertelsmann Verlag. Von ihr zuletzt auf dem Blog besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/04/05/irene-diwiak-sag-alex-er-soll-nicht-auf-mich-warten-c-bertelsmann-verlag/

„Am Sund angekommen, ahnt die Erzählerin nicht, welche Geheimnisse die Gegend birgt. Von der nahegelegenen Insel Lykke schwappen nachts seltsame Gesänge über das Wasser ans menschenleere Festland – oder ist das nur Einbildung? Auf der Insel merkt sie schnell, dass dort trotz des vermeintlichen Idylls etwas nicht stimmt. «Sund» ist der entschlossene Versuch einer Geisteraustreibung, der ebenso frei und unangepasst voranschreitet wie seine Erzählerin selbst.“ (Verlagstext) Laura Lichtblaus zweiter Roman erscheint am 15.02.24 im C.H.Beck Verlag. Ihren Debütroman mochte ich sehr: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/08/17/laura-lichtblau-schwarzpulver-c-h-beck-verlag/

Ich bin sehr gespannt auf den zweiten Roman von Deniz Ohde. „Ich stelle mich schlafend“ erzählt von den dunklen Seiten einer Liebe – und die Geschichte einer Befreiung. Ein eindringlicher Roman über den Versuch einer Auslöschung und über die Frage, ob es eine Berührung gibt, die den Kern eines Menschen unwiederbringlich verändert.“ (Verlagstext) Deniz Ohdes zweiter Roman erscheint am 11.03.24 im Suhrkamp Verlag. Ihren Debütroman habe ich hier besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/09/08/deniz-ohde-streulicht-suhrkamp-verlag/

Nordische Autorinnen:

Das Schlimmste passiert dort, wo wir uns sicher fühlen: in der eigenen Familie. Was nach dem plötzlichen Tod des Vaters zunächst wie ein Erbstreit zwischen Geschwistern aussieht, wird für die ältere Schwester Bergljot zu einem Kampf um die jahrzehntelang verdrängte Wahrheit. Es geht nicht um Geld und Besitz. Es geht darum, wem die Vergangenheit gehört. Mit unverwechselbarer Konsequenz erzählt Vigdis Hjorth von der Sehnsucht nach Anerkennung, von der Kraft der Befreiung und von der Frage, ob wir unserer eigenen Geschichte vertrauen dürfen. (Verlagstext) Ein falsches Wort erscheint am 13.03.24 im S. Fischer Verlag. Ihr vorheriger Roman hat mir sehr gut gefallen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/11/02/1000-blogbeitrag-vigdis-hjorth-die-wahrheiten-meiner-mutter-s-fischer-verlag/

„Eine Abiturientin verlässt ihre Geburtsstadt Helsinki, um in der fernen Schweiz die Liebe und Anerkennung zu finden, die ihr in ihrem sozialistischen Elternhaus versagt geblieben ist. Doch in der Fremde erkennt sie, dass ihre Sehnsucht nach Zugehörigkeit sie immer enger in ihrem Korsett verschnürt, statt sie daraus zu befreien. Die vielfach ausgezeichnete finnische Autorin Pirkko Saisio findet eine einzigartige Sprache für die Kraft und den Mut, den es braucht, um die Gesetze der Kindheit zu durchbrechen und die eigene Bestimmung zu finden.“ (Verlagstext) Gegenlicht erscheint am 16.03.24 im Klett Cotta Verlag. Ihren Roman „Das rote Buch der Abschiede“ mochte ich sehr: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/11/24/pirkko-saisio-das-rote-buch-der-abschiede-klett-cotta-verlag/

Der Urlaub in Lappland soll die lang ersehnte Erholung für Karo und Risto bringen. Doch dann kommt es zu einem Autounfall und die beiden sitzen fest, in einem Hotel namens Arctic Mirage. Leicht verletzt und noch halb unter Schock bewegen sie sich sehr unterschiedlich durch die luxuriöse Anlage inmitten der Schneelandschaft. Terhi Kokkonen beschreibt den gefährlichen Drahtseilakt eines Paares, das ein dunkles Geheimnis hütet. Und die Anziehungskraft einer Landschaft, deren gedämpftes Weiß Gefahr verheißt. (Verlagstext) Arctic Mirage erscheint am 29.01.24 im Hanser Berlin Verlag.

Schweden in den 1950er Jahren. Else-Maj ist sieben Jahre alt, als sie das vertraute Leben im Sámi-Dorf und die wärmende Gegenwart ihrer geliebten Rentiere hinter sich lassen und in ein sogenanntes Nomadeninternat gehen muss. Im Land der Rentiere wird eine Gruppe von Kindern ihrer Welt entrissen und in ein entlegenes Internat verbracht, wo sie sich großen Herausforderungen stellen müssen. Eine unvergessliche Geschichte über dunkle Geheimnisse, Hoffnung und Zusammenhalt und die Rückkehr ins Licht. (Verlagstext) Die Zeit im Sommerlicht von Ann-Helén Laestadius erscheint am 04.04.24 im Hoffmann & Campe Verlag.

Nochmal nordisch:

Lappland 1944: Nachdem die Truppen der deutschen Wehrmacht aus Finnland vertrieben wurden und dabei alles zerstörten, was auf ihrem Weg lag, müssen zehntausende Menschen ihre Heimat verlassen. Wie ein großer Strom nimmt Rosa Liksom in ihrem neuen Roman ihre Figuren auf, treibt sie immer weiter, wie das Leben selbst, bettet sie ein in den Lauf der Jahreszeiten und verknüpft dabei meisterhaft die Geschichte einer Flucht mit einer einfühlsamen Coming-of-Age-Erzählung. (Verlagstext) Über den Strom erscheint am 26.06.24 im Penguin Verlag.

Kopenhagen, Hochsommer: Fünf Jugendliche und die namenlose Erzählerin leben nach längeren Aufenthalten in der Psychiatrie in einem betreuten Wohnheim, das ihnen den Weg zurück in den Alltag erleichtern soll. Die Abläufe sind einfach, aber nicht selbstverständlich: Kochendes Wasser ist für Tee, nicht zur Selbstverletzung gedacht, und ein offenes Fenster ist keine Einladung zum Sprung. (Verlagstext) Weiches Königreich von Fine Gråbøl erscheint am 19.03.24 im Ecco Verlag.

Wie kommt es, dass sich eine junge Kopenhagenerin Anfang des 19. Jahrhunderts allein auf eine lange, beschwerliche und gefährliche Seereise nach Hongkong macht? Erst als sein Vater auf dem Totenbett liegt, fragt ihn Lars Saabye Christensen nach jener Zeit, die seine Großeltern im fernen Osten verbrachten. Er begibt sich auf eine Spurensuche, die Überraschungen bereit hält. Weder Phantasie noch Vermutungen können die Leerstellen und Lücken füllen, die sich bei der Recherche auftun. Doch indem er sich akribisch an die vorhandenen Quellen hält, zeichnet Lars Saabye Christensen ein umso faszinierenderes Gemälde einer Zeit, einer Familie, eines Paares, einer Frau (Verlagstext) Meine chinesische Großmutter erscheint am 13.03.24 im BTB Verlag. Zuletzt von Christensen auf dem Blog: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2018/05/25/lars-saabye-christensen-magnet-btb-verlag/

Autorinnen, übersetzt

Ein Londoner Künstler und ein französischer Linguist landen im Sommer 1979 auf einer abgelegenen irischen Insel. Der Künstler ist angereist, um die zerklüfteten Klippen im Atlantik zu malen, der Linguist, um den Niedergang der irischen Sprache zu verfolgen. Jeder der Männer will die unberührte Insel und seine Bewohner für sich alleine haben. Vor dem Hintergrund Nordirlandkonflikts, erzählt der Roman vom harten Leben der Inselbewohner und von ihren Träumen – die sie über die harschen Grenzen ihrer abgeschiedenen Realität hinausführen. (Verlagstext) Das Habitat von Audrey Magee erscheint am 21.05.24 im Nagel und Kimche Verlag.

Dieses Buch ist ein eindrucksvolles Fresko von Rom, der verführerischsten Stadt von allen: widersprüchlich, in ständigem Wandel und ein Zuhause für diejenigen, die wissen, dass sie nicht ganz dazugehören können, sich aber trotzdem dafür entscheiden. «Das Wiedersehen» ist ein meisterhaftes Werk einer der großen Schriftstellerinnen unserer Zeit. Jhumpa Lahiri hat es in ihrer geliebten Wahlsprache Italienisch verfasst und erzählt wie keine andere von Heimat und Zugehörigkeit. (Verlagstext) Erscheint am 14.05.24 im Rowohlt Verlag. Ihren letzten Roman habe ich hier besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/07/16/jhumpa-lahiri-wo-ich-mich-finde-rowohlt-verlag/

Gaea Schoetersʼ preisgekrönter Roman ist von einer außerordentlichen erzählerischen Wucht. Die Tiefenschärfe, mit der sie die Geräusche und Gerüche der Natur beschreibt, lässt einen sinnlich erleben, was einen moralisch an die Grenzen zwischen Richtig und Falsch führt. Hunter, steinreich, Amerikaner und begeisterter Jäger, hatte schon fast alles vor dem Lauf. Endlich bietet ihm sein Freund Van Heeren ein Nashorn zum Abschuss an. Hunter reist nach Afrika, doch sein Projekt, die Big Five vollzumachen, wird jäh von Wilderern durchkreuzt. (Verlagstext) Trophäe erscheint am 19.02.24 im Zsolnay Verlag.

Das Mädchen ist tot, die Haushälterin wird vernommen. Zum ersten Mal hören alle Estela zu. Szene um Szene offenbart sie ein schwindelerregendes Kammerspiel unüberbrückbarer Klassenunterschiede. Sieben Jahre hat Estela im Haus der fremden Familie gelebt, hat tagein, tagaus für sie gesorgt. Auf engstem Raum ringen vier Menschen ums Überleben und rasen doch unausweichlich auf eine Katastrophe zu. (Verlagstext) Mein Name ist Estela von Alia Trabucco Zerán erscheint am 19.02.24 im Hanser Berlin Verlag.

Autoren und last but not least ein Sachbuch über Autorinnen

„Der Kampf eines Mannes, der nichts zu verlieren hat. Gegen die Welt und sich selbst. Einst war Konrad Widuch begeisterter russischer Revolutionär, kämpfte in der Reiterarmee. Unter Stalins Herrschaft verliert er alles, den Glauben an die Sowjetunion, seine junge Familie, die Zukunft. Szczepan Twardoch schickt seinen Helden auf eine zum Zerreißen spannungsvolle Lebensreise. Russland, der hohe Norden, das 20. Jahrhundert in all seinen Abgründen prägen diesen Weg.“ (Verlagstext) Kälte erscheint am 16.04.24 im Rowohlt Berlin Verlag. Bereits auf dem Blog besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/07/25/szczepan-twardoch-drach-rowohlt-verlag/

„In überraschenden Wendungen erzählt Bakker von einem Mann, dessen Leben wider seinen Willen Fahrt aufnimmt. Der Sohn des Friseurs ist ein berührender Roman über Sehnsucht, das Bedürfnis nach Nähe und die Notwendigkeit, die Grenzen des Bekannten zu durchbrechen.“ (Verlagstext) Gerbrand Bakkers neuer Roman erscheint am 12.02.24 im Suhrkamp Verlag. Von Bakker habe ich bereits auf dem Blog besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/10/07/gerbrand-bakker-jasper-und-sein-knecht-suhrkamp-verlag/

„Im August 2022 wird Salman Rushdie während einer Lesung in New York auf offener Bühne mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt. Mehr als dreißig Jahre, nachdem das iranische Regime wegen seines Romans »Die satanischen Verse« die Fatwa gegen ihn ausgesprochen hat, holen ihn diese Ereignisse ein. Salman Rushdie überlebt den Anschlag und hält seinem Angreifer das schärfste Schwert entgegen: Er verarbeitet diese unvorstellbare Tat zu Weltliteratur.“ (Verlagstext) Knife erscheint am 16.04.24 im Penguin Verlag.

Nicole Seifert erzählt die Geschichte der Gruppe 47 aus einer neuen Perspektive: der der Frauen. Ihr Ergebnis kommt einer Sensation gleich. Ein kluges, augenöffnendes Buch, das sofort große Lektürelust entfacht. Schriftstellerinnen wie Gisela Elsner und Gabriele Wohmann müssen neu gelesen, Schriftstellerinnen wie Ruth Rehmann, Helga M. Novak und Barbara König neu entdeckt werden.  Ein ganz neuer Blick auf die Gruppe 47 und die Nachkriegsliteratur, der uns bis in die Gegenwart führt. „Einige Herren sagten etwas dazu“ erscheint am 08.02.24 im Kiepenheuer & Witsch Verlag.

Auf dem Blog Zeichen & Zeiten gibt es eine weitere Vorschau aufs Frühjahr.

Romane im Herbst – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Herbst 2023 Teil 2 – Großverlage


Ergänzend nun zum Lyrikherbstbeitrag und zum Teil 1 mit unabhängigen Verlagen auch neue Romane aus den großen Verlagen, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auch hier gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Viel Freude beim Entdecken! Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen. Gänzlich unbeabsichtigt habe ich hier wesentlich mehr Autorinnen ausgesucht als Autoren.

Frauen schreiben, Frauen lesen:

Humorvoll, poetisch und höchst originell schreibt Marion Poschmann über angepasste Freundinnen und aufbegehrende Mütter, über den Frevel an der Natur und ihre fragile Schönheit, über die Dämonisierung von Frauen und die Kraft der Verbundenheit. Chor der Erinnyen ist keine Fortsetzung, sondern eine Parallelgeschichte zu ihrem bei Kritik und Publikum überaus erfolgreichen letzten Roman Die Kieferninseln. (Verlagstext) Das Buch durfte ich schon vorab lesen und bin mittendrin. Sehr gut, sag ich mal. „Die Kieferninseln“ habe ich geliebt: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2017/10/05/marion-poschmann-die-kieferninseln-suhrkamp-verlag/ Erscheint am 9.9.23 im Suhrkamp Verlag.

Die gefeierte Bestsellerautorin Zadie Smith überrascht mit einem literarischen historischen Roman, der sich um einen der bekanntesten Gerichtsfälle Englands dreht: Der Tichborne-Fall, der Arm gegen Reich aufwiegelte. Basierend auf realen historischen Ereignissen ist »Betrug« ein schillernder Roman über Wahrheit und Fiktion, Jamaika und Großbritannien, Betrug und Authentizität und das Geheimnis des Andersseins. (Verlagstext) Erscheint am 2.11.23 im Kiepenheuer & Witsch Verlag.

Unsereins ist der Roman einer Stadt und ihrer Gesellschaft, ihrer Bürger und Lohndiener, der Handwerker und, vor allem, ihrer Frauen. Ob Dienstmädchen, Hausfrau, Weißnäherin oder Schriftstellerin, ob manisch-depressiv wie Marthes Mutter, durchlässig wie Marthe selbst, die mit eigenen und fremden Erwartungen ringt. Inger-Maria Mahlke erzählt von Identität und Zugehörigkeit, von Geschlecht und Klasse, von Macht- und Liebesverhältnissen – von allem, was nicht nur den vormals «kleinsten Staat des deutschen Reichs», Lübeck, formte und zusammenhielt. (Verlagstext) Erscheint am 14.11.23 im Rowohlt Verlag.

Katharina, Tierärztin im Ruhestand, erbt ein abgelegenes Gutshaus nordöstlich von Berlin. Schnell ist die Idee geboren, dort eine Kommune mit Freunden einzurichten, um den steigenden Mietpreisen in Berlin zu entfliehen und im Alter nicht allein zu sein. Bei Eva, Katharinas Freundin, sträubt sich zunächst alles gegen die Vorstellung, mit Menschen jenseits der Sechzig zusammenzuziehen. Doch dann lässt sie sich notgedrungen auf das Experiment ein und akzeptiert einen Neuanfang. Das Haus ist ein ebenso ergreifender wie weiser Gesellschaftsroman, in dem Monika Maron universelle Themen des Lebens, der Liebe und des Alters neu verhandelt. (Verlagstext) „Das Haus“ erscheint am 5.10.23 im Hoffmann & Campe Verlag.

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In eindringlichen Bildern erzählt Maja Haderlap in ihrem neuen Roman aus dem Leben dreier Generationen von Frauen, von ihren Verstrickungen in aufgezwungene und verinnerlichte Leitbilder und ihrem Ringen um Autonomie. Die Geschichte der Nachtfrauen ist eine der Verluste, des Schweigens und der Schuld, in der trotz allem die Nachsicht und der Respekt füreinander, vielleicht sogar die Liebe, nicht aufgegeben werden. (Verlagstext) Erscheint am 11.9.23 im Suhrkamp Verlag.

Kein Roman, aber vielversprechend: Mit abgründigem Humor entlarvt Jane Campbell unsere bigotten Vorstellungen vom Alter und stellt ihnen ehrliche Erzählungen von später Intimität und Liebe und existenzieller Verlorenheit gegenüber. (Verlagstext) Das Buch habe ich mir gerade gekauft, weil ich finde, dass „alte“ Autorinnen viel zu wenig Raum bekommen. Die ersten Seiten sagten mir sofort zu. „Kleine Kratzer“ erschien am 24.7.23 im Kjona Verlag.

Wie ist es, wenn das Leben noch einmal neu anfängt? Doris Knechts neuer Roman ist die zutiefst menschliche und intime Selbstbefragung einer Frau, die an einem Wendepunkt steht. Sie versucht, die Wahrheit über sich selbst herauszufinden. Und zugleich weiß sie, dass ihr das niemals gelingen wird. (Verlagstext) Klingt ein wenig wie die Fortsetzung von „Die Nachricht“: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2021/08/31/doris-knecht-die-nachricht-hanser-berlin-verlag/
„Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe“ erschien am 24.7.23 im Hanser Berlin Verlag.

Nach ihrem vielbeachteten Debütroman „Scham“ legt Inès Bayard einen spannenden psychologischen Roman vor über eine Frau, die ihre Vergangenheit nicht länger verdrängen kann. Ein literarisches Meisterwerk, bei dem man nicht eine Sekunde lang ahnt, wohin der Weg an Lenis Seite noch führen wird … Inès Bayards neuer Roman über eine Frau, deren Welt aus den Fugen gerät – mitten in Berlin Steglitz. (Verlagstext) Scham gefiel mir sehr gut: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/02/17/ines-bayard-scham-zsolnay-verlag/ „Steglitz“ erscheint am 25.9.23 im Zsolnay Verlag.

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Von großen und kleinen Lügen, Glücksmomenten und Enttäuschungen, von Zuneigung und Schmerz erzählt Dana Vowinckel in ihrem Debütroman. Gewässer im Ziplock ist eine mitreißende Familiengeschichte zwischen jüdischer Tradition und deutschem »Gedächtnistheater«. Eine Geschichte voller Leben und Menschlichkeit. (Verlagstext) Endlich erscheint der Roman von Dana Vowinckel, deren Text mir beim Bachmannpreislesen 2021 so gut gefiel. Und da ich vorab lesen durfte: Empfehlung! Am 21.8.23 im Suhrkamp Verlag.

Eine abgründige Geschichte von Abhängigkeit und Macht, von Manipulation und Grenzüberschreitung. Nach dem gefeierten Debüt „The Girls“ der langersehnte neue Roman von Emma Cline. (Verlagstext) Ich bin gespannt, wie sich die Schreibe Emma Clines entwickelt hat seit „The girls“ und höre rundum nur Gutes: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/10/28/emma-cline-the-girls-hanser-verlag/ „Die Einladung“ erschien am 24.7.23 im Hanser Verlag.

Nach ihrem gefeierten Debüt legt die Schweizerin Gianna Molinari erneut ein eindrucksvolles Porträt über die wechselseitige Durchdringung von Natur und Kultur vor, einen Roman, der unsere Vorstellungen von Wachstum und Stillstand hinterfragt und dabei ebenso viel poetische wie politische Kraft entfaltet. (Verlagstext) Ihr letzter Roman „Hier ist noch alles möglich“ gefiel mir sehr: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2018/09/05/gianna-molinari-hier-ist-noch-alles-moeglich-aufbau-verlag/ „Hinter der Hecke die Welt“ erscheint am 12.9.23 im Aufbau Verlag.

Tess Gunty ist die jüngste Preisträgerin des National Book Award seit Philipp Roth und das größte Talent der amerikanischen Literaturgeschichte seit David Foster Wallace. »Der Kaninchenstall« verspricht eine solch intensive Lektüre, dass man kaum noch von »lesen« sprechen mag. »Durchleben«, »durchstaunen« wären bei diesem Meisterwerk weitaus angebrachter, gar »Erlebnis« kommt einem in den Sinn. Eine schonungslos schöne und beißend komische Momentaufnahme des zeitgenössischen Amerikas, eine hinreißende und provokante Geschichte über Einsamkeit und Sehnsucht, Verstrickung und schließlich: Freiheit. (Verlagstext) Auch dieses Buch liegt schon hier und die ersten Seiten lassen Verwegenes erwarten. Erschienen am 6.7.23 im Kiepenheuer & Witsch Verlag.

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Nordische Autorinnen:

Johanna ist keine gute Tochter. Um sich zu retten, hat sie die Familie verlassen. Jetzt, dreißig Jahre später, ist sie wieder zu Hause. Sie sucht Nähe, sie will den Kontakt zur Mutter erzwingen, doch die verweigert sich kühl jeder Annäherung. Heimgesucht von den Erinnerungen an die Kindheit zieht Johanna sich in eine einsame Hütte am Fjord zurück, wo es an ihr ist, die Verhältnisse zu ordnen und sich aus den familiären Zwängen zu befreien. (Verlagstext) Vigdis Hjorths Roman „Die Wahrheiten meiner Mutter“ erscheint am 27.9.23 im S. Fischer Verlag.

Zwei Frauen, ein erschütterndes Unglück. Poetisch und herausfordernd erzählt Lina Nordquist von Widerständigkeit, Verlust und Triumph. Norrland um 1900: Unni, Armod und der kleine Roar mussten überhastet aus Norwegen fliehen. Inmitten der blauen Berge und dunkelgrünen Wälder Hälsinglands finden sie ein neues Zuhause. Doch die brutalen Launen der Natur und des Landbesitzers lassen die kleine Familie kaum Frieden finden. Mehr als 70 Jahre später plant Kåra die Beerdigung ihres Schwiegervaters Roar. Was ist damals wirklich passiert? (Verlagstext) „Mein Herz ist eine Krähe“ erscheint am 28.8.23 im Diogenes Verlag.

Pirkko Saisios preisgekrönter Roman erzählt von einer sexuellen und künstlerischen Befreiung. Ihre Protagonistin sucht in Helsinki nach der Liebe und kämpft um Selbstbestimmung – zu einer Zeit, in der Kunst und Kommunismus eine unheilvolle Allianz bilden und queere Liebe nur im Untergrund stattfindet. Die Entdeckung des Werks von Pirkko Saisio ist eine literarische Sensation. (Verlagstext) Das rote Buch der Abschiede erscheint am 4.11.23 im Klett Cotta Verlag.

Eine junge Grönländerin hat noch ihr ganzes Leben vor sich und hadert dennoch mit vielem: Sie hat eine Freundin, die sie liebt. Ihre Familie ist fürsorglich – vielleicht zu sehr. Sie wird demnächst Grönland verlassen, um in Kopenhagen zu studieren. Und doch fühlt sie sich fehl am Platz: zu dick und nicht gewürdigt in ihrer Kultur, die so viele Demütigungen erlitten hat. Und dann sieht sie täglich die gebrochenen Herzen auf Facebook, die für die vielen jungen Selbstmörder*innen in Grönland stehen. Niviaq Kornenliussen erzählt mit großer literarischer Kraft, aber auch frischem Humor von der Suche nach Identität, der kulturellen Verwurzelung und dem inneren Halt im Leben. (Verlagstext) Dieser Roman erhielt 2021, als erster grönländischer Beitrag überhaupt, den Literaturpreis des Nordischen Rates. „Das Tal der Blumen“ erscheint am 1.11.23 im BTB Verlag.

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Autoren:

In Peter Handkes neuem Buch durchdringen sich Gegenwart und Vergangenheit, scheint das eine ins andere zu kippen, steht alles »auf Messers Schneide«. Auf seinem Weg zurück zur Familie, durch einstmals bekannte Landschaften hält der Erzähler immer wieder inne, Kindheitserlebnisse werden wachgerufen, innere Stimmen treten ins Zwiegespräch. Was einmal war, hat sich unwiderruflich verändert – und bleibt dennoch vertraut. (Verlagstext) Zuletzt besprochen: Die Obstdiebin: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2018/01/13/peter-handke-die-obstdiebin-suhrkamp-verlag/
„Die Ballade des letzten Gastes“ erscheint am 30.10.23 im Suhrkamp Verlag.Suhrkamp Verlag.

Daniel Kehlmanns Roman über Kunst und Macht, Schönheit und Barbarei ist ein Triumph. Lichtspiel zeigt, was Literatur vermag: durch Erfindung die Wahrheit hervortreten zu lassen. (Verlagstext) Erscheint am 10.10.23 im Rowohlt Verlag.

Professor Sxdney T. Baumgartner, unter Freunden Sy, ist ein über siebzigjähriger emeritierter Phänomenologe aus Princeton, der sich dem Schreiben philosophischer Bücher und, zunehmend, seinen Jugendreminiszenzen widmet: seiner kleinbürgerlichen Herkunft aus Newark; der schwierigen Ehe der Eltern, dem Collegebesuch und einem Studienaufenthalt in Paris; schließlich der wie ein Blitz einschlagenden Liebe zur Übersetzerin und Dichterin Anna, mit der er die glücklichsten Jahre verbrachte, bevor sie vor zehn Jahren einem Badeunfall zum Opfer fiel. Eine Mut machende, tröstliche und optimistische Betrachtung der letzten Lebensjahre, die sich der Endlichkeit alles Irdischen stoisch bewusst ist. (Verlagstext) Zuletzt gelesen das großartige 4321: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2017/02/17/paul-auster-4321-rowohlt-verlag/
Erscheint am 7.11.23 im Rowohlt Verlag.

In seinem neuen Buch erzählt Uwe Timm von seinen Lehrjahren als Kürschner im Hamburg der Fünfzigerjahre. Von kuriosen Erlebnissen im Beruf und der Welt der Mode, von besonderen Freundschaften und den Büchern, die sein Leben verändert haben. Ein großartiges Buch der Erinnerungen und des Aufbruchs, präzise und poetisch. Ein sprechendes Zeitbild, ein Initiationsroman der Liebe, des Lesens, des Arbeitens und Träumens. (Verlagstext) „Alle meine Geister“ erscheint am 7.9.23 im Kiepenheuer & Witsch Verlag.

Romane im Herbst – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Herbst 2023 Teil 1 – Unabhängige Verlage


Ergänzend zum Lyrikherbstbeitrag gibt es nun neue Romane, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Heute: Unabhängige Verlage. Auch hier gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Viel Freude beim Entdecken! Im Beitrag danach folgen die Großverlage. Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen.

Gefangen in einer Zeitschleife erlebt Tara Selter immer denselben Tag, während es für alle anderen Menschen, denen sie begegnet, ein immer neuer Anfang ist. Es ist ständig Herbst, sie sehnt sich nach Frühlingssonne und warmen Sommerabenden, nach Schnee und Weihnachten. Um die Jahreszeiten zu rekonstruieren, begibt sie sich in der stillstehenden Zeit auf Reisen durch den Raum. Über die Berechnung des Rauminhalts II sprengt den Rahmen des kleinen Universums, in dem sich der erste Band dieses groß angelegten Romanprojekts abspielt. Raffiniert erweitert Solvej Balle ihren Erkundungsraum, um die Bedingungen unserer Existenz umso tiefer zu erforschen. (Verlagstext) Das Buch erscheint am 21.9.23 im Matthes & Seitz Verlag. Ich bin schon so gespannt, denn der erste Band war grandios: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/03/01/solvej-balle-uber-die-berechnung-des-rauminhalts-i-matthes-seitz-verlag/

Wie freue ich mich auf eine neue Übersetzung von Voskuil. Ich bin riesiger Fan von „Das Büro“ und liebe Maarten und Nicolien. „Die Auseinandersetzungen zwischen Maarten und Nicolien über die Nachbarn im Speziellen und Außenseiter im Allgemeinen werden immer fundamentaler. In fulminanten Streitszenen schafft J.J. Voskuil das bewegende und vor allem urkomische Porträt einer Ehe im Zeichen einer unlösbaren Frage. Dieses Puzzlestück aus Voskuils literarischem Universum, wie immer kongenial übersetzt von Gerd Busse, durfte erst nach dem Tod des Autors veröffentlicht werden. Zu groß war die Sorge, das Porträt der misslingenden Freundschaft könnte die realen Vorbilder verdrießen.“ (Verlagstext) „Die Nachbarn“ erscheint am 17.8.23 im Wagenbach Verlag. Zum „Büro“: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2018/01/30/j-j-voskuil-abgang-der-tod-des-maarten-koning-das-buero-6-7-verbrecher-verlag/

In ihrem neuen preisgekrönten autobiographischen Roman erzählt Brigitte Giraud eine berührende Liebesgeschichte. Schnell leben ist ein überwältigendes Buch über Schuld ohne Schuldige, über die schmerzhafte Erfahrung von Verlust und Trauer, über Trost und das Weiterleben. Lange habe es gedauert, bis sie dieses autobiographische Buch habe schreiben können, sagt die Autorin. Erst jetzt kann sie die Kausalkette rekonstruieren, die zur Katastrophe geführt hat, und umkreist uns alle betreffende universelle Fragen: »Was im Leben löst Katastrophen aus? Existiert Schicksal?« (Verlagstext) Von ihr habe ich vor langer Zeit einige Romane gelesen. Auch die Vorgeschichte zu diesem hier. Außerdem besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/06/23/brigitte-giraud-einen-koerper-haben-s-fischer-verlag/ Erscheint am 31.8.23 in der Frankfurter Verlagsanstalt.

Kein Roman, aber trotzdem dabei: In diesen Gesprächen, die Laure Adler mit Etel Adnan wenige Monate vor deren Tod im Herbst 2021 geführt hat, zeichnet die Künstlerin tiefgründig und emotional die Erfahrungen nach, die ihr poetisches und malerisches Schaffen begründen. Sie erzählt von ihrer Kindheit im Libanon, ihrem Studium an der Sorbonne, den Jahren in New York und vor allem in Kalifornien, bis zu ihrer späten (und »anstrengenden«) Anerkennung auf der documenta in Kassel im Jahr 2012. Das Gespräch zwischen Laure Adler und Etel Adnan wird schnell komplizinnenhaft, denn es ist auch das manchmal schwierige Schicksal von Frauen, das betrachtet und hinterfragt wird. (Verlagstext) Ich liebe Etel Adnans Arbeiten: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2022/10/26/etel-adnan-die-stille-verschieben-edition-nautilus/
„Die Schönheit des Lichts“ erscheint am 21.9.23 im Aki Verlag.

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»Ich muss zu überleben beginnen.« Nüchtern, ruhig und gefasst beobachtet die Frau, deren Stimme wir in Laura Freudenthalers Buch hören, wie die Dinge außer Kontrolle geraten. Die Frau, die hier erzählt, registriert es mit kalter Verzweiflung und wachsender Besessenheit. Sie sucht Zuflucht, wechselt, von Träumen getrieben, ständig ihren Wohnort, tauscht die Zudringlichkeiten der Stadt gegen die Isolation am Land und entfernt sich zunehmend von der Welt, in der man bei Abendeinladungen und Festen über Beziehungen und Psychotherapien spricht. (Verlagstext) Auch hier bin ich sehr gespannt. Die beiden vorigen Romane habe ich sehr geliebt: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2019/02/17/laura-freudenthaler-geistergeschichte-literaturverlag-droschl/Arson“ erscheint am 28.8.23 im Jung und Jung Verlag.

Helen entstammt einer New Yorker Familie, deren einst märchenhafter Wohlstand und liebevolle Verbundenheit miteinander ferne Erinnerung sind. Sie wächst in prekären Verhältnissen auf, der Vater spielt früh keine Rolle, mit der lebensunfähigen Mutter verbindet sie eine heillos verstrickte Beziehung. Schonungslos und wortgewaltig erzählt Janet Hobhouse in ihrem Roman von den Konflikten mit der Mutter und der lebenslangen Suche nach dem eigenen Weg. (Verlagstext) „Die Furien“ erscheint am 16.8.23 im Dörlemann Verlag.

Nehmen wir einmal an, es war so: María beginnt als junge Frau für die beste Kunstgutachterin des Landes zu arbeiten. Enriqueta Macedo, die ausschließlich in druckreifen Sentenzen spricht, lehrt María, wie sich Kunstfälschungen durch genaues Sehen enttarnen lassen. Und sie weiht ihren Schützling in ein wohlgehütetes Geheimnis ein: Als Teil einer Bande erklärt Enriqueta seit Jahren Fakes zu Originalen. Mit sprühendem Witz entführt die Argentinierin María Gainza in ein Spiegelkabinett voller spleenig-nebulöser Figuren, authentischer Fakes und unwahrscheinlich schöner Geschichten: Denn was ist origineller als eine echt gute Fälschung? (Verlagstext) „Schwarzlicht“ erscheint am 17.8.23 im Wagenbach Verlag.

Der Regen trommelt auf den schottischen See, schluckt das Licht des langen Sommertages und lässt die Pfützen brodeln. Hinter den Fenstern der wenigen Ferienhütten bleibt kaum etwas zu tun, als die Nachbarn zu beobachten. Während die Stunden fast unmerklich vergehen, formen die Urlaubsgäste aus flüchtigen Eindrücken ihr Urteil. Mit Witz und Einfühlungsvermögen erzählt Sarah Moss von der menschlichen Fähigkeit zu Grausamkeit und Güte. (Verlagstext) „Sommerwasser“ erscheint am 10.7.23 im Unionsverlag.

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Rote Augen ist ein Roman, der einen nicht mehr loslässt: Mit dem Kunstgriff einer Erzählerin, die durchgehend in indirekter Rede berichtet und somit nur darüber charakterisiert wird, was andere über sie sagen, macht Myriam Leroy die Machtlosigkeit und Isolation spürbar, der Opfer digitaler Gewalt ausgesetzt sind und die sie selbst erlebt hat. Sie zeigt: Der Frauenhass, der sich in den sozialen Netzwerken Bahn bricht, ist kein Online-Phänomen – sondern ein höchst realer Albtraum. (Verlagstext) Erscheint am 4.9.23 in der Edition Nautilus.

Musik ist Simons Beruf und seine Berufung. Doch eines Tages auf einer Sommertournee durch Finnland, als er in einer Kirche Bartóks Solosonate für Violine spielt, passiert es: Zwei Finger der linken Hand verweigern ihren Dienst, Simon muss das Konzert abbrechen. Ganz allein macht Simon sich mit der Natur der kleinen Insel vertraut, dem Meer, den Bäumen, den Möwen, lernt Bootfahren und Holzhacken. Und sucht nach einer Antwort auf die Frage, was er ohne seine Geige sein kann. (Verlagstext) Stefan Mosters „Bin das noch ich“ erscheint am 8.8.23 im Mare Verlag.

Seyoum legt zur letzten Überfahrt des Jahres ab. Seine Geschäfte als Schleuser laufen glänzend. Die Not der Menschen, die zu ihm ins Boot klettern, übersteigt ihre Angst vor dem Mittelmeer. Er sieht in ihren Augen unauslöschliche Hoffnung und die Verachtung seiner Jugendliebe Madiha, die plötzlich leibhaftig vor ihm steht. Was hat damals ihre gemeinsamen Fluchtpläne durchkreuzt? Erwartet sie noch eine gemeinsame Zukunft? (Verlagstext) „Der Schleusser“ von Stephanie Coste erschien im Austernbank Verlag am 1.7.23.

Wie in ihren Theaterstücken gibt Lot Vekemans auch in ihrem zweiten Roman Einblick in die dunklen Räume der menschlichen Seele, indem sie nach den verborgenen Beweggründen für unser tägliches Tun sucht. Der Bestseller aus den Niederlanden: melancholisch, spannend und hochemotional! Der Verschwundene erscheint am 26.7.23 im Wallstein Verlag.

Lyrik im Herbst – Eine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Herbst 2023


Schon zu einer schönen Gewohnheit geworden: Mein Blick auf die Lyrik in den Herbstvorschauen 2023 der Verlage. Aber: Es ist ein sehr subjektiver Blick, es ist eine sehr kleine Auswahl diesmal, es sind die, die mir am vielversprechendsten erscheinen. Es folgen in den nächsten zwei Beiträgen Romane des Herbstprogramms. Viel Vergnügen beim Entdecken!


Slowenien ist Gastland der Frankfurter Buchmesse 2023. „Slowenien ist ein kleines Land mit einer großen Poesie. Bei unserem „Nachbarn auf der Wolke“ war Dichten seit jeher Überlebensstrategie: vom avantgardistischen Genie Srečko Kosovel, der bereits Anfang des 20. Jahrhunderts die Krise Europas prophezeite, über den katholischen Partisanen Edvard Kocbek, bis hin zur Poesie der jungen Lyrikszene, die zwischen Techno und grenzüberschreitenden Revolutionen ihren Ausdruck findet.
Zum ersten Mal stellt eine zweisprachige Anthologie den ganzen Reichtum der slowenischen Poesie vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart vor. Sie zeichnet nicht nur die literarischen Strömungen nach, sondern würdigt auch die vielfältigen sprachlichen Minderheiten.“ (Verlagstext)
Der Band erscheint am 24.7.23 im Hanser Verlag.

„Das Buch der slowenischen Lyrikerin Nina Medved versammelt 48 Gedichte, in denen unter der Oberfläche kleiner und luftiger Notizen zu Themen wie weiblicher Fleiß, Prekarität, Einstellung zum (weiblichen) Körper, Alterungsprozesse, die Entscheidung, Mutter zu werden, Bindung an das Zuhause, Partnerliebe, starke Strömungen zum Vorschein kommen, die diese Poesie in eine gleitende Bewegung führen, in der es nur möglich ist, einen Sinn zu finden, wenn wir die richtigen Griffe finden. Jedes Gedicht beginnt mit einem „wie“, das kein Fragezeichen ist, sondern eine Aufforderung an den Leser, das Gedicht mitzugestalten.“ (Verlagstext) Gleitende Welt erscheint am 30.9.23 im Drava Verlag.

„Wie werden Menschen verabschiedet und beerdigt, die einsam sterben? «Das Einsame Begräbnis» ist ein ­literarisches Projekt, für das Dichterinnen und Dichter anhand einer Recherche ein persönliches Gedicht für einsam verstorbene Menschen verfassen und an deren Begräbnis verlesen. Das Gedicht begleitet die Verstor­benen auf ihrem Weg aus diesem Leben, an dessen ­Ende sie aus ganz unterschiedlichen Gründen auf sich selbst gestellt waren. «Die einsamen Begräbnisse» versammelt Gedichte der «Dichter:innen vom Dienst», die seit 2017 poetische Nachrufe ver­fassen und am ­Gemeinschaftsgrab für die Einsamen auf dem Zürcher Friedhof Nordheim verlesen.“ (Verlagstext) Das Buch erscheint im Limmat Verlag am 24.10.23.

„Die Gedichte von Hinemoana Baker wandeln zwischen Welten und Sprachen. Als Tochter einer Māori und eines Nachkommens europäischer Einwanderer ist sie im Englischen genauso zu Hause wie in Te Reo Māori. Wer seine Antennen auf ihre Funkfrequenz einstellt, empfängt Gedichte über Liebe und Freundschaft, Heimaten und Fremdheit, Tod und Wiedergeburt – sinnliche Verse mit Raum für Witz, Utopie und Diversität. Übersetzt von Ulrike Almut Sandig, die mit „Funkhaus“ ihr Debüt als Übersetzerin vorlegt.“ (Verlagstext) Erscheint in der Edition Azur am 30.9.23.

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„Was als Spaziergang beginnt, entpuppt sich bald als Tour de Force, als Streitgespräch mit Bots, Bekannten, Liebhaber*innen – vor allem Leichen. Wie ein Chor aus griechischen Tragödien fordern die Toten genau so wie der lebendige digitale Livestream immer wieder das Gespräch mit der Vergangenheit und mit der Gegenwart. In digitalen Räumen, unter Bettdecken und in Krankenhäusern: Überall fragen die Leichen, wie die Zukunft zu gestalten ist, wenn wir uns gemeinschaftlich der Realität versperren. Martin Piekars Schreiben ist eine Einladung, mit ihm zu gehen, zu schreiten, zu rennen und innezuhalten: auf Brücken, unter Parkbänken und Verkehrsinseln.“ (Verlagstext) Martin Piekar hat beim diesjährigen Bachmannpreis-Wettbewerb gleich zwei Preise erhalten und war auch mein Mit-Favorit. Livestream & Leichen erscheint am 1.8.23 im Verlagshaus Berlin.

Lisa Goldschmidts Gedichte fragen nach den psychischen und physischen Fundamenten, auf denen Sprache gründet. Indem sie sich näher an Prozesse im Unbewussten herantasten, entstehen zarte Gebilde voller frappierender Einsichten und Wendungen.“ Beate Tröger (Verlagstext) „Ursprünge“ erscheint im Elif Verlag im Herbst 23.

„Durch die Genauigkeit und Sinnlichkeit ihrer Sprache, die aus einem ungeheurem Wortreichtum schöpft, bringt sie die Natur selbst zum Sprechen. In FlussLand Tagliamento, einer harmonischen Verquickung von Prosa und Poesie, fasst Esther Kinsky die ungezähmte Landschaft ihrer norditalienischen Wahlheimat in skizzenhafte, hochpoetische Sprachaquarelle. Begleitet mit atmosphärischen Birnholzschnitten von Christian Thanhäuser ist dieser Band eine Hommage an ein einzigartiges Ökosystem, das durch die zunehmenden Eingriffe des Menschen immer stärker vom Verschwinden bedroht ist.“ (Verlagstext) Der Band erscheint am 3.8.23 in der Friedenauer Presse.

„Mit «Die Aufgeknackten» ist Michal Steinemann ein bemerkenswertes Debüt gelungen. Die lyrische Erzählung handelt von zwei Schwestern, davon, was diese Schwesternbeziehung ausmacht, was sie aushält, was sie kaputt macht. Dabei bereitet die Autorin die Schale für die vielen Früchte, die in den Mündern ihrer Leserinnen und Lesern verschwinden. Manche schmecken süß, andere bitter.“ (Verlagstext) Der Band erscheint am 15.9.23 im Knapp Verlag.

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Lyrik aus Island: „Einen schlichteren Titel als Lose Blätter hätte der isländische multi-kreative Künstler Ragnar Helgi Ólafsson für seinen neuen Gedichtband (nominiert für den „Literaturpreis des Nordischen Rats“ 2023) nicht wählen können, die Gedichte darin sind allerdings alles andere als schlicht: Sie, in denen das Unerwartete stets das Vorhersehbare übertrumpft, sind überreich in Form und Inhalt, spüren auf, was wir im Bewusstsein nicht erfassen können, sind mal surreal, mal leise melancholisch, mal humorvoll und immer traumwandlerisch schön.“ (Verlagstext) Erscheint beim Elif Verlag am 23.10.23.

„Gedichte über Ortlosigkeit und den Verlust von Heimat, die in eindrücklichen Versen davon erzählen, was es bedeutet, wenn Wurzeln abgetrennt werden. In eindrucksvollen Bildern und Metaphern kreisen Mariam Meetras Gedichte um Fragen der Heimat, der Ortlosigkeit und des Exils. Sie klagen Missstände an, erinnern sich Gleichzeitig aber auch auf zärtliche Weise an die Schönheit dieses Ortes.“ (Verlagstext) „Ich habe den Zorn des Windes gesehen“ erscheint im Wallstein Verlag am 16.8.23

„In ihrem neuen Lyrikband zeigt sich Ruth Loosli wortverspielt und ernst zugleich. In fünf Zyklen vereint sie eine Vielfalt an Themen, die sie zu Gedichten und kurzen Prosatexten verwebt: Politik und Gesellschaft vermischen sich mit persönlichen Erfahrungen und Eindrücken. Alltägliche Bilder sind hinterlegt mit Fragen an diese Welt. Begleitet wird die Lektüre von Schreibbildern der Autorin, die von ihrer immerwährenden Beschäftigung mit Wortfeldern zeugen. Sprache ist Waffe, «Widerstand / WiderWort» im Alltag, der bedrängt, einengt oder die Grenzen der Zeit sprengt. «Jeder Tag ist eine Fläche / mit offenen Fragen», schreibt Ruth Loosli. Mit ihren Gedichten sucht sie nach möglichen Antworten.“(Verlagstext) Ein Reiskorn auf meiner Fingerkuppe erscheint im September 23 im Caracol Verlag.

„Mit leichter Hand wird Atmosphäre gepinselt, die dem erlebten und erlittenen Inhalt präzis entspricht. Hier wird mit unverhüllter und aufrechter Innigkeit gefunden, nicht erfunden. Immer Anruf, niemals Nachruf. Nie sentimental.“ (Verlagstext) Cornelia Beckers Rückkehr der Hornhechte“ erscheint bei Palm Art Press im Oktober 23.

Romane im Frühjahr – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Frühjahr 2023


Zum ersten Mal gibt es nun zum Lyrik-Frühjahrsbeitrag ergänzend auch neue Romane, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auch hier gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Viel Freude beim Entdecken! Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen.

Mein Faible für österreichische Autorinnen/Österreich als Gastland der Leipziger Buchmesse 2023:

Der neue Roman der Bachmannpreisträgerin 2022 Ana Marwan liegt schon zum Lesen bereit: „Rita findet sich nicht zurecht in der Welt. Stets übt sie sich in Genügsamkeit und Akzeptanz und kommt früh zu der Erkenntnis, dass sich Träume oder Dinge, die verloren gehen, durch andere ersetzen lassen. Durch Beobachtung stellt sie fest: Der Mensch ist ein Gefäß, in das über die Jahre alles hineinkommt von außen – Meinungen, Verhaltensweisen, Gesten … Das Leben betrachtet sie als eine reine Aneinanderreihung von Spielchen; je nach Situation wird diese oder jene Version der eigenen Person zur Schau gestellt und vor sich hergetragen.“ (Verlagstext) Verpuppt erscheint Ende Januar 23 im Otto Müller Verlag.

Eine weitere Bachmannpreisträgerin ist Birgit Birnbacher. Auch hier freue ich mich auf den neuen Roman „Wovon wir leben“: „Birgit Birnbacher, der Meisterin der „unpathetischen Empathie“ (Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau), gelingt es, die Frage, wie und wovon wir leben wollen, in einer packenden und poetischen Sprache zu stellen.“ (Verlagstext) Erscheint am 20.2.23 im Zsolnay Verlag.

Und auch auf Irene Diwiaks neuen Roman bin ich gespannt: München, 1941. Die zwei Studenten Hans und Alex scheint auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu verbinden – bis sie eines Tages den Wehrsport schwänzen, um über Kunst und Literatur zu diskutieren anstatt Appell zu stehen. Irene Diwiak erzählt von eine wahren Freundschaft, von der iwr noch nie auf diese Weise gelesen haben. Eine Geschichte der „Weißen Rose“, die nicht von ihrem Ende handelt, sondern von ihrem ganz besonderen Anfang. (Verlagstext) Sag Alex, er soll nicht auf mich warten erscheint am 22.2.23 im C. Bertelsmann Verlag.

Sehr gespannt bin ich auf diesen „Wien-Roman“:
In fiebriger Erregung warten die Einwohner Wiens am 31. Juli 1914 das Verstreichen des deutschen Ultimatums ab. Unter ihnen sind drei, deren bekannte Welt zu zerfallen droht: Der Pferdeknecht Hans, der adlige Adam und die Mathematikerin Klara. Der spektakuläre neue Roman der preisgekrönten Wiener Autorin ist ein literarisches Ereignis. Raphaela Edelbauers „Die Inkommensurablen“ erschien am 14.1.23 im Klett Cotta Verlag.


Gern gelesene zeitgenössische deutschsprachige Autorinnen:

Marlene Streeruwitz ganz aktuell: „Konstanze ist Übersetzerin und tastet nach den Corona-Lockdowns wieder nach ihrem Leben. Veronica hat ihr Studium abgebrochen, sie stellt sich einer Zukunft ohne Glücksversprechen. Die Gewissheit in der Verbindung zwischen Mutter und Tochter scheint zerbrochen, ein Gespräch nur noch über gemeinsame Netflix-Abende möglich. Marlene Streeruwitz‘ »Tage im Mai.« ist ein virtuoser Roman, der mit wechselnden Perspektiven von der Entfremdung erzählt, von einer Welt, in der Krieg und Verschwörung wieder zum Alltag werden.“ (Verlagstext) Erscheint am 25.1.23 im S. Fischer Verlag.

Und noch eine Bachmannpreisträgerin, die Älteste: Über fünfzig Jahre lang teilen sie ihr Leben, doch nun ist der Mann schwer krank. Helga Schuberts rührende Liebeserklärung an den Mann an ihrer Seite und all die Dinge, die das Leben inmitten der Widrigkeiten des Alters lebenswert machen. (Verlagstext) Helga Schuberts Der heutige Tag erscheint am 16.3.23 im DTV Verlag.

Vorfreude auf den neuen Roman dieser sprachzaubernden Autorin: Alle Figuren verbindet ein Jahrhundert von Krieg und Nachkrieg, Flucht und Vertreibung, von Gewalt. Was bedeutet es, in einem Staat zu leben, der Menschenzucht betreibt? Und wie darüber schreiben, was den Frauen im Krieg geschieht? Was ihnen die Sprache nimmt. Was sie für immer verwandelt. Und wie über die unsichtbare Kraft, die verhindert, dass sie daran zerbrechen? Ulrike Draesner gibt den Verwandelten ihre Stimmen zurück. (Verlagstext) Erscheint am 8.2.23 im Penguin Verlag.

Ein neuer Roman von Juli Zeh ist immer eine sichere Bank: Zwanzig Jahre sind vergangen: Als sich Stefan und Theresa zufällig in Hamburg über den Weg laufen, endet ihr erstes Wiedersehen in einem Desaster. Zu Studienzeiten waren sie wie eine Familie füreinander, heute sind kaum noch Gemeinsamkeiten übrig. So sehr sie sich bemühen, die Politik aus ihrer Freundschaft herauszuhalten – es ist, als liefen die Gräben einer gespaltenen Nation mitten durch ihre Beziehung. Ist heute wirklich jeder und jede gezwungen, eine Seite zu wählen? Gibt es noch Gemeinsamkeiten zwischen den Welten? (Verlagstext) Zwischen Welten erscheint am 25.1.23 im Luchterhand Verlag.


Mein Faible für nordische Autor*innen:

Auf den zweiten Teil der Trilogie der Schwedin Karin Smirnoff habe ich schon gewartet: Dass sie auf ihre Mutter nicht zählen kann, kapiert Agnes sofort. Milch kriegt sie nur, wenn sie schreit, bis die Nachbarn klopfen. Wenn sie überleben will, muss sie der Bosheit ihrer Mutter immer einen Schritt voraus sein, die sich dafür rächt, dass Agnes ihre Karriere als Pianistin zerstört hat und die Frechheit besitzt, selbst ein Wunderkind zu sein. Mit unverwechselbarer Lakonie erzählt Karin Smirnoff von Gewalt und Machtmissbrauch, doch sie überlässt diese Welt der Willkür nicht den Tätern. Die Kinder dieses Romans sind mit so viel fantastischer Stärke und Galgenhumor ausgestattet, dass es ihnen gelingt, sich zu befreien. (Verlagstext) Wunderkind erscheint am 23.1.23 im Hanser Verlag.

„Hilma“: Bewegende Romanbiografie über die geniale schwedische Malerin Hilma af Klint: Stockholm 1896: Die Malerin Hilma af Klint hat genug von künstlerischen und gesellschaftlichen Konventionen. Sie will anders leben, anders lieben und auch in der Kunst radikal neue Wege gehen.Sofia Lundberg, Alyson Richman und M. J. Rose ist mit „Hilma“ ein atemberaubender Künstlerinnen-Roman gelungen, der die Leben und Schicksale von fünf mutigen Frauen in Stockholm um 1900 miteinander verbindet. (Verlagstext) Erscheint am 30.3.23 im Piper Verlag.

Der bewegende Bestseller aus Norwegen um ein unbekanntes Stück deutscher Geschichte. Als Juni ins Haus ihrer verstorbenen Großeltern auf der kleinen norwegischen Insel zurückkehrt, entdeckt sie ein Foto: Es zeigt ihre Großmutter Tekla als junge Frau mit einem deutschen Soldaten. Wer ist der unbekannte Mann? Ihre Mutter kann Juni nicht mehr fragen. Das Verhältnis zwischen ihrer Mutter und ihrer Großmutter war immer von etwas Unausgesprochenem überschattet. »Als Großmutter im Regen tanzte« erzählt davon, wie uns die Vergangenheit prägt bis in die Generationen der Töchter und Enkelinnen. (Verlagstext) Trude Teiges Roman erscheint am 22.2.23 im S. Fischer Verlag.

Auf den dritten Roman in deutscher Übersetzung freue ich mich: Tarjei Vesaas (1897–1970) beschreibt in »Der Keim« eine Gruppe von Inselbewohnern, die eine verschworene Gemeinschaft bilden. Ein Neuankömmling auf der Insel bricht in dieses fest gefügte familiäre Miteinander ein und wirft einen dunklen Schatten auf den sonnigen Sommertag. Vesaas schrieb »Der Keim« 1940, einige Jahre vor seinen berühmten Romanen, und leitete nach einem naturalistischen Frühwerk damit die Phase symbolstarker, poetisch verknappter Prosa mit enormer psychologischer Intensität ein. (Verlagstext) Erscheint im März 23 im Guggolz Verlag.

Autorinnen aus dem englischsprachigen Raum:

Eine meiner Allzeit-Favoritinnen:
Soll man Unbarmherzigen gegenüber barmherzig sein? Anna unterrichtet an einer Grundschule und möchte immer noch die Welt verbessern. Wie vor fünfundzwanzig Jahren, als sie in Edinburgh mit einer Gruppe von Straßenkünstlern gegen die Kriegs- und Sozialpolitik der englischen Regierung demonstrierte. Doch bis wohin reicht das Böse – und kann Anna sich selber davon freihalten? Ein Meisterwerk der moralischen Beunruhigung. In ihrem unnachahmlichen Stil, in dem sich Ironie und Empathie verbinden, erzählt A.L. Kennedy von der Möglichkeit der Liebe der Menschen füreinander. (Verlagstext) Als lebten wir in einem barmherzigen Land erscheint am 20.3.23 im Hanser Verlag.

Ich bin Fan von ihr: „Lapvona“Ottessa Moshfeghs Roman über menschliche Monstrosität, Ungleichheit, Korruption und Tyrannei. In ihrem neuesten Meisterwerk entwirft Ottessa Moshfegh ein höllisches Panoptikum menschlicher Monstrosität und trifft in der grotesken Darstellung von Ungleichheit, Korruption und Tyrannei den Nerv unserer Zeit erschreckend genau. (Verlagstext) Erscheint am 23.1.23 im Hanser Verlag.

Von Nell Zink, US-Amerikanerin, die in Brandenburg lebt, gibt es ebenfalls einen neuen Roman: Für Bran Thomas ist Avalon ein paradiesischer kleiner Hafenort auf Santa Catalina Island, vor der Küste Kaliforniens. Sie war dort nur einmal, mit ihrer Mutter, als diese noch lebte. Seit deren Tod wächst Bran bei einer Stieffamilie auf, die eine Pflanzengärtnerei betreibt. Brutalität und Ausbeutung hilflos ausgesetzt, haust sie in einem Schuppen und schuftet für Kost und Logis. Aber sie ist klug, schafft die Highschool – nur fehlt ihr eine Perspektive. (Verlagstext) Avalon erscheint am 16.5.23 im Rowohlt Verlag.

Das Thema Einsamkeit in der Großstadt interessiert mich brennend: Mit Mitte dreißig zieht Olivia Laing nach New York City, weil dort der Mann lebt, den sie liebt. Kaum ist sie angekommen, geht die Beziehung in die Brüche, und sie sitzt allein in ihrem kleinen Apartment – so einsam wie noch nie in ihrem Leben. Doch bald entdeckt sie, dass sie mit ihrer Einsamkeit nicht allein ist. Vielen Kunstschaffenden vor ihr ist es in dieser atemlosen Stadt genau so ergangen. (Verlagstext) Die einsame Stadt erscheint am 14.6.23 im BTB Verlag.

Zeitgenössische Autoren:

Noch einmal Michael Stavarič (bereits bei den Lyrikneuerscheinungen war er vertreten): Eine Liebeserklärung an Thomas Bernhard! Thom empfindet sich als Versager, von der Gesellschaft hält er nicht viel, von seinen Eltern noch weniger. Seine Lebensunfähigkeit schiebt er auf seine Sozialisation. Seine Sozialisation bezeichnet er als Verunmöglichung des Lebens. Thom ist hochintelligent, was auch die Umständlichkeit seines Denkens erklärt, er seziert sich und sein Sein, als wäre es die einzige Lebensaufgabe. (Verlagstext) Das Phantom erscheint am 26.4.23 im Luchterhand Verlag.

Ein 1000-seitiger neuer Irving! Ob ich es wieder einmal wage? „1941 in Aspen, Colorado. Die 18-jährige Rachel tritt bei den Skimeisterschaften an. Eine Medaille gibt es nicht, dafür ist sie schwanger, als sie in ihre Heimat New Hampshire zurückkehrt. Ihr Sohn Adam wächst in einer unkonventionellen Familie auf, die allen Fragen über die bewegte Vergangenheit ausweicht. Jahre später macht er sich deshalb auf die Suche nach Antworten in Aspen. Im Hotel Jerome, in dem er gezeugt wurde, trifft Adam auf einige Geister. Doch werden sie weder die ersten noch die letzten sein, die er sieht.“ (Verlagstext) „Der letzte Sessellift“ erscheint am 26.4.23 im Diogenes Verlag.

Andreas Maiers Ortsumgehung wird weitergeführt. Ich habe noch keinen Band versäumt: „Mit untrüglichem Gespür für alles Abgründige in der gelebten Normalität erzählt Andreas Maier von Deutschland zwischen Weltkrieg, Mauerfall und Jahrtausendwende; davon, wie es sich die Menschen gemütlich machen in vierzig Jahren Geschichte. Unbestechlich ist sein Blick auf eine Heimat, die seit jeher Fiktion ist.“ (Verlagstext) „Die Heimat“ erscheint am 13.3.23 im Suhrkamp Verlag.

Von Markus Orths mochte ich „Max“ sehr; über das Wirken Max Ernsts. Im neuen Roman geht es um die Autorin von „Frankenstein“: „Nach einer wahren Begebenheit: Die Stiefschwestern und Schriftstellerinnen Mary Shelley und Claire Clairmont lieben Percy. Und Percy liebt Mary & Claire. An seiner Seite entfliehen die Frauen der Londoner Enge. Sie wollen atmen, reisen, lesen, wollen verrückt sein, lieben und schreiben. Und sie nehmen den schillerndsten Popstar der Literatur Anfang des 19. Jahrhunderts in ihre Gemeinschaft auf: den jungen Lord Byron. Bei heftigen Gewittern treffen sie sich am Genfer See. Opiumberauscht schlägt Byron um Mitternacht ein Spiel vor: Wer von uns schreibt die schaurigste Geschichte?“ (Verlagstext) Mary & Claire erscheint am 20.2.23 im Hanser Verlag.

.Bereits auf dem Blog besprochene Bücher obiger Autoren:

Lyrik im Frühjahr – Eine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Frühjahr 2023


Viele Blogger gestalten derzeit Beiträge zu den Frühjahrsvorschauen 2023 der Verlage. Was dabei aber fast immer fehlt ist die Lyrik. Diese Lücke will ich nun schließen. Das ist inzwischen ein schönes halbjährliches Ritual geworden. Aber: Es ist ein sehr subjektiver Blick, es ist eine winzige Auswahl, es sind die, die mich am stärksten ansprechen. Dabei sind außerdem ganz wunderschön gestaltete Buchcover. Mit Klick auf das Coverfoto geht es zu ausführlichen Verlagsinformationen.
Im darauf folgenden Blogbeitrag stelle ich zum ersten Mal dann auch Roman-Neuerscheinungen vor, die mich besonders interessieren.
Viel Vergnügen beim Entdecken!

2 Anthologien:


Der Schuber mit den Monatsgedichten von Reclam ist bald wieder lieferbar. Ich besitze ihn schon seit Jahren und greife immer wieder darauf zurück. „Jeder Monat hat sein Gesicht: Und dieses klar-kalte, grau-stürmische, farbenprächtig-leuchtende, satt-gleißende oder ruhig-regnerische Charakterbild eines jeden Monats zeichnen die zwölf Gedichtbände in dieser Kassette. Ein lyrischer Gang durchs Jahr, eine kleine Feier wichtiger Lebensmonate, eine Meditation des Werdens und Vergehens unseres Jahreslaufes.“ (Verlagstext) erscheint Mitte Februar 23.

Ein neues Jahrbuch der Lyrik: „Die Anthologie will die Bandbreite dessen präsentieren, was in der Dichtung möglich ist. Wie wird heute geschrieben, welche unterschiedlichen Ansätze gibt es? Das Jahrbuch präsentiert den großen Reichtum der deutschsprachigen Gegenwartslyrik.“ (Verlagstext) Erscheint am 23.3.23 im Schöffling Verlag.


3 x SlowenienBuchmesse Frankfurt Gastland 2023:


Die Gedichte der »Atemprotokolle« sind Zeugnis einer Reise ins Innere, auf die sich Aleš Šteger im Sommer 2018 begab. Ohne die Absicht, etwas Literarisches zu schreiben, entstehen dabei innerhalb von drei Tagen und Nächten Gedichte, die um das Sein und das Vergehen kreisen und der Frage nachgehen, warum letzten Endes alles zerfällt in den Prozessen des Alltäglichen und Oberflächlichen. Die Gedichte erzählen kleine, intime Geschichten oder stellen drängende Fragen unserer Zeit, in der Hoffnung, dass sie uns in unserer Verletzlichkeit berühren. (Verlagstext) Erscheint am 20.2.23 im Wallstein Verlag.

„Weggehen für Anfänger“ ist auch für den Fortgeschrittenen zu empfehlen, gibt der Band doch als eine Art Handbuch anschauliche Anleitungen, wie wir all den Abschieden und Abschiednahmen begegnen können. n einem dichten Geflecht heterogener Beobachtungen spürt Cvetka Lipuš in den urbanen Alltag des modernen westlichen Menschen hinein, in die uns umgebenden und auf uns einströmenden Realitäten, dargeboten in überraschenden Perspektiven, ironischen Zuspitzungen und melancholisch-resignativen Stimmungsbildern. (Verlagstext) Erscheint am 23.2.23 im Otto Müller Verlag.

Tomaž Šalamun ist eine Legende. Ein Dichter, der nicht nur die slowenische Lyrik revolutioniert hat, sondern auch international höchstes Ansehen genoss. Als »Steine aus dem Himmel« bezeichnete Tomaž Šalamun seine Gedichte und die Weise, wie sie ihm zufielen. Der Band versammelt eine repräsentative Auswahl aus Šalamuns lyrischem Spätwerk erstmals in deutscher Sprache, brillant übertragen und mit einem Nachwort versehen von Monika Rinck und Matthias Göritz. (Verlagstext) Erscheint am 17.4.23 im Suhrkamp Verlag.


Nach dem wunderschönen Band „Mutantengarten“ nun neue Gedichtevon Volha Hapeyeva. „Sie durchstreift in „Trapezherz“ Sprachen und Länder, Zeiten und Planeten. In diesem Band vereint sie Wehmut und Liebe, Verspieltes und Ironisches, Momentaufnahmen und Philosophisches, Körperlichkeit und Sinneseindrücke sowie Einsamkeit, Heimat und Nomadentum. Zweifellos zählt Volha Hapeyeva zu den wichtigsten zeitgenössischen belarusischen Stimmen. Ihre Texte sind aktuell und zeitlos, poetisch und politisch.“ (Verlagstext) Erscheint am 10.2.23 im Literaturverlag Droschl.

Ingrid Mylos Schreiben ist der fortwährende Versuch, in Schrift zu fassen, was immer schwerer zu fassen ist: das Substantielle, das Wesentliche. Als 2021 Ingrid Mylos Lyrikband »Überall, wo wir Schatten warfen« erschien, war das für viele eine Entdeckung. »Die Entfernung der Sterne« enthält neben neuen Texten auch Bleibendes, Verstreutes und Überarbeitetes aus mehr als 30 Jahren. Das denkbar beste Gegengift für eine Welt, die so grell ist, dass wir nicht mal mehr die Sterne sehen.“ (Verlagstext) Erscheint am 20.2.23 bei Edition Azur/Voland & Quist.

„Was wäre, wenn die kleinsten Teilchen der Welt, die unsichtbaren Bausteine des Lebens zu uns sprechen könnten? Was hört man, wenn man ihr Wachsen zu körnigen Konstellationen und ihren Zerfall bis hin zur atomaren Spaltung literarisch umkreist? Dieser Frage geht Carolin Callies in ihrem Poem nach.“ (Verlagstext) „teilchenzoo“ erscheint am 23.3.23 im Schöffling Verlag.


Romina Nikolić erzählt in so weitschwingenden wie fein ziselierten Versen von Verwurzelung der Menschen mit einer Landschaft, vom sprichwörtlichen „Unterholz“ ihrer Herkunft aus dem südlichsten Zipfel Thüringens. Einfühlung und Aufbegehren finden sich in dieser Kunst, gepaart mit Witz und Abgründigkeit.“(Verlagstext) Erscheint am 21.3.23 im Wartburg Verlag.

„Wo die Verhältnisse prekär werden, sortiert Barbara Hundegger die Sorgen um. Wo es still wird, hört sie zu, überhört nicht: Wer den falschen Ton angibt, wer nicht gesehen wird, wer ein ums andere Mal nicht gemeint ist, wer nicht sein darf, wer die Falschen schützt. Barbara Hundeggers Lyrik schürft tief, verwandelt Worte in schiere Gedicht-Gebilde, die beides können: treffen und betören. Das Intime in Hundeggers Lyrik verhandelt mit der Komplexität unserer Gesellschaft, unseres Alltags. Die Beschau der Verhältnisse ist immer auch eine Hinterfragung des Gängigen.“ (Verlagstext) [in jeder zelle des körpers wohnt ein gedächtnis] erscheint am 16.5.23 im Haymon Verlag.

„Ob es um Aufbruch geht, um Unterwegs-Sein, um Abschied, Ankommen, um Rückblicke oder aber um einen satirischen Blick auf das Zeitgeschehen, die Texte der Lyrik-Sammlung sind aus dem Blickwinkel eines immer wieder Ankommenden geschrieben. Eines Ankömmlings, der ein Niemandsland durchquert hat. Der Band umfasst Gedichte, die Kristiane Kondrat in den Jahren 2015 bis 2021 geschrieben hat.“ (Verlagstext) Wer tanzt im Niemandsland erscheint im März 23 im Verlag danube books.


Nach „Zu brechen bleibt die See“: „Das Meer ist Kulisse, Schauplatz, Protagonist, Schicksalsgewalt in Michael StavaričDie Suche nach dem Ende der Dunkelheit. Mit Stavaričs überschäumender Fantasie und seiner grenzenlosen Sprachmagie entfaltet der Gedichtzyklus im Lauf der vergehenden Jahreszeiten Szenen der Vergänglichkeit, stille Momente des Todes, helle Freude und Sinnlichkeit, aberwitzig Skurriles direkt aus wildesten Traumwelten, Medien- und Zivilisationskritik bis zum Ekel, setzt Gewisses selbstverständlich neben allerhöchstens Mögliches und löst am Ende alles in einem Nebel aus Halifax auf.“ (Verlagstext) Erscheint am 15.3.23 im Limbus Verlag.

Einer der stillen Lyriker: Von ihm habe ich bereits „Weg zwischen wechselnden Feldern“ besprochen. „In Andreas Altmanns Gedichten tritt die Natur nicht als Gegenwelt in Erscheinung, sondern wird als unmittelbar Erfahrenes ins Erleben geholt. Es findet eine dichterische Anverwandlung statt. Wer, wie Andreas Altmann, mehr als ein halbes Leben lang gedichtet hat, muss sich und der Welt keine Kunstfertigkeit mehr beweisen. Vielleicht resultiert daraus die beindruckende Fähigkeit des unverstellten Sprechens. Dabei trifft mancher Satz den Leser wie ein Schlag. Andere Zeilen scheinen frappierend einfach und doch schwebt ein poetischer Zauber über ihnen.“ (Verlagstext) Von beiden Seiten der Tür erschien am 2.1.23 im Poetenladen.

Einige Gedichte Kerstin Fischers kenne ich bereits aus den sozialen Medien: „Kerstin Fischers Sprache zieht einen sofort in ihren Bann – Satzfragmente, Bilder, Wortschöpfungen gehen ungeahnte Verbindungen ein und bilden expressive, gefühlvolle Klanggemälde, die manchmal fast schwerelos, manchmal mit Wucht mitten ins Herz treffen. Dabei erschließen sich die Gedichte nicht immer gleich auf Anhieb, sondern laden zum Innehalten und Nachspüren ein. Aber gerade das macht die Auseinandersetzung so spannend … Das ist lebendige Poesie im besten Sinne.“ (Verlagstext) Spiegelglut erscheint am 10.2.23 im Athena Verlag.


„Verse über das Anfangen, über Sprache vor der Sprache und über das Verhältnis von Erinnerung und Präsenz. Die Zeit dehnt sich oder schießt im Spiel der Laute zusammen: „dies nagen, ineinanderdrehen / von wolken, beginn: nicht eine / silbe zum stehen, stauchen / alles drin“. Mit großem sprachlichen Gespür geht Nico Bleutge den Lücken in der Wahrnehmung nach und zeigt uns die Kraft der Wörter, klangstark, lustvoll, ebenso konkret wie imaginär.“ (Verlagstext) schlafbaum-variationen erscheint am 16.2.23 im C. H. Beck Verlag.

Die Romane von Hendrik Otremba mag ich, auf die Gedichte bin ich gespannt. „Zwischen Otrembas Büchern, seiner Musik und seinem künstlerischen Werk lassen sich dabei Leitmotive, Linien und alte Bekannte finden, die vielleicht in einem Songtext beginnen mögen, dann aber in der Prosa ihre Fortsetzung erfahren – oder die in Romanen entstanden sind, um sich schließlich im Gedicht zu transformieren.“ (Verlagstext) Wüstungen, Nebel erscheint am 28.3.23 im März Verlag.

„Die Dauer scheint ungewiss. Empfindungen allenthalben. Die Sonette von Stefan Heyer wollen dem Meer Ebenen abringen, Risse und Sprünge bannen, dem großen Schweigen nachhorchen. In vier Zyklen, die je mit 15 Sonetten bestückt sind, geht er Mythen nach, bereist den schwarzen Ozean und sucht das Glück. Zwischen kahlen Bäumen und gähnenden Nachteulen spannt Stefan Heyer in seinen Gedichten seine Fäden, zieht Planken und baut Brücken.“ (Verlagstext) Form und Struktur erscheint am 13.3.23 im Passagen Verlag.

Lyrik im Frühjahr – Eine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Frühjahr 2022

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Viele Blogger gestalten derzeit Beiträge zu den Frühjahrsvorschauen 2022 der Verlage. Was dabei aber fast immer fehlt ist die Lyrik. Diese Lücke will ich nun schließen. Aber: Es ist ein sehr subjektiver Blick, es ist eine winzige Auswahl, es sind die, die mich am stärksten ansprechen. Viel Vergnügen beim Entdecken!

Seit über 40 Jahren schreitet das »Jahrbuch der Lyrik« die poetischen Landschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz ab. Von nun an tritt Matthias Kniep an seine Stelle. Als Mitherausgeberin konnte er die Dichterin Nadja Küchenmeister gewinnen. Gemeinsam haben sie aus über 600 Einsendungen von Lyrikerinnen und Lyrikern, jungen und älteren, bekannten und unbekannten, die besten Gedichte ausgewählt und zusammengestellt. Die Anthologie will die Bandbreite dessen abbilden, was in der Dichtung möglich ist. Wie wird heute geschrieben, welche unterschiedlichen Ansätze gibt es? Das Jahrbuch präsentiert den großen Reichtum der Gegenwartslyrik. (Verlagstext) Es erscheint am 1.3.22 im Schöffling Verlag.

Zwei Orte, zwei Jahreszeiten, zwei Personen in zwei Teilen eines Ereignisses. Das trockene und das feuchte Element, Hell und Dunkel, Innen und Außen, Belebtes, Unbelebtes, Wiederbelebtes und Nichttotzukriegendes bilden die Dichotomien und Isotopien dieser Gedichte, durch die die Tiere ziehen und die Gestirne – denn alles spielt sich gleichzeitig im Himmel und auf Erden ab. Wörtliche und prophetische Rede, untermalt von etwas Musik, ein Gegenübertreten von Sommer und Winter. Auch mit ihrem dritten Gedichtband beweist Judith Zander, dass sie eine Meisterin der kurzen Strecke ist. (Verlagstext) „im ländchen sommer im winter zur see“ erscheint am 16.2.22 beim DTV.

Am Anfang war das Licht, oder doch die Lumières? Von der Erschaffung der Welt ist es in Ulrike Almut Sandigs neuem Gedichtband nur ein »Feuer, Erde, Wasser, Sprung« zur Sinfonie der Berliner Großstadt. Sandigs neue Texte sind nicht nur visuelle Poesie auf dem Papier, sondern auch Loops im Ohr und filmische Bildexplosionen für alle Sinne. Mit Sprechsoftware rückt sie Gedichten der deutschen Romantik zuleibe und fasst deren koloniale Kehrseite in kunstvolle Anagramme. Vor allem aber schafft die Dichterin in »Leuchtende Schafe« einmal mehr »Welten voller mythischer Bilder, die sich tief ins Bewusstsein eingraben« (Matthias Ehlers, WDR). (Verlagstext) „Leuchtende Schafe“ erscheint am 1.3.22 im Schöffling Verlag.

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Dichten heißt, im Dialog zu stehen mit sich selbst und mit Texten geschätzter Schriftsteller*innen, den Blick aber stets auch darüber hinaus zu weiten. Nach ihrem letzten Lyrikband hochgestimmt, in dem Monika Vasik sich der Musik und den Stimmen von Sängerinnen widmete, wendet sie sich nun dem Thema Frauenrechte zu. In vielschichtigen Porträts steht die Dichterin im Zwiegespräch mit Frauen aus mehr als sieben Jahrhunderten. Jede von ihnen versuchte auf ihre Art, sich Konventionen der Zeit sowie patriarchalen Normen und Rollenbildern zu widersetzen und ein Stück Freiheit zu erringen. Statt sich beschränken zu lassen, wandten sie sich der Welt zu, kämpften für ihre Rechte und für die Gleichstellung der Geschlechter. Alle zahlten einen hohen Preis dafür. (Verlagstext) „Knochenblüten“ erscheint am 21.2.22 im Elif Verlag.

Auf Wolfgang Schiffers freue ich mich besonders: Ein Mann erinnert sich an seine Kindheit, an seine Eltern, an ihre einst gemeinsame Sprache, die ihm genommen wurde, an die sozialen Verhältnisse, die ihn ebenso prägten wie die Landschaft, die das niederrheinische Dorf, in dem er aufwuchs, umgab. Und aus der Erinnerung, freudig wie schmerzvoll, erwächst Klage über den Zustand der Welt, über die Zerstörung der Erde und des Miteinanders, sucht ein melancholisch-verzweifeltes Aufbegehren nach Wörtern, die eine Umkehr der Menschen von ihrem Tun und Unterlassen erzwingen wollen, doch ahnen, dass es diese nicht geben wird … (Verlagstext) „Dass die Erde einen Buckel werfe“ erscheint am 21.2.22 im Elif Verlag..

Schnee über den Buchstaben enthält Gedichte, die im isländischen Original in zwei getrennten Bänden und in einem Abstand von drei Jahren erschienen sind. Dagur Hjartarsons Gedichte sind persönlich, klar und stark in ihrer Einfachheit, voller Wärme für alles, was die Welt bereithält, und voller Sorge über das, was der Mensch ihr an Verstörendem, Vernichtendem antut. Oft lassen sie uns erstaunen, öfter noch hinterlassen sie Wunden, die uns an unsere eigene Verletzlichkeit erinnern und an unsere Fehlbarkeit gemahnen. (Verlagstext) Der Band erscheint am 21.2.22 im Elif Verlag..

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Kerstin Beckers Gedichte glühen aus dem Dunkel. Sie erzählen vom Vergehen, dem Seelenlaich, vom Leben zwischen den Systemen, von Gestrandeten, einem wir, das durch die Erinnerungen wildert, den Asseln auf der Spur und andern kleinen Wundern am Rand der ausgezehrten Äcker. Schmerzlich schön sind diese kunstvoll rhythmisierten Verse, die das Tragische, die Wunden nicht scheuen – weil es der Preis für einfach alles ist. Ein Preis, ohne den diese Gedichte nicht zu haben sind. „Das gesamte hungrige Dunkel ringsum“ erscheint am 14.3.22 in der Edition Azur/Voland & Quist.

Nachtdämmern versammelt Gedichte Islands berühmtester Dichterin zum sterbenden Großgletscher Vatnajökull in Südostlisland, dem Gletscher von Steinunn Sigurdardóttirs Kindheit, der in unseren Tagen weltweit zum traurigen Symbol des Klimawandels geworden ist. (Verlagstext) Der Band erscheint im Dörlemann Verlag am 28.4.22.

Während der Sowjetzeit bis zur Perestroika konnte Jelena Schwarz zensurbedingt keine einzige Zeile publizieren. In der inoffiziellen Lyrikszene Leningrads aber war sie als große Dichterin anerkannt. Heute gilt sie neben Achmatowa, Mandelstam oder Brodsky als eine der bedeutendsten Stimmen der russischen Poesie. Ihr Werk übt großen Einfluss auf jüngere Generationen aus. Dabei steht Jelena Schwarz immer im intensiven Dialog mit der gesamten Weltliteratur und Philosophie. (Verlagstext) „Buch auf der Fensterbank erscheint im Matthes & Seitz Verlag am 17.2.22.

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Seit jeher sind Wasserläufe in Geschichte und Geschichten eingewoben. Doch Wasser selbst trägt Sprachen in sich und diktiert, was »poesie über wasser weiß« und welche Worte in den Wellen wohnen. Siljarosa Schletterer hört in ihrem Debüt „azur ton nähe“ der Fluss- und Seenlandschaft Mitteleuropas zu. Die Vielsprachigkeit von Wasser ist das zentrale Motiv ihrer Lyrik, in der die Aufmerksamkeit auf das sozioökologische Gewicht der Gewässer gerichtet wird. Die Gedichte wollen im Sinne von nature writing eine »neue zunge zeugen, eine sprache finden / die wasser beschreibt«, denn »jeder fluss hat eine seele«, erzählt unsere Gesellschaft und wartet auf eine »verbleibende / herzantwort«. (Verlagstext) Erscheint im Limbus Verlag am 25.3.22.

In den neuen Gedichten von Sabine Schiffner werden Geschichten von Verrat und Verlust, von Geburt und Tod, von Lebensfreude und Vergänglichkeit, von Familie und von Einsamkeit erzählt. Mit manchmal fast naivem, oft befremdetem Blick beobachtet sie und wundert sich über die jetzige und die vergangene Welt, die ihren biografischen Kosmos berührt. Die Worte kommen in diesen Gedichten scheinbar leichtfüßig tänzelnd daher und streifen einen wie im Vorbeigehen. Wenn man aber stehen bleibt und sich einlässt, sieht man hinter der rhythmischen und genau durchdachten Sprachkomposition die tiefe Wunde. Sabine Schiffners Sprache ist immer musikalisch, oft zugleich rau, Alltagssprache mit Hochpoetischem verbindend, ernüchternd, überraschend. „Wundern“ erscheint im Quintus Verlag am 3.3.22.

Eine Landschaft kippt, ein Ich kehrt noch einmal zu seinem Geburtshaus zurück, das sich inzwischen hinter Efeuranken verschließt, derweil kreisen Gefühle um eine längst zur Chimäre gewordene Liebe – die neuen Gedichte von Björn Hayer berichten von Momenten des Umschlagens und der Verfremdung. Zugleich zehren sie von dem unbeirrbaren Versuch, Verlorenes wieder zu vergegenwärtigen. Was bietet die Fläche? Das Nichts oder doch die noch ungenutzte Möglichkeit? Klar ist: »Dichten, frei über der Erde, / ist das fünfte Element«. (Verlagstext) „Verschwörung einer Landschaft“ erscheint im Quintus Verlag am 3.3.22.

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„Ich wurde geschaffen, um zu sterben, doch ich bin jetzt hier, um zu bleiben“ schreibt Ocean Vuong in seinem neuen Gedichtband, der eine bewegende Elegie für seine verstorbene Mutter enthält. Der Schmerz und die Freude, die Gewalt und die Zartheit, die Andersartigkeit von Begehren und sozialer Herkunft, die gespaltene Identität des Einwandererkindes – in „Zeit ist eine Mutter“ finden sich die Themen seines gefeierten Romans „Auf Erden sind wir kurz grandios“ wieder. Vuongs Stimme ist unverwechselbar. Niemand hat in unserer Zeit eindringlicher und zugleich intimer über die Wunden Amerikas gedichtet. (Verlagstext) Der Band erscheint im Hanser Verlag am 11.4.22.

Tomas Venclova ist einer der großen Dichter unserer Zeit. In seiner Heimat Litauen erlebte er den langen Winter des Totalitarismus, wegen seiner kritischen Haltung kam er in Bedrängnis. Es folgten Exil, Reisen und Heimkehr – die Lebensthemen seiner Lyrik –, doch als dieser unfreiwillige Weltbürger schließlich zurückkehrte, war das Land ein anderes. Was unverändert blieb, ist die rettende Kraft der Sprache. Stets beruft sich Venclova auf die Tradition der europäischen Literatur – von der griechischen Klassik bis zur Moderne. Lakonie, kristallklare Eleganz und feiner spöttischer Witz zeichnen seine Poesie aus, jene „unwirkliche Wirklichkeit“, die sich unauflöslich mit der Erfahrung der Welt verwebt. (Verlagstext) „Variation über das Thema Erwachen“ erscheint im Hanser Verlag am 14.3.22.

Federico Italiano gehört zu den „stärksten Lyrikern seiner Generation“ (La Repubblica). Seine Gedichte verbinden auf höchst originelle Weise Naturbetrachtung – die Reisfelder seiner Heimat Piemont – mit weltumspannend postmodernen Bildern, in denen exotische Riesenkrabben ebenso auftauchen wie nigerianische Scrabble-Weltmeister. Seine spielerisch elegante Lyrik sucht auch den Dialog mit anderen Poeten, ob man sich mit Ted Hughes zum Kaffee verabredet oder Brodsky ein Postskriptum schreibt. „Sieben Arten von Weiß“ versammelt die schönsten Gedichte von Federico Italiano in der glänzenden Übersetzung von Raoul Schrott und Jan Wagner. Erscheint am 14.3.22 im Hanser Verlag.

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Christine Lavant ist eine der bedeutendsten deutschsprachigen Dichterinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Lavant selbst sprach von ihrer Kunst als »verstümmeltes Leben, eine Sünde wider den Geist, unverzeihbar« und war sich dennoch ihrer poetischen Kraft gewiss. Ihre Gedichte, je zur Hälfte etwa veröffentlicht zu Lebzeiten bzw. aus dem Nachlass, erzählen von verletzten Kinder- und Frauenseelen, von Armut, Krankheit und Ausgrenzung, von der Suche nach Gott und der Auflehnung gegen ihn, aber auch von der befreienden Kraft der Liebe. Maja Haderlap, Kärntnerin wie Christine Lavant, wurde 2021 mit dem Christine Lavant Preis ausgezeichnet, sie hat eine sehr persönliche Auswahl der schönsten und bewegendsten Gedichte der Kollegin getroffen. „Seit heute, aber für immer“ erscheint im Wallstein Verlag am 9.3.22.

Ernst Halters große Auswahl der Gedichte Erika Burkarts stellt exemplarisch das jahrzehntelange lyrische Schaffen der Dichterin vor, deren Entwicklung dem gängigen Muster – Aufbruch ins Ungewohnte, neuartige Diktion, Konsolidierung, Reife, Abgeklärtheit, Rückzug – widerspricht: Sie geht genau den umgekehrten Weg. «Lies beide Seiten» wird das Motto ihres Schreibens. Es berichtet von erhoffter Transzendenz des lebendigen Hier in ein uns nicht erkennbares, geahntes Dort, wo sich ein Sinn finden könnte. Wir leben auf einer planen Fläche und sind nichts als das Spiegelbild des Mysteriums unserer eigenen Existenz, das unseren Blicken undurchdringlich bleibt. Ihre großen Gedichte sind Spiegelschrift. (Verlagstext) Der Band erscheint im Limmat Verlag am 27.1.22.

Nelly Sachs feierte Karin Boye (1900-1941) als »leidenschaftliche Verschwenderin ihrer Seelenkräfte«, der »Schweden einige seiner schönsten Gedichte zu verdanken hat« und Peter Weiss setzte ihr im dritten Band seiner »Ästhetik des Widerstands« ein literarisches Denkmal. Am bedeutendsten ist sie als bildmächtige Lyrikerin der Sehnsucht, der Nacht, des Unbewussten und nicht zuletzt des Coming-out. Sie verdient ihren Platz neben anderen Ikonen des 20. Jahrhunderts wie Anna Achmatova, Sylvia Plath oder Ingeborg Bachmann. Ihr lyrisches Gesamtwerk erscheint nun erstmals auf Deutsch. (Verlagstext) „Sämtliche Gedichte“ erscheint im Razamba Verlag am 15.3.22. 

Titel-Photo: Constanze Matthes