Literatur im Herbst – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Herbst 2024 Teil 1 – Großverlage


Schon zu einer schönen Gewohnheit geworden: Neue Romane, Erzählungen und Lyrik aus den Herbstvorschauen, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Heute: Große Verlage auch Publikumsverlage genannt. Es gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Rein zufällig sind hier die Autorinnen in der Mehrzahl. Im nächsten Beitrag folgen die Unabhängigen Verlage. Die Texte im Beitrag stammen aus den Verlagsvorschauen. Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen. Viel Freude beim Entdecken!

Deutschsprachige Autor*innen


Nora Bossong zeichnet in ihrem neuen Roman das intensive Porträt der Frau, die Magda Goebbels wurde, und das ihres jungen Liebhabers. Zwei Menschen in der Maschinerie der historischen Ereignisse, unterschiedlich verstrickt, unterschiedlich schuldig geworden. Auch an sich selbst. Als Hans die junge und schöne Stiefmutter seines Schulfreunds Hellmut Quandt kennenlernt, ahnt er noch nicht, welche Rolle Magda in seinem Leben spielen wird, für ihn persönlich, aber auch Jahre später als fanatische Nationalsozialistin und Vorzeigemutter des »Dritten Reichs«. Reichskanzlerplatz und erscheint am 12.8.24 im Suhrkamp Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2019/09/20/nora-bossong-schutzzone-suhrkamp-verlag/

Die Fabrikarbeiterin Anna wird als Medium verehrt, Johanna Schellmann ist Schriftstellerin. In den Heilstätten Beelitz entsteht eine Verbindung zwischen den ungleichen Frauen, von der beide profitieren – bis der Kampf um Anerkennung und Aufstieg sie zu Rivalinnen macht. Ulla Lenze hat in ihrer unvergleichlich kristallinen Prosa einen großen Roman über die Verführungskraft der Selbsterlösung geschrieben. Versteckt in den Kiefernwäldern vor den Toren Berlins liegen die Arbeiter-Lungenheilstätten Beelitz. Als sich die Fabrikarbeiterin Anna Brenner und die Schriftstellerin Johanna Schellmann hier im Jahr 1907 begegnen, hat das für beide Frauen existenzielle Folgen. „Das Wohlbefinden“ erscheint am 17.8.24 im Klett Cotta Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/02/22/ulla-lenze-der-empfaenger-klett-cotta-verlag/

Von der Bankerin in Zürich zur weltweit operierenden Buchhalterin der kalabrischen Mafia – ein Roman über eine unauffällige Frau. Eine junge Frau zieht in den 1990er Jahren aus der niedersächsischen Provinz nach Zürich, um als Investmentbankerin Karriere zu machen. Dort lernt sie die Welt der Bad Banks kennen, in der weder Grenzen noch Gesetze zu gelten scheinen. Als ihre Karriere jedoch stagniert, erkennt sie, wie viel Freiraum es ihr gewährt, eine Frau zu sein, die übersehen wird: Abseits der Legalität investiert sie bald Millionen. Vor Gericht schließlich schweigt sie. Ihre Geschichte erzählen andere. Isabelle Lehns neuer Roman „Die Spielerin“ erscheint am 14.8.24 im S. Fischer Verlag.

Mit einer sprachlichen Dichte, die berührt, erzählt Judith Kuckart entlang ihrer Biografie und beleuchtet damit eine ganze, ihre, Generation. 1989 stand ich zum letzten Mal als Tänzerin auf der Bühne. Eine wichtige und schüchterne Verlegerin saß im Publikum und meinte: Sie könnten auch mal einen Roman schreiben, Judith. Am 17. Juni 2023 weiß ich noch keinen Titel für meinen neuen Roman. Aber ich weiß, ab jetzt habe ich noch zwanzig grandiose Sommer vor mir – oder?« „Die Welt zwischen den Nachrichten“ erscheint am 13.8.24 im Dumont Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2022/04/12/judith-kuckart-cafe-der-unsichtbaren-dumont-verlag/

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Drei Frauen, die von ihren Müttern nicht geliebt wurden, ein kognitiv beeinträchtigter Junge, der sie verbindet, und ein unerwarteter Tod. Katja Lange-Müller gelingt mit diesem Kammerspiel ein literarisches Wunderwerk. Katja Lange-Müller ist einzigartig in der literarischen Kraft und Präzision, mit der sie Figuren vom Rande der Gesellschaft unterschiedliche Stimmen gibt. Dieser Roman schärft aufs Feinste unser Denken und Empfinden. Er erzählt von ablehnenden Müttern, von den Widersprüchen, aus denen sich eine Persönlichkeit zusammensetzt, von der heimlichen Sehnsucht nach Zuneigung und all den Lebenslügen, die so gelogen manchmal gar nicht sind. „Unser Ole“ erscheint am 5.9.24 im Kiepenheuer & Witsch Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2021/07/02/katja-lange-mueller-drehtuer-kiepenheuer-witsch-verlag/

Sie hat alles gehabt und alles verloren: Sekunden der Unachtsamkeit kosten ihre einzige Tochter das Leben. Tief sieht Linda in den Abgrund und wäre beinahe gefallen, doch da sind hauchfeine Fäden, die sie halten – die Hündin Kaja, die steten Handgriffe im Garten, das Mitgefühl für andere. Wie viel Kraft in ihr steckt, ahnt sie erst, als sie zurückfindet in einen Alltag und zu sich selbst. Daniela Kriens neuer Roman „Mein drittes Leben“ erscheint am 21.8.24 im Diogenes Verlag.

Katja Oskamp erzählt zärtlich und rückhaltlos von den Verwandlungen, die das Dasein bereithält, von brüchigen Lebensläufen, von den Rollen einer Frau und den Körpern in ihrer ganzen Herrlichkeit und Hässlichkeit. Vor allem aber erzählt sie die Geschichte einer großen Liebe. „Die vorletzte Frau“ erscheint am 29.8.24 im Ullstein Verlag park x.

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Ein Dorf im Taunus. Eine Familie aus Dalmatien. Eine zerrissene Kindheit und eine rebellische Jugend. Die vielfach preisgekrönte Autorin Marica Bodrožić erzählt von einer jungen Frau und ihrem Weg in die Freiheit. „Das Herzflorett“ erscheint am 11.9.24 im Luchterhand Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/11/16/marica-bodrozic-mystische-fauna-matthes-seitz-verlag-und-lin-may-saeeds-tierwesen-im-georg-kolbe-museum/

Literarischer Schauder: Sieben Geschichten über das Unheimliche, das Fremde im Bekannten und den alltäglichen Grusel. In sieben Gothic Short Stories lässt sie den Kipppunkt zum Unheimlichen direkt unter unserem Alltag lauern. Denn die Welt wartet nicht, sie dreht sich weiter. Und das Unbegreifliche ist immer schon online und vor Ort. Christiane Neudecker holt die Tradition der dunklen Erzählkunst in unsere digital überstrahlte, postpandemische Wirklichkeit. „Die Welt wartet“ erscheint am 16.10.24 im Luchterhand Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2019/09/01/christiane-neudecker-der-gott-der-stadt-luchterhand-verlag/

Angesichts unserer Gegenwart, in der nichts mehr sicher scheint, schildert Anna Katharina Hahn einen Stuttgarter Chor als Spiegel einer ganzen Stadtgesellschaft. Einfühlsam und unerbittlich porträtiert sie in ihrem neuen Roman Frauen aus drei Generationen – in ihren Stärken und Schwächen, ihren Gefühlen, ihrer Sensibilität und ihrer Gnadenlosigkeit. Anna Katharina Hahns neuer Roman „Der Chor“ erscheint am 9.9.24 im Suhrkamp Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/04/27/anna-katharina-hahn-das-kleid-meiner-mutter-suhrkamp-verlag/

Die junge, verträumte Agathe wächst in einem großbürgerlichen Haushalt auf und möchte eigentlich alles richtig machen. Doch immer wieder eckt sie in der konservativen Gesellschaft des jungen Kaiserreichs an, weder ihre jugendliche Sehnsucht nach Freiheit und Selbstentfaltung noch ihr Wunsch nach Liebe erfüllen sich. Als ihr Bruder ihre Mitgift verspielt, steht ihr nicht einmal mehr eine Vernunftehe offen. Agathe verzweifelt und wird in eine Heilanstalt eingewiesen. Gabriele Reuter (1859–1941) wurde mit dem Roman schlagartig berühmt und dieser zu einem Bestseller. „Aus guter Familie“ erscheint Mitte Juli im Reclam Verlag.

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Als absoluter Fan bin ich voller Vorfreude: Spannend und wendungsreich erzählt Reinhard Kaiser-Mühlecker in »Brennende Felder« von einer Frau, deren Unruhe mit dem Leben zusammenstößt. Lassen sich die Schatten und die Lasten der Vergangenheit ablegen? Und ist es möglich, sich selbst in jeder neuen Lebensphase neu zu erfinden? Wer sind wir, wenn wir uns von unserer Vorgeschichte lossagen? Luisas Antwort auf all diese Fragen ist der Entschluss, Schriftstellerin zu werden, und sie beginnt ihre eigene Geschichte zu erzählen. Der Roman erscheint am 14.8.24 im S. Fischer Verlag.
Zuletzt besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2022/06/01/reinhard-kaiser-muhlecker-wilderer-s-fischer-verlag/

Von Leipzig bis Belgrad, von der DDR bis zur Volksrepublik Jugoslawien, vom Leinwandspektakel bis zum Abenteuerroman. Schonungslos und rasant erzählt »Die Projektoren« von unserer an der Vergangenheit zerschellenden Gegenwart – und von unvergleichlichen Figuren: Im Velebit-Gebirge erlebt ein ehemaliger Partisan die abenteuerlichen Dreharbeiten der Winnetou-Filme. Jahrzehnte später finden an genau diesen Orten die brutalen Kämpfe der Jugoslawienkriege statt – mittendrin eine Gruppe junger Rechtsradikaler aus Dortmund, die die Sinnlosigkeit ihrer Ideologie erleben muss. Und in Leipzig werden bei einer Konferenz in einer psychiatrischen Klinik die Texte eines ehemaligen Patienten diskutiert: Wie gelang es ihm, spurlos zu verschwinden? Konnte er die Zukunft voraussagen? Und was verbindet ihn mit dem Weltreisenden Dr. May, der einst ebenfalls Patient der Klinik war? Clemens Meyers Roman erscheint am 28.8.24 im S. Fischer Verlag.

Als über den Jahreswechsel 1965 vier Menschen an einem altehrwürdigen englischen College spurlos verschwinden, stehen nicht nur die anwesenden Lehrer und Schüler vor einem Rätsel – auch die polizeilichen Ermittlungen laufen ins Leere. Allein Anthony Brewer, ehemals Zögling des Knabeninternats und mittlerweile pensionierter Rechtsanwalt, lässt das damals Geschehene nicht los. Er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, den Cold Case aufzuwärmen und das Raven-Hall-Mystery mit den Mitteln der Gegenwart zu lösen. Ein meisterhaft komponierter Roman mit originellen Twists und nachbebender Spannung. Helmut Kraussers neuer Roman „Freundschaft und Vergeltung“ erscheint am 27.6.24 im Berlin Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2015/08/31/helmut-krausser-alles-ist-gut-berlin-verlag/

Im Ruhrgebiet der Siebziger wachsen sie auf wie Brüder. Doch anders als den Ich-Erzähler zieht es Frank früh hinaus in die Welt: Er will als Künstler leben, geht nach New York, malt wie besessen, jedoch ohne Erfolg. Erst als er unheilbar krank ist, kehrt er zurück. Nach langer Zeit begegnen sich die Freunde am Sterbebett zum letzten Mal. So unterschiedlich ihre Lebensläufe, so tief ist die in der Kindheit geknüpfte Verbindung. Und so landen die Bilder aus Franks Nachlass von nun an gut verpackt in der Remise des Erzählers – dem nicht nur Franks Homosexualität stets fremd geblieben ist, sondern auch dessen Kunst. Entlang der gemeinsamen Lebensgeschichte zweier grundverschiedener Männer ergründet Alain Claude Sulzer existenzielle Fragen über Freundschaft und Abschied, (Homo-)Sexualität, Kunst und Ruhm. Fast wie ein Bruder erscheint am 15.8.24 im Galiani Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2019/08/27/alain-claude-sulzer-unhaltbare-zustaende-galiani-verlag/

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Letzter Band der „Trilogie des gegenwärtigen Scheiterns“. Ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzung dieses gesellschaftskritischen Romanzyklus: Es ist der 9. November 2022. Der russische Angriff auf die Ukraine überschattet das private wie das öffentliche Leben. Am Abend wird die erste Einzelausstellung des aufstrebenden Künstlers Fabian Kolb in der berühmten Berliner Galerie Konrad Raspe eröffnet. Je näher die Ausstellung rückt, desto stärker werden Fabians Zweifel, ob er tatsächlich bereit ist, sich auf all die Kompromisse einzulassen, die eine internationale Karriere als Künstler mit sich bringt, zumal sein Galerist sich plötzlich mit schweren Vorwürfen ehemaliger Mitarbeiterinnen konfrontiert sieht. „Innerstädtischer Tod“ von Christoph Peters erscheint am 11.9.24 im Luchterhand Verlag
Zuletzt besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/09/21/christoph-peters-krahen-im-park-luchterhand-verlag/

Wer ist diese Frau? Ihre Stasi-Akten beschreiben Uta als „groß“, „schlank“, „sehr intelligent, z. T. auch sehr raffiniert“. Über vierzig Jahre war Uta Sexarbeiterin. Seit 1971 von der Stasi auf Männer angesetzt, war sie dabei Täterin und Opfer zugleich. In Clemens Böckmanns die Geschichte aufwühlendem Roman erzählen er, sie und die Akten gemeinsam ein Leben. Dabei gibt es keine Wahrheit über die DDR oder die Ausbeutung als Frau – aber Aufmerksamkeit für einen von allen vergessenen Menschen. „Was du kriegen kannst“ erscheint am 21.10.24 im Hanser Verlag.

In seinem mitreißenden Roman „Vaterländer“ erzählt Bestseller-Autor und Filmstar Sabin Tambrea die bewegende Lebensgeschichte seiner rumänisch-ungarischen Familie. Durch die Augen dreier Generationen – des jungen Sabin, seines Vaters Bela und seines Großvater Horea – erleben wir eine emotionale Zeit voller Entbehrungen, Hoffnungen und Entscheidungen, die das Schicksal einer Familie für immer verändern. Der Roman erscheint am 29.8.24 im Gutkind Verlag

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Nordische Autor*innen


Besonders die Erzählungen der Autorin gefielen mir: »Vilhelms Zimmer« ist Tove Ditlevsens literarisches Vermächtnis, der letzte Roman, den sie 1975 veröffentlichte. Er gilt neben der »Kopenhagen-Trilogie« als ihr Meisterwerk, wird als ihr kunstvollster und modernster Roman bezeichnet. Darin tauchen alle Themen auf, für die Ditlevsen steht: Sie erzählt die Geschichte einer Beziehung, die an Wildheit und Intensität kaum zu übertreffen ist, und vom hinreißenden Lebenswerk einer Frau und Künstlerin. Der Roman erscheint am 11.11.24 im Aufbau Verlag.
Zuletzt besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/07/11/tove-ditlevsen-boses-gluck-aufbau-verlag/

Bereits die beiden vorherigen Romane von Pirkko Saisio haben mir gefallen: »Das kleinste gemeinsame Vielfache« ist ein Meisterwerk der Erzählkunst und eine berückend schöne Geschichte über ein unangepasstes Mädchen, das unbeirrt seinen Weg geht. »Das kleinste gemeinsame Vielfache« ist die Geschichte einer Verwandlung und die erste Selbstermächtigung eines kleinen Mädchens, einer zukünftigen Schriftstellerin. Erzählt von der bedeutendsten Ikone Finnlands, deren Werk nun endlich auch auf Deutsch zu entdecken ist.  Der Roman erscheint am 7.9.24 im Klett Cotta Verlag.
Zuletzt besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/11/24/pirkko-saisio-das-rote-buch-der-abschiede-klett-cotta-verlag/

Drei Jahrhunderte, ein mächtiges, friedliebendes Geschöpf und die Lebenswege der Menschen, die von ihm angezogen sind. Iida Turpeinen erzählt in »Das Wesen des Lebens« ausgehend von der ausgestorbenen Stellerschen Seekuh von obsessiven Sammlern und rastlosen Wissenschaftlern, von begeisterten Naturschützern und den Frauen, die an Naturerforschungen immer schon beteiligt waren. Turpeinen lässt uns mit ihrer berührenden Erzählkunst unsere Welt und das Wunder des Lebens mit neuen Augen sehen und verstehen, wie alles mit allem verbunden ist.  Der Roman erscheint am 28.8.24 im S. Fischer Verlag.

Die Lungenschwimmprobe ist ein packender historischer Roman über das Zusammenprallen zweier Welten: die Ausläufer des Mittelalters treffen auf die ersten Ansätze der frühen Aufklärung, dies alles vor dem dramatischen Hintergrund einer barocken Lebenswelt – basierend auf wahren Begebenheiten, die der Autor akribisch recherchiert hat, die Lungenschwimmprobe selbst gilt als Beginn der modernen Rechtsmedizin. Leipzig/Sachsen, im Jahre 1681: die fünfzehnjährige Anna Voigt steht vor Gericht, sie soll ihr neugeborenes Baby getötet haben. Die Obrigkeit will sie verurteilt sehen, es droht ihr der Tod – wie vielen anderen Mädchen und Frauen in dieser Zeit, die des gleichen Verbrechens bezichtigt werden. Der Roman von Tore Renberg erscheint am 23.10.24 im Luchterhand Verlag.

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Internationale Autor*innen


Die vor vielen Jahren erschienenen Romane „Fluchtstücke“ und „Wintergewölbe“ von Anne Michaels habe ich geliebt: »Wir wissen, dass das Leben endlich ist. Warum also sollten wir glauben, dass der Tod ewig währt?« Weil selbst kleinste Schaltpunkte nachwirken, reiben und entzünden sich Zusammenhänge im Laufe der Jahre immer wieder aneinander – es entsteht ein dicht gewobener Roman über Beziehungen und Erinnerung. Zeitpfade erscheint am 26.9.24 im Berlin Verlag.

Bereits “ Das Verschwinden der Erde“ gefiel mir sehr: Auf einer Insel im Nordwesten der USA lebt Sam mit ihrer Schwester Elena und der schwerkranken Mutter in ärmlichen Verhältnissen. Sie beide träumen von einem besseren Leben, davon, woanders neu anzufangen. Dann, eines Nachts, erblickt Sam einen Bären, der durch die dunklen Gewässer vor der Küste schwimmt. Noch kann sie nicht ahnen, dass das wilde Tier die Welt der beiden Schwestern aus den Angeln heben und ihren lang gehegten Traum in Gefahr bringen wird. Cascadia von Julia Phillips erscheint am 22.7.24 im Hanser Blau Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2021/03/13/julia-phillips-das-verschwinden-der-erde-dtv-verlag/

Cusks Romane habe ich alle gelesen: Parade erzählt von einem Leben, das viele andere Leben enthält – von Weiblichkeit, Kunst und Macht, Familie und Freiheit, und davon, woraus wir uns immer wieder aufs Neue erfinden. Rachel Cusk stellt Sprache und Denken auf den Kopf und zeigt uns die Welt, wie sie wirklich ist. Rachel Cusk setzt ein erzählerisches Karussell in Gang und erzählt uns frappierende Episoden, die sich an den entscheidenden Punkten kreuzen und überlagern. Der neue Roman erscheint am 15.7.24 im Suhrkamp Verlag.
Zuletzt besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2022/02/15/rachel-cusk-der-andere-ort-suhrkamp-verlag/

Die Schwestern Ezra und Cinthy Kindred wachsen wohlbehütet in Salt Point an der Ostküste der USA auf. Sie verbringen die Tage mit ihrer gemeinsamen besten Freundin Ruby, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass jemals etwas zwischen ihnen stehen könnte. Mit einer Sprache, die so gewaltig ist und dabei von einer einzigartig klaren Zärtlichkeit, lässt uns Rachel Eliza Griffiths ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte nachspüren. Eine Geschichte aus der Vergangenheit, die aktueller jedoch kaum sein könnte. „Was ihr uns versprochen habt“ erscheint am 18.9.24 im Penguin Verlag.

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Helen Hansford ist alles andere als eine konventionelle Frau – erst recht für die Sechzigerjahre. Unter der Woche arbeitet sie als Kunsttherapeutin in einer psychiatrischen Klinik, an den Wochenenden versucht sie, eine Beziehung zu retten, die sie nicht wirklich glücklich macht. Dann begegnet Helen dem stummen William Tapping, der das Haus seiner verwirrten alten Tante seit Jahren nicht verlassen hat. Während die meisten in dem neuen Patienten nicht mehr als eine Randfigur sehen, bemerkt Helen seine künstlerische Begabung und setzt alles daran, sein Geheimnis zu lüften. Der Roman „Scheue Wesen“ erscheint am 1.8.24 im Eisele/Ullstein Verlag.

Orvil Red Feather kommt nicht los von den Schmerzmitteln. Er weiß, er ist ein Klischee: verletzt ins Krankenhaus rein, geheilt und abhängig wieder raus – eine zeitgenössische Tragödie. Doch die Sucht zieht sich schon lange durch seine Familie. 1864 kämpft Jude Star, ein Vorfahre Orvils, als Kind gegen die brutale Austreibung seiner indigenen Sprache und Kultur. Am Ende ist es der Alkohol, der ihn kurzzeitig in seiner Trauer auffängt und schließlich niederstreckt. Meisterhaft verknüpft Tommy Orange die Schicksale zweier Jungen, zwischen denen 150 Jahre Kolonialgeschichte liegen, und zeigt uns Amerika in neuem Licht: als ein Kontinuum von Vertreibung und Gewalt, das nur hin und wieder von lichten Momenten des Widerstands unterbrochen wird. „Verlorene Sterne“ erscheint am 19.8.24 im Hanser Berlin Verlag.

1934: Moskau ist ein Labyrinth aus Angst und Verrat. Jeder kann jederzeit verhaftet werden. Auch Ossip Mandelstam, dessen gegen Stalin gerichtetes Gedicht keiner lesen darf, das aber alle kennen. Da ruft Stalin selbst Pasternak an. Drei Minuten dauert das legendäre Telefonat zwischen Diktator und Dichter. Stalin fragt, ob Pasternak Mandelstams giftige Verse kenne. Ja oder nein, jede Antwort führt in eine Falle und entscheidet über Mandelstams Leben oder Tod.  Bis heute ist es ein Rätsel, was Pasternak in diesen drei Minuten sagte: Warum konnte er Mandelstam nicht retten? Ismail Kadares „Der Anruf“ erscheint am 29.1.25 im S. Fischer Verlag.
Bereits besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2017/08/25/ismail-kadare-die-verbannte-s-fischer-verlag/

Booker Prize 2023: An einem regennassen Abend in Dublin öffnet die Wissenschaftlerin und vierfache Mutter Eilish Stack ihre Haustür und steht zwei Beamten der neu gegründeten irischen Geheimpolizei gegenüber. Sie sind gekommen, um ihren Mann Larry, einen bekannten Gewerkschafter, zu verhören. Kurz nach dieser Begegnung verschwindet Larry, und sehr schnell beginnen die Dinge in Eilishs Welt aus dem Ruder zu laufen. Irland befindet sich in der Gewalt einer Regierung, die auf dem Weg in die Tyrannei ist. »Das Lied des Propheten« ist ein atemloses Porträt einer Familie am Rande der Katastrophe, das stilistisch und emotional seinesgleichen sucht. Paul Lynchs meisterhafter Roman ist das Buch der Stunde – und ein Appell, die entstehenden autoritären Regime der Gegenwart zu bekämpfen. Erscheint am 13.7.24 im Klett Cotta Verlag.

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Buchmesse Gastland Italien: Marina Jarre erzählt von der Kindheit im multikulturellen Riga der 1930er Jahre. Vom jähen Bruch, als sie nach der Trennung der Eltern zu ihren Großeltern ins faschistische Italien kommt. Von der Aneignung einer neuen Sprache, in der sie zu ihrer Stimme und ihrer Wut findet, in der sie mit ihren Kindern spricht und sich von der Tochterrolle befreit, von der Wandlung der kleinen Lügnerin zur großen, wahrhaftigen Schriftstellerin.“ „Weit entfernte Väter“ erscheint am 23.9.24 im Hanser Berlin Verlag.

Buchmesse Gastland Italien: „Eines Morgens verschwindet die Lehrerin im Wald. Während das Klassenzimmer leer bleibt und ihre Verwandten Straßen und Bäche absuchen, scheint sie immer mehr mit der sie umgebenden Natur zu verschmelzen. Hinter den geschlossenen Fensterläden und in den Straßen des piemontesischen Ortes Biella ist man unterdessen ratlos: Was ist mit Silvia geschehen? Und wer ist sie wirklich? Die gutmütige Lehrerin, für die sie alle halten, oder doch eine Außenseiterin, die etwas zu verbergen hat? Als ein Junge aus der Schule bei einem Streifzug durch den Wald auf die Lehrerin stößt, scheint die Suche ein Ende zu nehmen. Aber was macht man mit einer vermissten Frau, die nicht gefunden werden will?“ „In den Wald“ von Maddalena Vaglio Tanet erscheint am 9.9.24 im Suhrkamp Verlag.

Maryam ist 13 Jahre alt. Die Teenagerjahre durchlebt sie in Wut, Wut auf die Langeweile im Pariser Vorort Drancy, wo sich ihre aus dem Iran stammenden Eltern mit ihr niedergelassen haben. Maryam steht als Figur stellvertretend für eine Grenzgängerin. Für ihr Bemühen, sich zu verändern und sich dabei gleichzeitig die Treue zu halten, hat die Autorin eine bezaubernde Sprache gefunden, die Witz und Ironie nicht entbehrt, aber dabei keine Krise auf die leichte Schulter nimmt. Maryam Madjidis Roman „Eine feine Linie“ erscheint am 22.10.24 im Nagel & Kimche Verlag.

Lyrik aus Israel: Agi Mishol ist die populärste Dichterin Israels, ihre Gedichte sind melancholisch, selbstironisch und berühren durch die Lebendigkeit ihrer erstaunlichen Bilder. Als Tochter von Holocaustüberlebenden geht die Lyrikerin auch den Spuren des heutigen Leids nach, ob sie über einen umgepflanzten Olivenbaum schreibt, der für die Entwurzelung der Palästinenser steht, oder von einer zwanzigjährigen Schahidin, die „unterm weiten Kleid schwanger mit Sprengstoff“ geht. Trotz aller Konflikte überwiegen in Mishols Gedichten die Lichtblicke, denn auch wenn es „unter der Sonne nichts Neues gibt / über ihr vielleicht schon“. „Gedicht für den unvollkommenen Menschen“ erscheint am 22.7.24 im Hanser Verlag.

Aus aktuellem Anlass: Romane über Frauen ohne Frauenrechte

o.T. Tusche auf Papier 21×30 
©Marina Büttner

„Es würde mich nicht wundern, wenn einige der Demonstranten Studenten wären, die noch vor wenigen Monaten mit dem Slogan „Frauen, Leben, Freiheit“ gegen die Unterdrückung im Iran protestiert haben. Es entsetzt mich, wenn dieselben Demonstranten sich heute mit der Hamas solidarisieren. Es scheint mir, dass sie den abgrundtiefen Widerspruch des Inhalts nicht mehr verstehen. Und ich frage mich, warum es sie nicht kümmert, dass die Hamas nicht einmal die kleinste Demonstration für die Rechte der Frauen zulässt. Und dass am 7. Oktober die vergewaltigten Frauen als Kriegsbeute vorgeführt wurden.“

So schreibt Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller in einem offenen Brief über die derzeitigen Entwicklungen hier in Bezug auf den Nahen Osten. Es ist ein Zitat aus einem längeren Text, dem ich viel abgewinnen kann.

Das bestialische Massaker der palästinensischen Terrorgruppe Hamas bei einem israelischen Musikfestival. Die islamistischen Demonstranten kürzlich in Hamburg mit Forderungen nach Kalifat und Scharia. Die zunehmenden sexuellen Übergriffe auf Frauen. Alles Angriffe auf unsere westlichen freiheitlichen Werte. Das alles lässt mich schaudern. Ich denke, es geht vielen Frauen so. Wir wollen unsere hart erkämpften Frauenrechte behalten. In jeder Hinsicht. Deshalb versammle ich hier einige Romane und Gedichtbände, die in unterschiedlichem Kontext von Frauen erzählen, die unterdrückt werden und mit ständig drohender Gewalt und Übergriffen leben müssen, im häuslichen, wie im öffentlichen Raum, um daran zu erinnern, das wir aufpassen sollten, damit so etwas hier niemals Fuß fassen kann.
Mit Klick auf das Bild gehts zu meiner ausführlichen Besprechung.


Blauschmuck: Was sich als Titel des Buches so schön anhört, ist nicht etwa Kette oder Armreif mit blauen Edelsteinen, sondern es sind die Hämatome, die sich auf der Haut der Frauen zeigen, nachdem sie von ihren Männern verprügelt wurden. Die Geschichte spielt in der ländlichen Türkei. Die tagebuchartigen Einträge füllen nicht immer die Seiten ganz. Aber die Sprache! Katharina Winklers Sprache füllt auch die Zwischenräume, dringt zwischen die Zeilen. Das, was erzählt wird ist pure Gewalt und vielleicht war es nur möglich, diese Geschichte in solch einer lyrischen Sprache zu erzählen (und zu lesen).

Bilqiss steht in ihrem kleinen Heimatdorf (in der Türkei?, in Marokko? im Iran? in Afghanistan? etc.) vor Gericht, weil sie eines Morgens statt des betrunkenen Gebetsrufers dessen Aufgabe übernommen hat und auf dem Minarett selbst die Gläubigen zum Gebet rief. Die Gerichtsverhandlung gleicht einer Farce, steht doch von vornherein fest, dass Bilqiss die Höchststrafe erhalten wird – die Steinigung. Azzeddine erzählt Bilqiss Geschichte in der Ich-Form, so dass die Leserin selbst in deren Rolle schlüpfen muss und die Anmaßung dieser Männer im Namen der Religion erfährt. Das löst nicht selten Wut aus auf diese unbegreiflichen Zustände.

Granaz Moussavi ist Iranerin, hat bereits vier Gedichtbände herausgegeben, ihr letzter Band „Rotes Gedächtnis“ durfte im Iran nicht veröffentlicht werden und kursiert nur unter der Hand: Gedichte einer verbotenen Autorin. Gedichte einer Frau. Gedichte, die der Zensur zum Opfer fallen. Es sind Sprachbilder einer Frau, die eigentlich keine Stimme hat in ihrem Land, allein weil sie eine Frau ist. Im Iran kann sie nicht leben, weil ihre Kunst der Zensur unterliegt, im Exil sehnt sie sich nach ihrem Land und nach der Inspiration, die es trotz allem bietet. 


Edna O‘ Brien beschäftigt sich mit sozialkritischen und politischen Themen und richtet den Blick dabei explizit auf Frauen. Hier geht es um die den Tatsachen entsprechende Entführung von Schulmädchen durch Boko Haram in Nigeria im Jahr 2014. Ausgehend von Zeugenaussagen entwickelt die Autorin eine grauenhafte Szenerie über das, was sich in den Lagern der Anhänger der Boko Haram-Bewegung abspielt. Den entführten Mädchen wurden zunächst religiöse Glaubenssätze eingetrichtert. Die christlichen Mädchen sollten sich zum Islam bekennen. Im Anschluss daran hatten sie den Frauen im Lager als Dienstmägde zur Verfügung zu stehen, die Männer benutzten sie als Sexsklavinnen. Bevor sie in den „Heiligen Kampf“ zogen, kam es zu Massenvergewaltigungen.

Im Roman „Das ferne Feuer“ ist die Hauptprotagonistin die Berkeley-Studentin Parvin Schams. Sie hat afghanische Wurzeln, ist aber mit den Eltern als kleines Kind in die USA gekommen. Irgendwann entscheidet sie sich, selbst nach Afghanistan zu reisen. Doch alles ist schwieriger, als sie es sich vorgestellt hat. Es dauert lange, bis sie das Vertrauen der Frauen gewinnt, die sie für ihr Studium über ihre Gesundheit befragen will. Doch was sie glaubt, für ihr Studium erforschen zu wollen, interessiert die Frauen hier gar nicht. Sie haben andere Sorgen. Amy Waldman hat hier ein ganz starkes Buch zu einem brisanten Thema geschrieben, dass vollkommen unparteiisch aufzeigt, wie sich die Situation im Land verändert hat durch die Amerikaner. 

In Lina Atfahs Gedichten finden wir vor allem Abschied und Verlust. Erinnerungen an eine bessere Zeit gehören dazu, die Kindheit, jedoch sehr begrenzt. Viel mehr Raum nimmt das Thema Vertreibung ein. Der IS bedroht die Bevölkerung, besetzt syrische Städte und Dörfer und richtet Massaker an. So schreibt Atfah auch ein Gedicht konkret über den Überfall auf ein Dorf, in dem Verwandte wohnen. Aus diesem Ort wird ein Schlachtfeld. Die Sprache bricht. Sie verleiht auch den Frauen eine Stimme, betrachtet deren Leid und Unfreiheit. 


In „Im düstern Wald werden unsre Leiber hängen“ ist die, die man töten, die man hängen wird, die zwanzigjährige Sheyda. Im Gefängnis wird sie mit Gewalt vor allem gegen Frauen konfrontiert. Und sie reflektiert ihre Geschichte. So erfahren wir Leserinnen, wie es zu dem Mord an ihrer Mutter, den sie ohne zu Zögern gestand, kam. Das ist hochspannend und in einer Sprache geschrieben, die melodiös und poetisch ist und in einer Schönheit, die sehr im Kontrast zum Inhalt steht. Es ist ein Roman mit dunkler Atmosphäre, der in seiner bildhaften Sprache gerade das Bittere der Geschichte zeigt. Die tragische Heldin ist, so wie viele Frauen im Iran, auch außerhalb des Gefängnisses kaum frei. Sie muss sich traditionellen Rollen, die von der Religionspolizei streng überwacht werden unterwerfen. Ava Farmehri schreibt unter Pseudonym.

Für mich ist es „Erschlagt die Armen“ vor allem ein Buch, dass aus der Sicht einer Frau erzählt, die aus einem Land stammt, in dem viele Frauen keinerlei Rechte und kaum Möglichkeiten haben. Shumona Sinhas Roman ist ein Plädoyer für die Gleichberechtigung und gegen die Unterdrückung der Frau. Und ich meine, dass ist überall dringend nötig, egal auf welchem Kontinent, egal ob arm oder reich. Sinha kommt aus einem Land, in dem die Situation der Frau eine der schlimmsten auf der Welt ist. Ich denke beispielsweise an das Kastensystem und die Massenvergewaltigungen von Frauen in Indien. Vor diesem Hintergrund ist mir die Wut, die durch ihr Buch strömt, absolut begreiflich.

Die Graphic Novel Persepolis von Marjane Satrapi habe ich bereits vor vielen vielen Jahren gleich nach Erscheinen gelesen. Deswegen gibt es auch keine Besprechung. Die Geschichte erschien bereits im Jahr 2000 und ist mittlerweile in vielen Auflagen erschienen und mehrfach ausgezeichnet worden: Im Jahr 1979 fegt die Iranische Revolution unter Ayatollah Chomeini den Schah von Persien vom Thron. Marjane ist zehn Jahre alt und das einzige Kind einer linksintellektuellen Familie aus dem Teheraner Bürgertum, die hofft, dass nun bessere Zeiten anbrechen. Bald jedoch wachen Revolutionswächter über den Kopftuchzwang, und der Iran-Irak-Krieg bricht aus. Marjane lässt sich nicht unterkriegen und rebelliert mit Kim-Wilde-Kassetten und Nike-Turnschuhen.

Romane und Erzählungen im Frühjahr – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Frühjahr 2024 – Teil 2: Unabhängige Verlage


Heute gibt es nun den zweiten Teil mit Neuerscheinungen aus den Unabhängigen Verlagen: Neue Romane und Erzählungen, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auch hier gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Rein zufällig überwiegen wie so oft bei mir die Autorinnen. Viel Freude beim Entdecken! Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen. Im nächsten Blogbeitrag folgt dann noch die Lyrik.

In Über die Berechnung des Rauminhalts III schlägt Solvej Balle hoffnungsvollere Töne an und entwirft als Gegengewicht zu Taras bisheriger Angst, die Welt aufzubrauchen, die Idee eines positiven Fußabdrucks: Die lähmende Einsamkeit weicht der Dynamik eines Kollektivs, das entschlossen ist, der Zeitschleife zu entkommen – und bis dahin das Beste daraus zu machen. Ein origineller, radikal unideologischer Kommentar zum Verbrauch der Ressourcen und der Verantwortung des Einzelnen gegenüber der Menschheit. (Verlagstext) Der Band erscheint am 31.05.24 im Matthes & Seitz Verlag. Die ersten Bände habe ich hier besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/10/31/solvej-balle-uber-die-berechnung-des-rauminhalts-ii-matthes-seitz/

Die beiden hochsensiblen Protagonist*innen stehen dem Bösen in unterschiedlicher Gestalt gegenüber, kämpfen um das eigene Überleben, das von Tieren und das von Werten. Im Zentrum von Samota steht die Empathie und die Frage, warum sie so vielen Menschen fehlt oder abhandengekommen ist. Ein geheimnisvolles Buch mit Noir-Elementen und magischem Realismus, das für nicht weniger einsteht als eine bessere Welt und ein glückliches, friedvolles Miteinander (Verlagstext). Der Roman von Volha Hapeyeva erscheint am 29.2.24 im Literaturverlag Droschl. Ihren Lyrikband habe ich bereits hier besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/03/17/volha-hapeyeva-trapezherz-literaturverlag-droschl/

Nach ihrer sehr persönlichen Erzählung An das Wilde glauben führt auch Nastassja Martins neues Buch wieder nach Kamtschatka, wo die Lesenden auf alte Bekannte stoßen: die Even. Doch in Im Osten der Träume reflektiert die Anthropologin nun die ganze Geschichte ihrer Zeit mit den Even. Nastassja Martin begleitet sie und beschreibt, wie das Kollektiv den Dialog mit den Tieren und den Elementen wieder aufnimmt, wobei Träume eine essenzielle Rolle spielen. (Verlagstext) Das Buch erscheint am 28.3.24 im Matthes & Seitz Verlag. Ihr letztes Buch habe ich hier besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2021/05/19/nastassja-martin-an-das-wilde-glauben-matthes-seitz/

Mit großer Fabulierlust entwickelt Kerstin Hensel eine Geschichte, in der Traumsequenzen, Zeitsprünge und (Ab)brüche die Grenzen zwischen Realität und Imagination auflösen. Reale historische Ereignisse mischen sich mit Anklängen an die Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen, Bergmannssagen und fantastischen Begebenheiten, die an E.T.A. Hoffmann erinnern. (Verlagstext) Die Glückshaut erscheint am 14.02.24 im Quintus Verlag.

Im Mittelpunkt von Meri Valkamas von Beginn an fesselnder Erzählung steht die Suche einer jungen Frau nach drängenden Antworten. In ihrer prall erzählten Geschichte gelingt der Autorin ein sehr menschliches Buch, das nach und nach die zerbrechlichen Fragmente der Erinnerungen ihrer Protagonistin und damit die Geschichte der Familie Siltanen zusammensetzt. Und sie erzählt von einer untergegangenen Epoche, denn die selbst in Ostberlin aufgewachsene Valkama zeichnet gleichzeitig ein lebendiges Bild
vom Untergang einer Ideologie und der bis ins Private reichenden Kollateralschäden. (Verlagstext) „Deine Margot“ erscheint am 16.02.24 in der Frankfurter Verlagsanstalt.

Ein sinnliches und poetisches Romangemälde, das von unsicheren Zeiten und vom Licht der Liebe erzählt, ein Roman im Stillleben. Katrin Schumacher verwebt literarische Fantastik, Schauerroman und Naturbeobachtung zu einer poetischen Liebesgeschichte, die von der existenziellen Verunsicherung unserer Zeit erzählt. Weder in der Kultur noch in der Natur finden die Figuren Halt. Was geht und was bleibt? Vielleicht nur eine Liste, die Liste der gebliebenen Dinge. (Verlagstext) Der Roman erscheint am 19.02.24 im Leykam Verlag.

Die Protagonisten von Michela Murgias Geschichten erleben alle auf ihre Weise einen radikalen Umbruch: Sie verlieren sämtliche Gewissheiten – und finden die unterschiedlichsten Antworten auf das, was ihnen geschieht. Sie treffen ungewöhnliche Entscheidungen, kämpfen ums Überleben, erfinden sich neue Rituale oder wählen die kontrollierbare Katastrophe, um der unkontrollierbaren zu entgehen.Ein Mut machendes Buch über Krisen und Neuanfänge, wahrhaftig und hell. (Verlagstext) Drei Schalen erscheint am 01.02.24 im Wagenbach Verlag.

Wie schon in ihrem Debütroman Blauschmuck geht es Katharina Winkler auch in Siebenmeilenherz darum, das Schweigen zu brechen, mit dem Gewalterfahrungen von Frauen in Familien und in der Liebe belegt sind. Aus tiefer Überzeugung, dass Literatur Empathie ermöglichen und Veränderungen auslösen kann, findet die preisgekrönte Autorin eine beeindruckende Sprache, einen adäquaten ästhetischen Ausdruck für das, worüber keiner spricht. (Verlagstext). Der Roman erscheint am 7.3.24 im Matthes & Seitz Verlag. Ihr Debüt habe ich hier besprochen:
https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/04/30/katharina-winkler-blauschmuck-suhrkamp-verlag/

Jo & Gina: Zwei Frauen, zwei Epochen – ein rauschhafter Roman über die Liebe und die Kunst.
Frankreich und Holland um 1900. Die junge Jo van Gogh-Bonger verliert ihren geliebten Mann Theo an die Syphilis. Kurz zuvor hat sich Theos Bruder Vincent van Gogh erschossen. Jo bleibt nichts als ein Baby und Hunderte Bilder des noch unbekannten Malers. Sie beschließt, Vincent weltberühmt zu machen, und setzt damit eine gigantische Erfolgsstory in Gang. (Verlagstext) Die Entflammten von Simone Meier erscheint am 29.02.24 im Kein & Aber Verlag.

Ende des 19. Jahrhunderts: Die 16jährige Hélène, Tochter aus gutem Haus, wird mit einem höheren k&k-Beamten verheiratet. In der Ehe mit dem auf der Karriereleiter immer höher steigenden Diplomaten vereinsamt Hélène und wird »gemütskrank«. Eine Scheidung kommt nicht in Betracht. Schließlich wird das Irrenhaus für sie zum Zufluchtsort, den sie erst nach dem Tod ihres Mannes verlässt. (Verlagstext) Hélène – Befreiung ins Irrenhaus von Eva Geber erscheint im März 24 im marsyas Verlag.

Paris um 1890, eine junge Cabaret-Tänzerin wird in die Nervenheilanstalt Salpêtrière eingeliefert. Um die Existenz der rätselhaften Krankheit «Hysterie» zu beweisen, veranstaltet der leitende Nervenarzt in der Klinik Vorführungen vor internationalem Publikum. Dabei scheint nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen: Die jungen Patientinnen bewegen sich unkontrolliert, verdrehen die Augen, brechen vor der Zuschauerschaft zusammen. (Verlagstext) Nachtblaue Blumen von Alexander Kamber erscheint im März 24 im Limmat Verlag.

Walpurga Hausmännin ist im 16. Jahrhundert Hebamme und grausam zugerichtetes Opfer eines Hexenprozesses. Charlotte-Rose de Caumont de la Force ist adelige Schriftstellerin im Frankreich des 17. Jahrhundert und schreibt „Persinette“ auf, die Vorläufergeschichte zu „Rapunzel“. Susanne Wenger, geboren 1915 in Graz, geht nach dem Zweiten Weltkrieg nach Nigeria, arbeitet dort als Künstlerin und wird Yoruba-Priesterin. (Verlagstext) Hexensommer von Sophie Reyer erscheint am 04.03.24 in der Edition Keiper.

Der Fall Miriam Behrmann ist mehr als ein intelligent und spannend geschriebenes Universitätsdrama, es ist ein hochaktueller, moderner, temporeicher Text, der kollidierende Selbstverständnisse der Generationen vorführt und dabei existenzielle Fragen berührt. Der Konflikt zwischen Miriam Behrmann und Selina Aksoy beschreibt einen Clash of Cultures, einen aktuellen Generationenkonflikt, bei dem über den gesamten Verlauf des Romans hinweg in der Schwebe gehalten wird, wer im Recht und wer im Unrecht ist: die junge, charismatische, auf politische Aktivitäten und Privatleben bedachte Selina Aksoy oder die ambitionierte Professorin mit ihrem eigenen unerbittlichen Arbeitsethos. (Verlagstext) Lydia Lewitschs Roman erscheint am 08.03.24 in der Frankfurter Verlagsanstalt.

1839 verspricht die gerade einmal 19-jährige Léonie d’Aunet bei einem Salongespräch in Paris, ihren nicht anwesenden Verlobten, den Maler François-Auguste Biard, von der Teilnahme an einer Forschungsreise in die Arktis zu überzeugen. Ihre Bedingung: Sie kommt mit, als einzige Frau unter der sonst männlichen Besatzung. Die Reise führt sie auf dem Land- und Seeweg von Paris an die norwegische Küste und weiter nach Spitzbergen, wo sie sich bitterster Kälte und größter Gefahr aussetzt, um Zauber und Schrecken des ewigen Eises zu erleben. (Verlagstext) Reise einer Frau in die Arktis erscheint am 12.03.24 im mare Verlag.

Rebecca Cohen genießt als Tochter eines sephardischen Unternehmers die Privilegien der Istanbuler Oberschicht. Doch als sich in den 1920er-Jahren die Stimmung in Europa verdüstert, beginnt für sie eine jahrelange Odyssee, die sie über Barcelona und Havanna bis nach New York führt. Kantika (»Lied«) ist eine eindringliche, lyrische Erzählung über Identität und Exil und eine inspirierende Geschichte weiblicher Resilienz, mit der Elizabeth Graver ihrer Großmutter Rebecca Cohen ein Denkmal setzt. (Verlagstext) Erscheint am 20.02.24 im Mare Verlag.

Als ihr verwitweter Adoptivvater kurz vor ihrem 43. Geburtstag stirbt, nimmt Sally Diamond ihn beim Wort: Sie versucht, ihn mit dem Müll zu verbrennen. So wie er es ihr gesagt hat. Ein Fehler, denn nun interessieren sich plötzlich alle für die seltsame Frau, die sich gerne taub stellt, wenn sie unter Menschen geht und am liebsten für sich bleibt. Seltsame Sally Diamond ist ein Psychothriller vom Feinsten, ein Buch das unter die Haut geht, düster, hochspannend und ergreifend. Vor allem aber mit einer Hauptfigur, die so entwaffnend ehrlich, liebenswert und einzigartig ist, dass man sie nicht vergisst. (Verlagstext) Liz Nugents Roman erscheint am 28.03.24 im Steidl Verlag.

In seinem neuen Roman über Sehnsucht und Schuld beleuchtet Otto de Kat ein dunkles Kapitel der Kolonialgeschichte und stellt die Frage, ob man dem Gewicht der Vergangenheit jemals entkommen kann. (Verlagstext) Die Stunde des Elefanten erscheint am 22.02.24 im Schöffling Verlag.

Wien im Kriegswinter 1917/18: Sigmund Freud plant, sein analytisches Erbe an seine jüngste Tochter weiterzugeben. Doch Anna kämpft ihren eigenen Kampf. – Ein suggestiver Roman von Bestsellerautor und Tiefenpsychologe Tom Saller. Virtuos erzählt Tom Saller die Geschichte einer therapeutischen Dreiecksbeziehung, der Entdeckung des Todestriebes und der Selbstbehauptung von Anna Freud (Verlagstext). Ich bin Anna erscheint am 21.02.24 im Kanon Verlag.

Im London der Neunzigerjahre war Jay einer der vielversprechendsten jungen Künstler. Heute hat er keinen festen Wohnsitz, er schläft in seinem Auto und liefert Lebensmittel in Upstate New York aus. Mit »Blue Ruin« schafft Hari Kunzru ein groteskes Porträt der Kunstwelt und zugleich ein hochaktuelles Gesellschaftspanorama, das unter die Haut geht. (Verlagstext) Erscheint am 14.05.24 im Liebeskind Verlag. Sein letztes Buch habe ich begeistert gelesen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2021/10/20/hari-kunzru-red-pill-liebeskind-verlag/

Jon Fosse ist der Mystiker unter den Schriftstellern. Was liegt hinter den Dingen? Was macht den Menschen im Grunde aus? Solche Fragen treiben den Norweger um, der 1959 im Küstenstädtchen Haugesund geboren wurde. Seine Theaterstücke und Romane entwickeln einen hypnotischen Sog – dies auch, weil die Stille, das Unausgesprochene bei ihm stets ebenso präsent sind wie die Worte. Mit dem Nobelpreis ist Fosse im Literaturolymp angekommen. Heute sagt Fosse: »Alles, was ich schreibe, ist eine Art Gebet.« (Verlagstext) Mystik und Whisky erscheint am 23.05.24 im Kampa Verlag.

Romane und Erzählungen im Frühjahr – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Frühjahr 2024 – Teil 1: Große Verlage


Schon zu einer schönen Gewohnheit geworden: Neue Romane und Erzählungen aus den Frühjahrsvorschauen, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Heute: Große Verlage auch Publikumsverlage genannt. Es gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Rein zufällig (wie schön) sind hier die Autorinnen in der Mehrzahl. Viel Freude beim Entdecken! Im nächsten Beitrag folgen die Unabhängigen Verlage, darauf die Lyrik. Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen.

Lieblingsautorinnen:

Ich bin großer Fan von Valerie Fritsch und freue mich sehr auf den neuen Roman. „Sprachgewaltig, in packenden Bildern und Episoden erzählt Valerie Fritsch in ihrem neuen Roman von der Ungeheuerlichkeit einer Liebe, die hilflos und schwach macht, die den anderen in mentaler und körperlicher Abhängigkeit hält. Ein Entkommen ist nicht vorgesehen, es sei denn um den Preis, selbst schuldig zu werden.“ (Verlagstext) Zitronen erscheint am 12.02.24 im Suhrkamp Verlag. Von ihr zuletzt auf dem Blog besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/03/22/valerie-fritsch-herzklappen-von-johnson-johnson-suhrkamp-verlag/

Kaiserin ist, wer sich selbst für eine hält. Irene Diwiaks Roman sprüht vor Witz, Biss und Fantasie. Mit liebevoller Ironie und immerwährendem Augenzwinkern schenkt sie ihrer Protagonistin einen letzten großen Auftritt, der es in sich hat. (Verlagstext) Die allerletzte Kaiserin erscheint am 24.04.24 im C. Bertelsmann Verlag. Von ihr zuletzt auf dem Blog besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/04/05/irene-diwiak-sag-alex-er-soll-nicht-auf-mich-warten-c-bertelsmann-verlag/

„Am Sund angekommen, ahnt die Erzählerin nicht, welche Geheimnisse die Gegend birgt. Von der nahegelegenen Insel Lykke schwappen nachts seltsame Gesänge über das Wasser ans menschenleere Festland – oder ist das nur Einbildung? Auf der Insel merkt sie schnell, dass dort trotz des vermeintlichen Idylls etwas nicht stimmt. «Sund» ist der entschlossene Versuch einer Geisteraustreibung, der ebenso frei und unangepasst voranschreitet wie seine Erzählerin selbst.“ (Verlagstext) Laura Lichtblaus zweiter Roman erscheint am 15.02.24 im C.H.Beck Verlag. Ihren Debütroman mochte ich sehr: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/08/17/laura-lichtblau-schwarzpulver-c-h-beck-verlag/

Ich bin sehr gespannt auf den zweiten Roman von Deniz Ohde. „Ich stelle mich schlafend“ erzählt von den dunklen Seiten einer Liebe – und die Geschichte einer Befreiung. Ein eindringlicher Roman über den Versuch einer Auslöschung und über die Frage, ob es eine Berührung gibt, die den Kern eines Menschen unwiederbringlich verändert.“ (Verlagstext) Deniz Ohdes zweiter Roman erscheint am 11.03.24 im Suhrkamp Verlag. Ihren Debütroman habe ich hier besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/09/08/deniz-ohde-streulicht-suhrkamp-verlag/

Nordische Autorinnen:

Das Schlimmste passiert dort, wo wir uns sicher fühlen: in der eigenen Familie. Was nach dem plötzlichen Tod des Vaters zunächst wie ein Erbstreit zwischen Geschwistern aussieht, wird für die ältere Schwester Bergljot zu einem Kampf um die jahrzehntelang verdrängte Wahrheit. Es geht nicht um Geld und Besitz. Es geht darum, wem die Vergangenheit gehört. Mit unverwechselbarer Konsequenz erzählt Vigdis Hjorth von der Sehnsucht nach Anerkennung, von der Kraft der Befreiung und von der Frage, ob wir unserer eigenen Geschichte vertrauen dürfen. (Verlagstext) Ein falsches Wort erscheint am 13.03.24 im S. Fischer Verlag. Ihr vorheriger Roman hat mir sehr gut gefallen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/11/02/1000-blogbeitrag-vigdis-hjorth-die-wahrheiten-meiner-mutter-s-fischer-verlag/

„Eine Abiturientin verlässt ihre Geburtsstadt Helsinki, um in der fernen Schweiz die Liebe und Anerkennung zu finden, die ihr in ihrem sozialistischen Elternhaus versagt geblieben ist. Doch in der Fremde erkennt sie, dass ihre Sehnsucht nach Zugehörigkeit sie immer enger in ihrem Korsett verschnürt, statt sie daraus zu befreien. Die vielfach ausgezeichnete finnische Autorin Pirkko Saisio findet eine einzigartige Sprache für die Kraft und den Mut, den es braucht, um die Gesetze der Kindheit zu durchbrechen und die eigene Bestimmung zu finden.“ (Verlagstext) Gegenlicht erscheint am 16.03.24 im Klett Cotta Verlag. Ihren Roman „Das rote Buch der Abschiede“ mochte ich sehr: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/11/24/pirkko-saisio-das-rote-buch-der-abschiede-klett-cotta-verlag/

Der Urlaub in Lappland soll die lang ersehnte Erholung für Karo und Risto bringen. Doch dann kommt es zu einem Autounfall und die beiden sitzen fest, in einem Hotel namens Arctic Mirage. Leicht verletzt und noch halb unter Schock bewegen sie sich sehr unterschiedlich durch die luxuriöse Anlage inmitten der Schneelandschaft. Terhi Kokkonen beschreibt den gefährlichen Drahtseilakt eines Paares, das ein dunkles Geheimnis hütet. Und die Anziehungskraft einer Landschaft, deren gedämpftes Weiß Gefahr verheißt. (Verlagstext) Arctic Mirage erscheint am 29.01.24 im Hanser Berlin Verlag.

Schweden in den 1950er Jahren. Else-Maj ist sieben Jahre alt, als sie das vertraute Leben im Sámi-Dorf und die wärmende Gegenwart ihrer geliebten Rentiere hinter sich lassen und in ein sogenanntes Nomadeninternat gehen muss. Im Land der Rentiere wird eine Gruppe von Kindern ihrer Welt entrissen und in ein entlegenes Internat verbracht, wo sie sich großen Herausforderungen stellen müssen. Eine unvergessliche Geschichte über dunkle Geheimnisse, Hoffnung und Zusammenhalt und die Rückkehr ins Licht. (Verlagstext) Die Zeit im Sommerlicht von Ann-Helén Laestadius erscheint am 04.04.24 im Hoffmann & Campe Verlag.

Nochmal nordisch:

Lappland 1944: Nachdem die Truppen der deutschen Wehrmacht aus Finnland vertrieben wurden und dabei alles zerstörten, was auf ihrem Weg lag, müssen zehntausende Menschen ihre Heimat verlassen. Wie ein großer Strom nimmt Rosa Liksom in ihrem neuen Roman ihre Figuren auf, treibt sie immer weiter, wie das Leben selbst, bettet sie ein in den Lauf der Jahreszeiten und verknüpft dabei meisterhaft die Geschichte einer Flucht mit einer einfühlsamen Coming-of-Age-Erzählung. (Verlagstext) Über den Strom erscheint am 26.06.24 im Penguin Verlag.

Kopenhagen, Hochsommer: Fünf Jugendliche und die namenlose Erzählerin leben nach längeren Aufenthalten in der Psychiatrie in einem betreuten Wohnheim, das ihnen den Weg zurück in den Alltag erleichtern soll. Die Abläufe sind einfach, aber nicht selbstverständlich: Kochendes Wasser ist für Tee, nicht zur Selbstverletzung gedacht, und ein offenes Fenster ist keine Einladung zum Sprung. (Verlagstext) Weiches Königreich von Fine Gråbøl erscheint am 19.03.24 im Ecco Verlag.

Wie kommt es, dass sich eine junge Kopenhagenerin Anfang des 19. Jahrhunderts allein auf eine lange, beschwerliche und gefährliche Seereise nach Hongkong macht? Erst als sein Vater auf dem Totenbett liegt, fragt ihn Lars Saabye Christensen nach jener Zeit, die seine Großeltern im fernen Osten verbrachten. Er begibt sich auf eine Spurensuche, die Überraschungen bereit hält. Weder Phantasie noch Vermutungen können die Leerstellen und Lücken füllen, die sich bei der Recherche auftun. Doch indem er sich akribisch an die vorhandenen Quellen hält, zeichnet Lars Saabye Christensen ein umso faszinierenderes Gemälde einer Zeit, einer Familie, eines Paares, einer Frau (Verlagstext) Meine chinesische Großmutter erscheint am 13.03.24 im BTB Verlag. Zuletzt von Christensen auf dem Blog: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2018/05/25/lars-saabye-christensen-magnet-btb-verlag/

Autorinnen, übersetzt

Ein Londoner Künstler und ein französischer Linguist landen im Sommer 1979 auf einer abgelegenen irischen Insel. Der Künstler ist angereist, um die zerklüfteten Klippen im Atlantik zu malen, der Linguist, um den Niedergang der irischen Sprache zu verfolgen. Jeder der Männer will die unberührte Insel und seine Bewohner für sich alleine haben. Vor dem Hintergrund Nordirlandkonflikts, erzählt der Roman vom harten Leben der Inselbewohner und von ihren Träumen – die sie über die harschen Grenzen ihrer abgeschiedenen Realität hinausführen. (Verlagstext) Das Habitat von Audrey Magee erscheint am 21.05.24 im Nagel und Kimche Verlag.

Dieses Buch ist ein eindrucksvolles Fresko von Rom, der verführerischsten Stadt von allen: widersprüchlich, in ständigem Wandel und ein Zuhause für diejenigen, die wissen, dass sie nicht ganz dazugehören können, sich aber trotzdem dafür entscheiden. «Das Wiedersehen» ist ein meisterhaftes Werk einer der großen Schriftstellerinnen unserer Zeit. Jhumpa Lahiri hat es in ihrer geliebten Wahlsprache Italienisch verfasst und erzählt wie keine andere von Heimat und Zugehörigkeit. (Verlagstext) Erscheint am 14.05.24 im Rowohlt Verlag. Ihren letzten Roman habe ich hier besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2020/07/16/jhumpa-lahiri-wo-ich-mich-finde-rowohlt-verlag/

Gaea Schoetersʼ preisgekrönter Roman ist von einer außerordentlichen erzählerischen Wucht. Die Tiefenschärfe, mit der sie die Geräusche und Gerüche der Natur beschreibt, lässt einen sinnlich erleben, was einen moralisch an die Grenzen zwischen Richtig und Falsch führt. Hunter, steinreich, Amerikaner und begeisterter Jäger, hatte schon fast alles vor dem Lauf. Endlich bietet ihm sein Freund Van Heeren ein Nashorn zum Abschuss an. Hunter reist nach Afrika, doch sein Projekt, die Big Five vollzumachen, wird jäh von Wilderern durchkreuzt. (Verlagstext) Trophäe erscheint am 19.02.24 im Zsolnay Verlag.

Das Mädchen ist tot, die Haushälterin wird vernommen. Zum ersten Mal hören alle Estela zu. Szene um Szene offenbart sie ein schwindelerregendes Kammerspiel unüberbrückbarer Klassenunterschiede. Sieben Jahre hat Estela im Haus der fremden Familie gelebt, hat tagein, tagaus für sie gesorgt. Auf engstem Raum ringen vier Menschen ums Überleben und rasen doch unausweichlich auf eine Katastrophe zu. (Verlagstext) Mein Name ist Estela von Alia Trabucco Zerán erscheint am 19.02.24 im Hanser Berlin Verlag.

Autoren und last but not least ein Sachbuch über Autorinnen

„Der Kampf eines Mannes, der nichts zu verlieren hat. Gegen die Welt und sich selbst. Einst war Konrad Widuch begeisterter russischer Revolutionär, kämpfte in der Reiterarmee. Unter Stalins Herrschaft verliert er alles, den Glauben an die Sowjetunion, seine junge Familie, die Zukunft. Szczepan Twardoch schickt seinen Helden auf eine zum Zerreißen spannungsvolle Lebensreise. Russland, der hohe Norden, das 20. Jahrhundert in all seinen Abgründen prägen diesen Weg.“ (Verlagstext) Kälte erscheint am 16.04.24 im Rowohlt Berlin Verlag. Bereits auf dem Blog besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/07/25/szczepan-twardoch-drach-rowohlt-verlag/

„In überraschenden Wendungen erzählt Bakker von einem Mann, dessen Leben wider seinen Willen Fahrt aufnimmt. Der Sohn des Friseurs ist ein berührender Roman über Sehnsucht, das Bedürfnis nach Nähe und die Notwendigkeit, die Grenzen des Bekannten zu durchbrechen.“ (Verlagstext) Gerbrand Bakkers neuer Roman erscheint am 12.02.24 im Suhrkamp Verlag. Von Bakker habe ich bereits auf dem Blog besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/10/07/gerbrand-bakker-jasper-und-sein-knecht-suhrkamp-verlag/

„Im August 2022 wird Salman Rushdie während einer Lesung in New York auf offener Bühne mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt. Mehr als dreißig Jahre, nachdem das iranische Regime wegen seines Romans »Die satanischen Verse« die Fatwa gegen ihn ausgesprochen hat, holen ihn diese Ereignisse ein. Salman Rushdie überlebt den Anschlag und hält seinem Angreifer das schärfste Schwert entgegen: Er verarbeitet diese unvorstellbare Tat zu Weltliteratur.“ (Verlagstext) Knife erscheint am 16.04.24 im Penguin Verlag.

Nicole Seifert erzählt die Geschichte der Gruppe 47 aus einer neuen Perspektive: der der Frauen. Ihr Ergebnis kommt einer Sensation gleich. Ein kluges, augenöffnendes Buch, das sofort große Lektürelust entfacht. Schriftstellerinnen wie Gisela Elsner und Gabriele Wohmann müssen neu gelesen, Schriftstellerinnen wie Ruth Rehmann, Helga M. Novak und Barbara König neu entdeckt werden.  Ein ganz neuer Blick auf die Gruppe 47 und die Nachkriegsliteratur, der uns bis in die Gegenwart führt. „Einige Herren sagten etwas dazu“ erscheint am 08.02.24 im Kiepenheuer & Witsch Verlag.

Auf dem Blog Zeichen & Zeiten gibt es eine weitere Vorschau aufs Frühjahr.

Meine leuchtenden Liebsten im Jahr 2023 – Romane, Erzählungen, Lyrik, Hörbuch

Mein literarischer Jahresrückblick


Es war erstaunlich wenig Lyrik für mich persönlich in diesem Jahr dabei, aber das lag womöglich an meiner Lyrik-Lese-und Schreib-Flaute. Dafür gab es umso mehr intensive Romane und ungewöhnlich starke Erzählungen als Lektüre. Hier konnte ich die Auswahl auch nicht weiter einschränken. Ich bin sehr zufrieden mit dem Lesejahr, in dem auch wieder Autorinnen haushoch in der Mehrzahl sind, ohne dass ich es bewusst beabsichtigt hätte. Durch Klick auf das jeweilige Foto gehts zur Besprechung.
Kommt alle gut ins neue Literarische Jahr!
Gleich eingangs erwartet Euch dann hier wieder mein 3-teiliger Blick in die Frühjahrs-Vorschauen 2024.

Romane


Erzählungen und ein Hörbuch


Lyrik

Romane im Herbst – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Herbst 2023 Teil 1 – Unabhängige Verlage


Ergänzend zum Lyrikherbstbeitrag gibt es nun neue Romane, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Heute: Unabhängige Verlage. Auch hier gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Viel Freude beim Entdecken! Im Beitrag danach folgen die Großverlage. Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen.

Gefangen in einer Zeitschleife erlebt Tara Selter immer denselben Tag, während es für alle anderen Menschen, denen sie begegnet, ein immer neuer Anfang ist. Es ist ständig Herbst, sie sehnt sich nach Frühlingssonne und warmen Sommerabenden, nach Schnee und Weihnachten. Um die Jahreszeiten zu rekonstruieren, begibt sie sich in der stillstehenden Zeit auf Reisen durch den Raum. Über die Berechnung des Rauminhalts II sprengt den Rahmen des kleinen Universums, in dem sich der erste Band dieses groß angelegten Romanprojekts abspielt. Raffiniert erweitert Solvej Balle ihren Erkundungsraum, um die Bedingungen unserer Existenz umso tiefer zu erforschen. (Verlagstext) Das Buch erscheint am 21.9.23 im Matthes & Seitz Verlag. Ich bin schon so gespannt, denn der erste Band war grandios: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2023/03/01/solvej-balle-uber-die-berechnung-des-rauminhalts-i-matthes-seitz-verlag/

Wie freue ich mich auf eine neue Übersetzung von Voskuil. Ich bin riesiger Fan von „Das Büro“ und liebe Maarten und Nicolien. „Die Auseinandersetzungen zwischen Maarten und Nicolien über die Nachbarn im Speziellen und Außenseiter im Allgemeinen werden immer fundamentaler. In fulminanten Streitszenen schafft J.J. Voskuil das bewegende und vor allem urkomische Porträt einer Ehe im Zeichen einer unlösbaren Frage. Dieses Puzzlestück aus Voskuils literarischem Universum, wie immer kongenial übersetzt von Gerd Busse, durfte erst nach dem Tod des Autors veröffentlicht werden. Zu groß war die Sorge, das Porträt der misslingenden Freundschaft könnte die realen Vorbilder verdrießen.“ (Verlagstext) „Die Nachbarn“ erscheint am 17.8.23 im Wagenbach Verlag. Zum „Büro“: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2018/01/30/j-j-voskuil-abgang-der-tod-des-maarten-koning-das-buero-6-7-verbrecher-verlag/

In ihrem neuen preisgekrönten autobiographischen Roman erzählt Brigitte Giraud eine berührende Liebesgeschichte. Schnell leben ist ein überwältigendes Buch über Schuld ohne Schuldige, über die schmerzhafte Erfahrung von Verlust und Trauer, über Trost und das Weiterleben. Lange habe es gedauert, bis sie dieses autobiographische Buch habe schreiben können, sagt die Autorin. Erst jetzt kann sie die Kausalkette rekonstruieren, die zur Katastrophe geführt hat, und umkreist uns alle betreffende universelle Fragen: »Was im Leben löst Katastrophen aus? Existiert Schicksal?« (Verlagstext) Von ihr habe ich vor langer Zeit einige Romane gelesen. Auch die Vorgeschichte zu diesem hier. Außerdem besprochen: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2016/06/23/brigitte-giraud-einen-koerper-haben-s-fischer-verlag/ Erscheint am 31.8.23 in der Frankfurter Verlagsanstalt.

Kein Roman, aber trotzdem dabei: In diesen Gesprächen, die Laure Adler mit Etel Adnan wenige Monate vor deren Tod im Herbst 2021 geführt hat, zeichnet die Künstlerin tiefgründig und emotional die Erfahrungen nach, die ihr poetisches und malerisches Schaffen begründen. Sie erzählt von ihrer Kindheit im Libanon, ihrem Studium an der Sorbonne, den Jahren in New York und vor allem in Kalifornien, bis zu ihrer späten (und »anstrengenden«) Anerkennung auf der documenta in Kassel im Jahr 2012. Das Gespräch zwischen Laure Adler und Etel Adnan wird schnell komplizinnenhaft, denn es ist auch das manchmal schwierige Schicksal von Frauen, das betrachtet und hinterfragt wird. (Verlagstext) Ich liebe Etel Adnans Arbeiten: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2022/10/26/etel-adnan-die-stille-verschieben-edition-nautilus/
„Die Schönheit des Lichts“ erscheint am 21.9.23 im Aki Verlag.

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»Ich muss zu überleben beginnen.« Nüchtern, ruhig und gefasst beobachtet die Frau, deren Stimme wir in Laura Freudenthalers Buch hören, wie die Dinge außer Kontrolle geraten. Die Frau, die hier erzählt, registriert es mit kalter Verzweiflung und wachsender Besessenheit. Sie sucht Zuflucht, wechselt, von Träumen getrieben, ständig ihren Wohnort, tauscht die Zudringlichkeiten der Stadt gegen die Isolation am Land und entfernt sich zunehmend von der Welt, in der man bei Abendeinladungen und Festen über Beziehungen und Psychotherapien spricht. (Verlagstext) Auch hier bin ich sehr gespannt. Die beiden vorigen Romane habe ich sehr geliebt: https://literaturleuchtet.wordpress.com/2019/02/17/laura-freudenthaler-geistergeschichte-literaturverlag-droschl/Arson“ erscheint am 28.8.23 im Jung und Jung Verlag.

Helen entstammt einer New Yorker Familie, deren einst märchenhafter Wohlstand und liebevolle Verbundenheit miteinander ferne Erinnerung sind. Sie wächst in prekären Verhältnissen auf, der Vater spielt früh keine Rolle, mit der lebensunfähigen Mutter verbindet sie eine heillos verstrickte Beziehung. Schonungslos und wortgewaltig erzählt Janet Hobhouse in ihrem Roman von den Konflikten mit der Mutter und der lebenslangen Suche nach dem eigenen Weg. (Verlagstext) „Die Furien“ erscheint am 16.8.23 im Dörlemann Verlag.

Nehmen wir einmal an, es war so: María beginnt als junge Frau für die beste Kunstgutachterin des Landes zu arbeiten. Enriqueta Macedo, die ausschließlich in druckreifen Sentenzen spricht, lehrt María, wie sich Kunstfälschungen durch genaues Sehen enttarnen lassen. Und sie weiht ihren Schützling in ein wohlgehütetes Geheimnis ein: Als Teil einer Bande erklärt Enriqueta seit Jahren Fakes zu Originalen. Mit sprühendem Witz entführt die Argentinierin María Gainza in ein Spiegelkabinett voller spleenig-nebulöser Figuren, authentischer Fakes und unwahrscheinlich schöner Geschichten: Denn was ist origineller als eine echt gute Fälschung? (Verlagstext) „Schwarzlicht“ erscheint am 17.8.23 im Wagenbach Verlag.

Der Regen trommelt auf den schottischen See, schluckt das Licht des langen Sommertages und lässt die Pfützen brodeln. Hinter den Fenstern der wenigen Ferienhütten bleibt kaum etwas zu tun, als die Nachbarn zu beobachten. Während die Stunden fast unmerklich vergehen, formen die Urlaubsgäste aus flüchtigen Eindrücken ihr Urteil. Mit Witz und Einfühlungsvermögen erzählt Sarah Moss von der menschlichen Fähigkeit zu Grausamkeit und Güte. (Verlagstext) „Sommerwasser“ erscheint am 10.7.23 im Unionsverlag.

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Rote Augen ist ein Roman, der einen nicht mehr loslässt: Mit dem Kunstgriff einer Erzählerin, die durchgehend in indirekter Rede berichtet und somit nur darüber charakterisiert wird, was andere über sie sagen, macht Myriam Leroy die Machtlosigkeit und Isolation spürbar, der Opfer digitaler Gewalt ausgesetzt sind und die sie selbst erlebt hat. Sie zeigt: Der Frauenhass, der sich in den sozialen Netzwerken Bahn bricht, ist kein Online-Phänomen – sondern ein höchst realer Albtraum. (Verlagstext) Erscheint am 4.9.23 in der Edition Nautilus.

Musik ist Simons Beruf und seine Berufung. Doch eines Tages auf einer Sommertournee durch Finnland, als er in einer Kirche Bartóks Solosonate für Violine spielt, passiert es: Zwei Finger der linken Hand verweigern ihren Dienst, Simon muss das Konzert abbrechen. Ganz allein macht Simon sich mit der Natur der kleinen Insel vertraut, dem Meer, den Bäumen, den Möwen, lernt Bootfahren und Holzhacken. Und sucht nach einer Antwort auf die Frage, was er ohne seine Geige sein kann. (Verlagstext) Stefan Mosters „Bin das noch ich“ erscheint am 8.8.23 im Mare Verlag.

Seyoum legt zur letzten Überfahrt des Jahres ab. Seine Geschäfte als Schleuser laufen glänzend. Die Not der Menschen, die zu ihm ins Boot klettern, übersteigt ihre Angst vor dem Mittelmeer. Er sieht in ihren Augen unauslöschliche Hoffnung und die Verachtung seiner Jugendliebe Madiha, die plötzlich leibhaftig vor ihm steht. Was hat damals ihre gemeinsamen Fluchtpläne durchkreuzt? Erwartet sie noch eine gemeinsame Zukunft? (Verlagstext) „Der Schleusser“ von Stephanie Coste erschien im Austernbank Verlag am 1.7.23.

Wie in ihren Theaterstücken gibt Lot Vekemans auch in ihrem zweiten Roman Einblick in die dunklen Räume der menschlichen Seele, indem sie nach den verborgenen Beweggründen für unser tägliches Tun sucht. Der Bestseller aus den Niederlanden: melancholisch, spannend und hochemotional! Der Verschwundene erscheint am 26.7.23 im Wallstein Verlag.

Leipziger Buchmesse 2023 – Gastland Österreich Teil 2 Prosa

Zum ersten Mal findet die Buchmesse in Leipzig im April statt; vom 27. -30.4.23. Dieses Jahr gibt es hier auf dem Blog wieder einen Buchmesse-Special-Beitrag. Das liegt daran, dass das Gastland 2023 Österreich ist und ich die österreichische Literatur wirklich sehr schätze und bereits viele Bücher hier besprochen habe. So sind hier nicht nur neue Romane zu finden, sondern auch Backlisttitel. Nach Teil 1 Lyrik, folgt nun Teil 2 mit Prosa. Viel Freude beim Entdecken! Mit Klick auf das Foto kommt man zu meiner Besprechung:

Logo: Rechte: https://gastland-leipzig23.at/meaoiswiamia/

Zum Indiebookday: Prosa aus unabhängigen Verlagen – Favoriten aus allen Blogjahren


Die unabhängigen Verlage, sprich Indie-Verlage, bieten eine bunte Buchvielfalt: Es lohnt sich sie zu entdecken. Man erkennt sie meist schon an der außergewöhnlichen Aufmachung und an der liebevollen Gestaltung. Sie überraschen mit noch unbekannten neuen Autoren oder haben sich den Wiederentdeckungen verschrieben oder füllen bestimmte Nischen. Nach Lyrik zum Welttag der Poesie nun Prosa zum Indiebookday.

Hier meine Empfehlungen aus jedem der sieben Jahre, die mein Blog Literatur leuchtet jetzt besteht: Mit Klick aufs Bild geht es zu meiner Besprechung

Foto/Logo: Mairisch Verlag und Karen Köhler/Website https://www.indiebookday.de/

Romane im Frühjahr – Eine kleine subjektive Auswahl aus den Verlagsvorschauen Frühjahr 2023


Zum ersten Mal gibt es nun zum Lyrik-Frühjahrsbeitrag ergänzend auch neue Romane, die sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auch hier gilt: Es ist eine vollkommen subjektive Auswahl. Viel Freude beim Entdecken! Durch Klick auf den jeweiligen Verlag gelangt man zu weiteren Informationen.

Mein Faible für österreichische Autorinnen/Österreich als Gastland der Leipziger Buchmesse 2023:

Der neue Roman der Bachmannpreisträgerin 2022 Ana Marwan liegt schon zum Lesen bereit: „Rita findet sich nicht zurecht in der Welt. Stets übt sie sich in Genügsamkeit und Akzeptanz und kommt früh zu der Erkenntnis, dass sich Träume oder Dinge, die verloren gehen, durch andere ersetzen lassen. Durch Beobachtung stellt sie fest: Der Mensch ist ein Gefäß, in das über die Jahre alles hineinkommt von außen – Meinungen, Verhaltensweisen, Gesten … Das Leben betrachtet sie als eine reine Aneinanderreihung von Spielchen; je nach Situation wird diese oder jene Version der eigenen Person zur Schau gestellt und vor sich hergetragen.“ (Verlagstext) Verpuppt erscheint Ende Januar 23 im Otto Müller Verlag.

Eine weitere Bachmannpreisträgerin ist Birgit Birnbacher. Auch hier freue ich mich auf den neuen Roman „Wovon wir leben“: „Birgit Birnbacher, der Meisterin der „unpathetischen Empathie“ (Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau), gelingt es, die Frage, wie und wovon wir leben wollen, in einer packenden und poetischen Sprache zu stellen.“ (Verlagstext) Erscheint am 20.2.23 im Zsolnay Verlag.

Und auch auf Irene Diwiaks neuen Roman bin ich gespannt: München, 1941. Die zwei Studenten Hans und Alex scheint auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu verbinden – bis sie eines Tages den Wehrsport schwänzen, um über Kunst und Literatur zu diskutieren anstatt Appell zu stehen. Irene Diwiak erzählt von eine wahren Freundschaft, von der iwr noch nie auf diese Weise gelesen haben. Eine Geschichte der „Weißen Rose“, die nicht von ihrem Ende handelt, sondern von ihrem ganz besonderen Anfang. (Verlagstext) Sag Alex, er soll nicht auf mich warten erscheint am 22.2.23 im C. Bertelsmann Verlag.

Sehr gespannt bin ich auf diesen „Wien-Roman“:
In fiebriger Erregung warten die Einwohner Wiens am 31. Juli 1914 das Verstreichen des deutschen Ultimatums ab. Unter ihnen sind drei, deren bekannte Welt zu zerfallen droht: Der Pferdeknecht Hans, der adlige Adam und die Mathematikerin Klara. Der spektakuläre neue Roman der preisgekrönten Wiener Autorin ist ein literarisches Ereignis. Raphaela Edelbauers „Die Inkommensurablen“ erschien am 14.1.23 im Klett Cotta Verlag.


Gern gelesene zeitgenössische deutschsprachige Autorinnen:

Marlene Streeruwitz ganz aktuell: „Konstanze ist Übersetzerin und tastet nach den Corona-Lockdowns wieder nach ihrem Leben. Veronica hat ihr Studium abgebrochen, sie stellt sich einer Zukunft ohne Glücksversprechen. Die Gewissheit in der Verbindung zwischen Mutter und Tochter scheint zerbrochen, ein Gespräch nur noch über gemeinsame Netflix-Abende möglich. Marlene Streeruwitz‘ »Tage im Mai.« ist ein virtuoser Roman, der mit wechselnden Perspektiven von der Entfremdung erzählt, von einer Welt, in der Krieg und Verschwörung wieder zum Alltag werden.“ (Verlagstext) Erscheint am 25.1.23 im S. Fischer Verlag.

Und noch eine Bachmannpreisträgerin, die Älteste: Über fünfzig Jahre lang teilen sie ihr Leben, doch nun ist der Mann schwer krank. Helga Schuberts rührende Liebeserklärung an den Mann an ihrer Seite und all die Dinge, die das Leben inmitten der Widrigkeiten des Alters lebenswert machen. (Verlagstext) Helga Schuberts Der heutige Tag erscheint am 16.3.23 im DTV Verlag.

Vorfreude auf den neuen Roman dieser sprachzaubernden Autorin: Alle Figuren verbindet ein Jahrhundert von Krieg und Nachkrieg, Flucht und Vertreibung, von Gewalt. Was bedeutet es, in einem Staat zu leben, der Menschenzucht betreibt? Und wie darüber schreiben, was den Frauen im Krieg geschieht? Was ihnen die Sprache nimmt. Was sie für immer verwandelt. Und wie über die unsichtbare Kraft, die verhindert, dass sie daran zerbrechen? Ulrike Draesner gibt den Verwandelten ihre Stimmen zurück. (Verlagstext) Erscheint am 8.2.23 im Penguin Verlag.

Ein neuer Roman von Juli Zeh ist immer eine sichere Bank: Zwanzig Jahre sind vergangen: Als sich Stefan und Theresa zufällig in Hamburg über den Weg laufen, endet ihr erstes Wiedersehen in einem Desaster. Zu Studienzeiten waren sie wie eine Familie füreinander, heute sind kaum noch Gemeinsamkeiten übrig. So sehr sie sich bemühen, die Politik aus ihrer Freundschaft herauszuhalten – es ist, als liefen die Gräben einer gespaltenen Nation mitten durch ihre Beziehung. Ist heute wirklich jeder und jede gezwungen, eine Seite zu wählen? Gibt es noch Gemeinsamkeiten zwischen den Welten? (Verlagstext) Zwischen Welten erscheint am 25.1.23 im Luchterhand Verlag.


Mein Faible für nordische Autor*innen:

Auf den zweiten Teil der Trilogie der Schwedin Karin Smirnoff habe ich schon gewartet: Dass sie auf ihre Mutter nicht zählen kann, kapiert Agnes sofort. Milch kriegt sie nur, wenn sie schreit, bis die Nachbarn klopfen. Wenn sie überleben will, muss sie der Bosheit ihrer Mutter immer einen Schritt voraus sein, die sich dafür rächt, dass Agnes ihre Karriere als Pianistin zerstört hat und die Frechheit besitzt, selbst ein Wunderkind zu sein. Mit unverwechselbarer Lakonie erzählt Karin Smirnoff von Gewalt und Machtmissbrauch, doch sie überlässt diese Welt der Willkür nicht den Tätern. Die Kinder dieses Romans sind mit so viel fantastischer Stärke und Galgenhumor ausgestattet, dass es ihnen gelingt, sich zu befreien. (Verlagstext) Wunderkind erscheint am 23.1.23 im Hanser Verlag.

„Hilma“: Bewegende Romanbiografie über die geniale schwedische Malerin Hilma af Klint: Stockholm 1896: Die Malerin Hilma af Klint hat genug von künstlerischen und gesellschaftlichen Konventionen. Sie will anders leben, anders lieben und auch in der Kunst radikal neue Wege gehen.Sofia Lundberg, Alyson Richman und M. J. Rose ist mit „Hilma“ ein atemberaubender Künstlerinnen-Roman gelungen, der die Leben und Schicksale von fünf mutigen Frauen in Stockholm um 1900 miteinander verbindet. (Verlagstext) Erscheint am 30.3.23 im Piper Verlag.

Der bewegende Bestseller aus Norwegen um ein unbekanntes Stück deutscher Geschichte. Als Juni ins Haus ihrer verstorbenen Großeltern auf der kleinen norwegischen Insel zurückkehrt, entdeckt sie ein Foto: Es zeigt ihre Großmutter Tekla als junge Frau mit einem deutschen Soldaten. Wer ist der unbekannte Mann? Ihre Mutter kann Juni nicht mehr fragen. Das Verhältnis zwischen ihrer Mutter und ihrer Großmutter war immer von etwas Unausgesprochenem überschattet. »Als Großmutter im Regen tanzte« erzählt davon, wie uns die Vergangenheit prägt bis in die Generationen der Töchter und Enkelinnen. (Verlagstext) Trude Teiges Roman erscheint am 22.2.23 im S. Fischer Verlag.

Auf den dritten Roman in deutscher Übersetzung freue ich mich: Tarjei Vesaas (1897–1970) beschreibt in »Der Keim« eine Gruppe von Inselbewohnern, die eine verschworene Gemeinschaft bilden. Ein Neuankömmling auf der Insel bricht in dieses fest gefügte familiäre Miteinander ein und wirft einen dunklen Schatten auf den sonnigen Sommertag. Vesaas schrieb »Der Keim« 1940, einige Jahre vor seinen berühmten Romanen, und leitete nach einem naturalistischen Frühwerk damit die Phase symbolstarker, poetisch verknappter Prosa mit enormer psychologischer Intensität ein. (Verlagstext) Erscheint im März 23 im Guggolz Verlag.

Autorinnen aus dem englischsprachigen Raum:

Eine meiner Allzeit-Favoritinnen:
Soll man Unbarmherzigen gegenüber barmherzig sein? Anna unterrichtet an einer Grundschule und möchte immer noch die Welt verbessern. Wie vor fünfundzwanzig Jahren, als sie in Edinburgh mit einer Gruppe von Straßenkünstlern gegen die Kriegs- und Sozialpolitik der englischen Regierung demonstrierte. Doch bis wohin reicht das Böse – und kann Anna sich selber davon freihalten? Ein Meisterwerk der moralischen Beunruhigung. In ihrem unnachahmlichen Stil, in dem sich Ironie und Empathie verbinden, erzählt A.L. Kennedy von der Möglichkeit der Liebe der Menschen füreinander. (Verlagstext) Als lebten wir in einem barmherzigen Land erscheint am 20.3.23 im Hanser Verlag.

Ich bin Fan von ihr: „Lapvona“Ottessa Moshfeghs Roman über menschliche Monstrosität, Ungleichheit, Korruption und Tyrannei. In ihrem neuesten Meisterwerk entwirft Ottessa Moshfegh ein höllisches Panoptikum menschlicher Monstrosität und trifft in der grotesken Darstellung von Ungleichheit, Korruption und Tyrannei den Nerv unserer Zeit erschreckend genau. (Verlagstext) Erscheint am 23.1.23 im Hanser Verlag.

Von Nell Zink, US-Amerikanerin, die in Brandenburg lebt, gibt es ebenfalls einen neuen Roman: Für Bran Thomas ist Avalon ein paradiesischer kleiner Hafenort auf Santa Catalina Island, vor der Küste Kaliforniens. Sie war dort nur einmal, mit ihrer Mutter, als diese noch lebte. Seit deren Tod wächst Bran bei einer Stieffamilie auf, die eine Pflanzengärtnerei betreibt. Brutalität und Ausbeutung hilflos ausgesetzt, haust sie in einem Schuppen und schuftet für Kost und Logis. Aber sie ist klug, schafft die Highschool – nur fehlt ihr eine Perspektive. (Verlagstext) Avalon erscheint am 16.5.23 im Rowohlt Verlag.

Das Thema Einsamkeit in der Großstadt interessiert mich brennend: Mit Mitte dreißig zieht Olivia Laing nach New York City, weil dort der Mann lebt, den sie liebt. Kaum ist sie angekommen, geht die Beziehung in die Brüche, und sie sitzt allein in ihrem kleinen Apartment – so einsam wie noch nie in ihrem Leben. Doch bald entdeckt sie, dass sie mit ihrer Einsamkeit nicht allein ist. Vielen Kunstschaffenden vor ihr ist es in dieser atemlosen Stadt genau so ergangen. (Verlagstext) Die einsame Stadt erscheint am 14.6.23 im BTB Verlag.

Zeitgenössische Autoren:

Noch einmal Michael Stavarič (bereits bei den Lyrikneuerscheinungen war er vertreten): Eine Liebeserklärung an Thomas Bernhard! Thom empfindet sich als Versager, von der Gesellschaft hält er nicht viel, von seinen Eltern noch weniger. Seine Lebensunfähigkeit schiebt er auf seine Sozialisation. Seine Sozialisation bezeichnet er als Verunmöglichung des Lebens. Thom ist hochintelligent, was auch die Umständlichkeit seines Denkens erklärt, er seziert sich und sein Sein, als wäre es die einzige Lebensaufgabe. (Verlagstext) Das Phantom erscheint am 26.4.23 im Luchterhand Verlag.

Ein 1000-seitiger neuer Irving! Ob ich es wieder einmal wage? „1941 in Aspen, Colorado. Die 18-jährige Rachel tritt bei den Skimeisterschaften an. Eine Medaille gibt es nicht, dafür ist sie schwanger, als sie in ihre Heimat New Hampshire zurückkehrt. Ihr Sohn Adam wächst in einer unkonventionellen Familie auf, die allen Fragen über die bewegte Vergangenheit ausweicht. Jahre später macht er sich deshalb auf die Suche nach Antworten in Aspen. Im Hotel Jerome, in dem er gezeugt wurde, trifft Adam auf einige Geister. Doch werden sie weder die ersten noch die letzten sein, die er sieht.“ (Verlagstext) „Der letzte Sessellift“ erscheint am 26.4.23 im Diogenes Verlag.

Andreas Maiers Ortsumgehung wird weitergeführt. Ich habe noch keinen Band versäumt: „Mit untrüglichem Gespür für alles Abgründige in der gelebten Normalität erzählt Andreas Maier von Deutschland zwischen Weltkrieg, Mauerfall und Jahrtausendwende; davon, wie es sich die Menschen gemütlich machen in vierzig Jahren Geschichte. Unbestechlich ist sein Blick auf eine Heimat, die seit jeher Fiktion ist.“ (Verlagstext) „Die Heimat“ erscheint am 13.3.23 im Suhrkamp Verlag.

Von Markus Orths mochte ich „Max“ sehr; über das Wirken Max Ernsts. Im neuen Roman geht es um die Autorin von „Frankenstein“: „Nach einer wahren Begebenheit: Die Stiefschwestern und Schriftstellerinnen Mary Shelley und Claire Clairmont lieben Percy. Und Percy liebt Mary & Claire. An seiner Seite entfliehen die Frauen der Londoner Enge. Sie wollen atmen, reisen, lesen, wollen verrückt sein, lieben und schreiben. Und sie nehmen den schillerndsten Popstar der Literatur Anfang des 19. Jahrhunderts in ihre Gemeinschaft auf: den jungen Lord Byron. Bei heftigen Gewittern treffen sie sich am Genfer See. Opiumberauscht schlägt Byron um Mitternacht ein Spiel vor: Wer von uns schreibt die schaurigste Geschichte?“ (Verlagstext) Mary & Claire erscheint am 20.2.23 im Hanser Verlag.

.Bereits auf dem Blog besprochene Bücher obiger Autoren:

Deutscher Buchpreis 2022 Longlist: Mein persönlicher Einblick

Ich verfolge den Deutschen Buchpreis nicht mehr so eifrig mit, wie das noch vor einigen Jahren der Fall war. Dazu hat sich der Buchmarkt zu sehr verändert. Mir sind viele Bücher inhaltlich zu plakativ und einseitig, sprachlich zu einfach. So habe ich meine ganz eigenen Lesewege gefunden, darunter ist auch viel Lyrik, die beim Deutschen Buchpreis ja nicht vorkommt.

Dennoch gibt es heute einen kurzen Beitrag, in dem ich die drei Bücher vorstelle, die ich bereits gelesen und auf dem Blog hier besprochen habe und und einige, die ich angelesen oder abgebrochen habe oder noch lesen möchte.


Bereits gelesen habe ich die drei obenstehenden. Leider hat mir davon nur Wilderer von Reinhard Kaiser-Mühlecker gefallen, dafür aber richtig gut. Er ist auch mein Favorit. Ich hoffe, er gelangt auf die Shortlist. Und eine weitere Chance hat er auch beim Bayerischen Buchpreis, hier ist er ebenso als einer von drei Romanen nominiert und, Nachtrag, auch noch für den Österreichischen Buchpreis. Ich bin großer Fan seiner Bücher. Sie sind so wunderbar un-zeitgeistig und nicht-mainstream, die Sprache eher altmodisch, dabei aber keineswegs altbacken.
Kristine Bilkaus Romane habe ich bisher sehr gemocht. Nebenan hat mich nicht ganz überzeugt.
Carl-Christian Elzes Gedichte liebe ich und freue mich schon auf den neuen Band, der im November erscheint. Leider ist mir der Roman Freudenberg etwas fremd geblieben. Hier freue ich mich aber dennoch sehr über die Nominierung, da das Buch im wunderbaren kleinen Verlag Edition Azur erschienen ist.
Mit Klick auf das Foto gehts zur ausführlichen Besprechung.

Von Eckhart Nickels Roman Spitzweg gefiel mir bereits die Leseprobe. Ich warte gerade auf das Hörbuch; ich lasse mir hier wieder einmal vorlesen. Ich bin gespannt, wie es weitergeht mit der Schulfreundschaft zweier unterschiedlicher Jugendlicher, von denen einer passionierter Kunstfreund ist, der dem anderen Kunst nahe bringt.
Esther Kinskys Rombo habe ich bereits kurz nach Erscheinen begonnen, aber wieder weggelegt, weil es offensichtlich nicht der richtige Zeitpunkt war. Ich lese ihre Romane und Gedichte an und für sich sehr gerne und bin von ihrer Sprache sehr beeindruckt. Sicher werde ich es bald noch einmal zur Hand nehmen. Rund um ein Erdbeben in Friaul in den 70er Jahren lässt Kinsky hier die Bewohner ihr Erleben schildern.
In Anna Kims neuen Roman Geschichte eines Kindes, den ich gerade lese, erzählt uns die Autorin von einer wahren Geschichte einer Adoption in den 50er Jahren in den USA. Da das Kind eine etwas dunklere Hautfarbe hat, beginnt man im Kinderheim zu recherchieren, welcher Ethnie das Kind zugehört. Ist es „indianisch“ oder gar „negrid“? Kim unterlegt ihre Geschichte mit chronologischen Auszügen aus den Berichten der zuständigen Sozialarbeiterin, die sich über mehrere Jahre hinziehen. Hier zeigt sich wirklich der ganze Schrecken des Systems, welches Menschen in ihre Hautfarben und ihre Herkunft unterteilt. Eine informative wie irritierende Lektüre.
Yael Inkais vorigen Roman mochte ich sehr. Ein simpler Eingriff klang für mich sehr vielversprechend: Ein neuer operativer Eingriff soll Menschen von ihrem psychischen Leiden befreien. Hauptfigur ist eine Krankenschwester, die die vor allem weiblichen Patienten betreut. Ich begann das Hörbuch mit der Lesung anzuhören, bin jedoch an irgendeinem Punkt, etwa nach einem Drittel steckengeblieben. Erklären kann ich es mir nicht ganz, vielleicht versuche ich es noch einmal mit dem Buch.

Alle anderen Titel ziehen mich bisher nicht genug an. Bleibt abzuwarten, wer es schließlich auf die Shortlist schafft, die in zwei Wochen veröffentlicht wird …